KILL

Autor*in
Wahl, Mats
ISBN
978-3-446-20608-3
Übersetzer*in
Kutsch, Angelika
Ori. Sprache
Schwedisch
Illustrator*in
Seitenanzahl
263
Verlag
Hanser
Gattung
Krimi
Ort
München
Jahr
2005
Lesealter
14-15 Jahre16-17 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Klassenlektüre
Preis
16,90 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Teaser

Kommissar Fors wird überfallen, seine Dienstwaffe gestohlen. Am darauf folgenden Tag fallen Schüsse in einer Schule der Stadt, drei Kinder werden getötet, andere verletzt - war die Tatwaffe seine Dienstwaffe? Fors macht sich schwere Vorwürfe und versucht mit seinen Kollegen den scheinbar undurchschaubaren Fall zu rekonstruieren.

Beurteilungstext

Kommissar Fors ist dem einen oder anderen Leser sicher keine ganz unbekannt Figur. Bereits in “Der Unsichtbare” und “Kaltes Schweigen” ließ der schwedische Autor Mats Wahl Kommissar Fors spannende Mordfälle lösen. Zudem wurde Wahl bei uns sowohl mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis als auch dem Gustav-Heinemann-Friedenspreis ausgezeichnet. Romane für Kinder und Jugendliche, Theaterstücke, Drehbücher und pädagogische Fachbücher - alles zusammen umfasst das Werk des fleißigen und erfolgreichen Schwedens mehr als 40 Bücher.
Und seine Krimis sind nicht nur etwas für Jugendliche.
Mats Wahl erzählt von einem grausamen Verbrechen, welches auch in der Realität leider schon mehr als einmal die Gesellschaft erschütterte. In einer Schule wird im Speisesaal während der Essensausgabe geschossen. Zwei kleine Mädchen sterben, ein Junge ebenfalls. Doch wer tut so etwas? Am Rande der Ermittlungen thematisiert Wahl die gesellschaftlichen Defizite, die eine solche Tat vielleicht erst möglich gemacht haben. Dabei lässt er kaum einen Bereich unerwähnt. Da sind die Eltern, die durch ihre Erziehung - oder auch unterlassene Aufsicht - die Kinder scheinbar unbemerkt in eine Frustration treiben, welche sie zu rücksichtslosen Menschen gegenüber Schwächeren werden lässt. Oder die Lehrer, welche die Augen verschließen vor den Grausamkeiten zwischen den Schülern, den daraus erwachsenden Gefahren, denen die Schwachen ausgeliefert sind. Verantwortlich ist auch die Regierung mit ihren finanziellen Kürzungen, welche nicht nur die alltägliche Polizei- und Jugendarbeit erschwert, sondern auch Aufklärung in den Schulen unmöglich macht. Die unüberlegte, dumme Äußerung eines Polizeikommissars, es sei wohl ein "Neger" gewesen, zumindest habe die Aussage eines der angeschossenen Kinder so geklungen. Dieser weit verbreitete, still akzeptierte, latente Rassismus löst eine Flut von ausländerfeindlichen Reaktionen in der Gemeinde aus: Flugblätter werden verteil, die Wohnung einer somalischen Familie gar in Brand gesteckt. Und die Politiker? Sie wollen die Medienwirksamkeit, die Trauer der Familien schamlos ausnutzen, um eine Kampagne gegen Gewalt unter Jugendlichen in Gang zusetzen. Eine gute Gelegenheit, man denke nur an die bevorstehende nächste Wahl!
Ohnmacht, Trauer, Fassungslosigkeit auf der einen, Sensationslust, Ausländerfeindlichkeit, politisches Kalkül auf der anderen Seite. In der Figur einer Pastorin erinnert Mats Wahl immer wieder an die in Vergessenheit geratende individuelle, zutiefst tragische Seite, die reale Trauer der betroffenen Familien, weit ab von Medienrummel und politischen Zielen.
Und der Täter? Nicht der böse, unkontrollierte Junge, der seine Mitschüler schikaniert wo er nur kann hat eine letzte Grenze überschritten. Es ist der Stille, der Schwache. Es ist der, der sich so sehr nach Schutz und Hilfe gesehnt hat, der bis zum Zerreißen gelitten hat und nun in seiner Verzweiflung nicht mehr er selbst ist. Zuviel ist in ihm zerbrochen, seine Kraft aufgebraucht. Wahl zeigt einen Täter, der selbst Opfer der immer rücksichtsloser, immer egozentrischer werdenden Gesellschaft ist. Die Individualisierung frisst ihre Individuen. Und sie verschlingt als erstes die Schwächsten.
Mats Wahl schreibt nicht nur einen Krimi für Jugendliche. Unter der spannend erzählten Geschichte versteckt sich eine Kritik an gesellschaftlichen Entwicklungen, die nicht nur für Jugendliche relevant ist, sondern auch für uns Erwachsene immer mehr zu einem Problem wird.

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Diese Rezension wurde verfasst von ar.
Veröffentlicht am 01.01.2010

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