Kaiserschmarrn: Mein grandioser Sommer mit Ziege

Autor*in
Leitl, Leonora
ISBN
978-3-948743-08-6
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Seitenanzahl
206
Verlag
Kunstanstifter
Gattung
Buch (gebunden)Erzählung/Roman
Ort
Mannheim
Jahr
2022
Lesealter
6-7 Jahre8-9 Jahre10-11 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
BüchereiKlassenlektüreVorlesen
Preis
22,00 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Familienleben im Wald, Umgang mit der Natur, Freundschaft, Konflikte mit den Eltern – und dann taucht plötzlich noch eine sprechende Ziege auf, die meint, ein Kaiser zu sein (so ein Kaiserschmarrn!). Die österreichische Autorin legt einen Kinderroman der besonderen Art vor, in dem sie gekonnt tradierte kinderliterarische Motive verknüpft, die Grenzen zwischen Phantasie und gesellschaftskritischer Wirklichkeit verwischt, intertextuelle Spuren zu mittelalterlichen Minneliedern legt und das Ganze mit bezaubernden, ausdrucksstarken und farbenprächtigen Illustrationen unterlegt. So genial wie der untertitelgebende Sommer mit Ziege!

Beurteilungstext

Ich-Erzähler Arthur ist mit seiner Familie vor kurzem in den Wald gezogen. Sein Vater, ein gefragter Architekt, wollte unbedingt auf dem Land wohnen und dort unter anderem ökologisch wertvolle Baumhäuser bauen (für die der Wald dann weichen muss). Auf einem seiner Streifzüge lernt Arthur Fanny und ihren kleinen Bruder Freddy kennen, die auf der anderen Seite des Waldes wohnen. Fannys Familie bildet den Kontrast zu jener von Arthur, denn ihr Vater ist ein echter „Waldmensch“ und sie leben nach ökologischen Prinzipien, tatsächlich nah an der Natur. Bevor es zum Konflikt der Väter um die Erhaltung der Bäume kommt, tritt plötzlich der „Ziegenkaiser“ in das Leben der Kinder: Es kommt eine Ziege daher, die unvermittelt anfängt zu sprechen, nachdem sie ein „Sackerl mit blauen Blumen“ (S. 43) gefressen hat und sich als Kaiser namens Cäsar Napoleon Alexander der Größere vorstellt. Nach den ersten Momenten des Staunens beschließen die Kinder, den sprechenden Ziegenkaiser in der Bauhütte von Arthurs Eltern unterzubringen. Dort lässt er sich das Leben gefallen und entpuppt sich sowohl als Fan von erlesenem „gemüsigem“ (S. 63) Essen als auch von den mittelalterlichen Minnesang-Texten, die Arthur dem phantastischen Freund vorliest. Seine Deutschlehrerin zitierend („‘Lesen bildet den Charakter und erweitert Euren Wortschatz!‘ klärte ich den Kaiser mit Frau Ernis Worten auf.“, S. 66) liest er ihm das Lied, das Hildebrand von Lichtenhag für seine Angebetete Ingiborg ca. 1232 schrieb, vor und nimmt mit ihm eine literaturhistorische Diskussion auf. Nach diesem intertextuell konnotierten Abstecher in die mediävistische Literaturgeschichte, geht es zurück in die knallharte Gegenwart, in der ein zorniger Väterstreit um die Bäume ausbricht: Architektenvater gegen Waldmensch. Wie gut, dass es in den Familien auch noch die Mütter gibt, die schlichtend und mit der Organisation eines Festes eingreifen. Das Abenteuer verläuft nicht ohne Blessuren: Arthur bricht sich ein Bein, aber das ermöglicht ihm schließlich das Buch zu schreiben, das die Leser*in in den Händen hält.
Was für ein kinderliterarisches Feuerwerk! Trotz der Themenfülle ist dieses phantastische Sommerabenteuer an keiner Stelle überfrachtet – erwähnt habe ich bis hierhin noch gar nicht Arthurs Bruder Ossi, einen pubertierenden Musiker, der seinem Bruder zunächst fern und dann im Zuge der Waldrettung plötzlich ganz nah ist. Auf höchst unterhaltsame Weise sensibilisiert Leonora Leitl ihre kindlichen Leser*innen für den Umgang mit der Natur, kontrastiert geschickt verschiedenen Raumsemantiken (Wald und Waldrand, Haus und Bauwagen, Stadt und Land) und deren unterschiedliche Bewohner*innen. Fulminant balanciert sie auf der Grenze zwischen Realistik und Phantastik und verliert dabei nie das Gleichgewicht. Allein der sprechende Ziegenkaiser zählt zu den phantastischen Elementen, sein Auftreten ist von Wortwitz und Intertextualität getragen. Und die starken Illustrationen, welche Leonora Leitl selbst vorgenommen hat, fangen die Atmosphäre der Handlung wunderbar ein und erleichtern den Zugang zu diesem vielschichtigen Text auch jüngeren Kindern.
Somit avanciert das Kinderbuch zur idealen (Vor)leselektüre für den Sommer, sowohl in der Grundschule als auch daheim.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von Kirsten Kumschlies; Landesstelle: Rheinland-Pfalz.
Veröffentlicht am 26.06.2022

Weitere Rezensionen zu Büchern von Leitl, Leonora

Leitl, Leonora

Einkaufen macht Spass!

Weiterlesen
Leitl, Leonora

Held Hermann. Als ich Hitler im Garten vergrub.

Weiterlesen
Leitl, Leonora

Einkaufen macht Spass!

Weiterlesen
Leitl, Leonora

Einmal wirst du

Weiterlesen
Leitl, Leonora

Monsteraffen gibt es nicht

Weiterlesen
Leitl, Leonora

Monsteraffen gibt es nicht!

Weiterlesen