Kopfüber in den Sommer

Autor*in
Cohn, Rachel
ISBN
978-3-570-40075-3
Übersetzer*in
Ott, Bernadette
Ori. Sprache
Englisch
Illustrator*in
Seitenanzahl
477
Verlag
Gattung
Ort
München
Jahr
2011
Lesealter
12-13 Jahre14-15 Jahre16-17 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Bücherei
Preis
8,99 €
Bewertung
empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Annabel Whoopie Schubert ist 12 Jahre alt - und sie ist genervt. Nicht nur, dass sich ihre Eltern haben scheiden lassen, muss sie auch noch in diesem Sommer zu ihrem Vater nach Sydney reisen, anstatt im viel cooleren New York zu bleiben. Das wäre alles auch halb so schlimm, wenn in Australien nicht die neue Patchwork-Familie warten würde, die sich schon riesig auf Annabel freut. Aber zum Glück wissen die ja nicht, dass Annabel nur unter einer Bedingung zurückfliegen wird: Ihr Vater kommt mit.

Beurteilungstext

Bereits im Umschlagtext teilt der Verlag (cbj) mit, was vor allem Leserinnen ab 12 Jahren in “Kopfüber in den Sommer” erwarten wird: “Herrliche Sommerlektüre von Erfolgsautorin Rachel Cohn”. Der Titel verbindet dabei in zwei Teilen (“Ein Sommer in Sydney” und “Ein Sommer in Los Angeles”) einen Roman sowie dessen Fortsetzung, die zwischen 2003 und 2006 im Original (“The Steps” und “Two Steps Forward”) bei Simon & Schuster, New York, unabhängig voneinander erschienen sind.

In “Ein Sommer in Sydney” lernen wir die Protagonistin Annabel Whoopie Schubert kennen; eine 12jährige Schülerin, antiautoritär erzogen. Hobbys: Shoppen, shoppen, shoppen. Annabels Eltern sind inzwischen geschieden, und während sie bei der Mutter in New York lebt, hat ihr Vater inzwischen in Sydney eine neue Familie gegründet.

Der Roman wird aus Annabels Sicht - mit allen subjektiven Unwägbarkeiten - geschildert, was auch dazu führt, dass die Zeichnung der anderen Figuren (Agieren, Mimiken, Gestiken, Motivationen) bei der Lektüre nur unscharf wahrgenommen werden kann, sodass nur sehr wenig über deren Innenschau in Erfahrung zu bringen ist. Annabel steht gern im Mittelpunkt der Erzählung - und lässt das ihre Leserinnen auch spüren.

Zur Handlung: Für Annabel ist es einfach nicht hinnehmbar, dass ihr Vater inzwischen am anderen Ende der Welt lebt und dort eine neue Familie gegründet hat. Und es ist auch nicht akzeptabel für sie, dass die neue Frau schon zwei Kinder in die Ehe mitbrachte, die nun - zumindest nach Annabels ureigener Auffassung - versuchen, ihr den Rang der “echten Tochter” streitig zu machen. Deshalb lehnt Annabel die “Patchies”, obwohl sie sie bis zu ihrer Australienreise nicht kennt, auch entschieden ab und verweigert den Kontakt.

Besonders auf den Geist geht ihr ihre etwa gleichaltrige Patchwork-Schwester Lucy, die sich nach Annabels Meinung stetig versucht, bei ihr anzubiedern, dabei aber - und das wird bei der weiteren Lektüre klar - nur versucht, einen angenehmen Aufenthalt zu bereiten. Nach ersten Missverständnissen und Meinungsverschiedenheiten bricht dann jedoch bald das Eis und beide Mädchen nähern sich an, wobei die Familiengeschichte (Kinder ringen um die Aufmerksamkeit der Eltern) zugunsten einer Freundschaftsgeschichte zurücktritt.

Es stellt sich heraus, dass anfangs auch Lucy nicht glücklich darüber war, dass ihre Mutter nach dem Tod des Vaters einen neuen Partner suchte. Und auch sie war nicht begeistert, als sich ihre Familie entschied von Melbourne - wo noch immer all ihre Freundinnen und auch ihre Großmutter leben - nach Sydney, wo sie beständig nur die Außenseiterin bleibt, umzusiedeln. Annabel, die noch immer wütend darüber ist, dass ihre Mutter sie einfach nach Australien schickte, beschließt deshalb einvernehmlich mit Lucy, dass es den Erwachsenen einmal ordentlich gezeigt werden müsse. Kurzerhand begeben sich die beiden Patchwork-Schwestern auf eine abenteuerliche Reise im Nachtzug nach Melbourne, wo sie nicht nur auf Lucys Großmutter treffen, sondern auch auf den 14jährigen Ben, der kurzeitig einmal Lucys Patchwork-Bruder aus einer früheren Beziehung ihrer Mutter war, und in den sich Annabel auf Anhieb verliebt.

