Marcolini oder Wie man Günstling wird

Autor*in
Schneider, Karla
ISBN
978-3-446-20905-3
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Seitenanzahl
415
Verlag
Hanser
Gattung
Ort
München
Jahr
2007
Lesealter
14-15 Jahre16-17 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Bücherei
Preis
17,90 €
Bewertung
empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Der 15-jährige Italiener Camillo Marcoline ist Silberpage am Sächsischen Hof in Dresden 1763. Die Lebensbedingungen am Schloss sind erbärmlich. Als Marcolini zum Kammerpagen des 13-jährigen Friedrich August aufsteigt, ist er zunächst gekränkt, da der Prinz als schwerfällig und tumb gilt. Zwischen den beiden Jungen entwickelt sich Achtung und Marcolini zeigt dem Prinzen wie schön das Leben sein kann. Gelingt es Marcolini die Intrigen der Mutter zu durchkreuzen?

Beurteilungstext

Carla Schneider gelingt es die Welt am Sächsischen Hof in Elbflorenz / Dresden dem Leser lebendig vor Augen zu führen. Anhand des jungen Protagonisten Marcolini werden die Intrigen und Machtkämpfe am Hofe gezeigt sowie ein Einblick in den Alltag am Schloss gegeben. Für heutige Jugendliche ist es unvorstellbar, wie die Arbeits- und Hygienebedingungen der damaligen Zeit waren. Der Autorin gelingen diese Schilderungen kongenial. Die Herrscher lebten in barocker, verschwenderischer Pracht, während die Bediensteten stundenlang bereitstehen mit gepuderten Perücken in Livree, ihr Essen ergaunern mussten, keine Privatheit in großen Schlafsälen hatten, obwohl sie aus einer adligen Familie stammten wie die Silberpagen. Deutlich wird auch, dass jemand mit 30 Jahren schon als alt galt. Für den jugendlichen Leser ist es nicht ganz leicht sich durch diese detailreichen Schilderungen in der Welt am Hofe zurechtzufinden, zumal die teilweise angestaubte Sprache dem Zeitduktus angepasst ist. (Die Worterklärungen am Ende geben Hilfestellung).
Treffend gelungen sind die Zeichnungen der verschiedenen Charaktere, die sich am intriganten Hof ihren Weg suchen und sich behaupten mussten um Karriere zu machen. Marcolini gelingt dies durch totale Anpassung und Unterwerfung, was ihn für eine Ernennung durch Prinzessin Maria Antonia zum Kammerpagen ihres älteren Sohnes Friedrich August zur Folge hat. Die Mutter beabsichtigt nämlich den Thronerben auszuschalten und nutzt Marcolini als Verbündeten. Sehr lebendig schildert die Autorin das unspektakuläre Leben auf Pillnitz und wie Marcolini behutsam den Prinzen aus seiner Verschrecktheit holt und dieser an körperlicher Sicherheit und Selbstbewusstsein gewinnt. Eine gewisse Vertrautheit und Zuneigung entsteht zwischen den beiden. Friedrich gelingt es dadurch aus seiner bisher unterwürfigen und starren Rolle auszubrechen.
Glänzend schildert die Autorin die Ränkespiele am Hofe sowie die Intrigen zur Machterhaltung, die Rolle der Kirche als auch das Schicksal der Adligen sowie das der Bediensteten und der einfachen Menschen.
Schön und befriedigend sind die positiven inneren und äußeren Entwicklungen der beiden Protagonisten Marcolini und Friedrich August, die sacht und leise vonstatten gehen. Die wunderbaren Schilderungen der historischen Kulissen Dresden und Pillnitz vervollkommnen die politische Erzählung vortrefflich.
Für Jugendliche ein nicht ganz leicht zu lesender aber sehr empfehlenswerter Roman, der ungeahnte Einblicke in die höfische Gesellschaft gibt.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von RPMK.
Veröffentlicht am 01.01.2010

Weitere Rezensionen zu Büchern von Schneider, Karla

Schneider, Karla

Die Häuser der Selma Khnopff

Weiterlesen
Schneider, Karla

Wenn ich das 7. Geißlein wär

Weiterlesen
Schneider, Karla

Die Geschwister Apraksin

Weiterlesen
Schneider, Karla

Marcolini oder Wie man Günstling wird

Weiterlesen
Schneider, Karla

Der Sommer als ich Filmstar war

Weiterlesen
Schneider, Karla

Die Geschwister Apraksin

Weiterlesen