Der Rest ist schnell zusammengefasst: Bevor die Freundschaftsgeschichte so richtig in eine Liebesgeschichte kippen kann, befinden sich Annabel und Lucy bereits auf dem Rückflug nach Sydney, wo sie nicht nur von Lucys besorgten Eltern in Empfang genommen werden, sondern von der ganzen Familie. Annabels Mutter ist zwischenzeitlich nach Sydney gekommen, um ihrer Tochter mitzuteilen, dass auch sie einen neuen Mann kennen gelernt hat und Annabel bald ein kleines Schwesterchen bekommen würde. Vor diesen ganzen Neuigkeiten löst sich die nächtliche Flucht in Wohlgefallen auf und alle sind zufrieden.

“Ein Sommer in Sydney” endet damit einwenig süßlich konstruiert und würdigt auch nur gering die unterschiedlichen Problematiken, die er streift (Scheidungskonflikt, Patchworking, Tod eines Elternteils, jugendlicher Eskapismus, erste Liebe). Das ist zwar etwas schade, lässt sich aber mit Blick auf die Leichtfüßigkeit der erklärten Sommerlektüre entschuldigen. Die Handlung ist gut erzählt und lässt sich flüssig ohne weiteres konsumieren. Mehr will der Titel vielleicht auch nicht erreichen und erreicht er dann auch nicht.

Ähnlich leichtfüßig verhält es sich mit der im Band ebenenfalls enthaltenen unmittelbaren Fortsetzung “Ein Sommer in Los Angeles”. Inzwischen sind etwa zwei Jahre vergangen und die diversen Patchwork-Familien sind sich - auch kontinental - näher gekommen. Die Sydneyer leben jetzt in der Nähe von Los Angeles, wohin sie Annabel und ihre Mutter für einen Sommerurlaub einladen, denn zwischen dieser und ihrem neuen Ehemann bahnt sich gerade eine Krise an, sodass allen der räumliche Abstand etwas Erholung bieten soll.

Auch in “Ein Sommer in Los Angeles” setzt Rachel Cohn auf die Ich-Perspektive, lässt nunmehr aber nicht nur Annabel zu Wort kommen, sondern gibt auch Lucy, Wheaties (dem Sohn von Annabels neuem Stiefvater) und Ben Gelegenheit, uns Einblicke in die Handlung zu verschaffen. Thematisch hat sich dabei allerdings wenig geändert. Zwar steht das - auch wenn alle im Roman auftretenden Familien Patchwork-Familien sind - Patchworking mit seinen grundsätzlichen Spannungen nicht mehr so stark im Vordergrund wie im ersten Teil, doch spielen auch hier wieder Scheidungsaspekte, Fluchtversuche und erste Liebe eine Rolle.

Cohn gelingt es dennoch, ihr Publikum einzufangen und durch die unregelmäßig alternierende Berichtsweise der Protagonisten (Annabel, Lucy, Wheaties, Ben) die Erzählung so zu entwickeln, dass der Spannungsbogen wahrnehmbar gehalten wird. Auf diese Weise bietet Cohn auch bis zum glücklichen Ende der zweiten Sommerreise einige Unterhaltung, die uns zwar Annabel und ihre Patchwork-Umgebung nicht wirklich näher bringt, zumindest aber keine erzählerischen Inkonsequenzen aufwirft. Am Ende schlägt man den Titel zu und ist zufrieden. Annabels Mutter lässt sich vorerst nicht scheiden. Die Freundschaft von Lucy und Annabel dauert fort - ebenso wie Annabels Fernbeziehung mit dem “Aussi” Ben. Was will man mehr am Strand, außer vielleicht auf eine weitere Fortsetzung zu warten.

Empfehlung: “Kopfüber in den Sommer” ist leichte Lektüre für den Strandkorb, dabei aber keineswegs flach. Für Leserinnen zwischen 12 und 15 Jahren ist sie bestens als Unterhaltungstipp geeignet und dürfte in Kürze auch verschlungen sein. Für alle, die nach einem wirklichen Patchwork-Familien-Roman suchen, sei jedoch eher Bettina Obrechts “Mama, Papa und die Neuen” (ebenfalls cbj 2010) empfohlen, der die innerfamiliären Probleme und Konflikte deutlich schärfer herausarbeitet und wesentlich einfühlsamer, weil konzentrierter beschreibt.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von HSM.
Veröffentlicht am 01.01.2010

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