Haifischzähne

Autor*in
Woltz, Anna
ISBN
978-3-551-55515-1
Übersetzer*in
Kluitmann, Andrea
Ori. Sprache
Holländisch/Niederlä
Illustrator*in
Seitenanzahl
96
Verlag
Carlsen
Gattung
Buch (gebunden)Erzählung/Roman
Ort
Hamburg
Jahr
2020
Lesealter
10-11 Jahre12-13 Jahre14-15 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
10,00 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Teaser

Die elfjährige Atlanta will mit dem Fahrrad das Ijsselmeer umrunden - 360 km an einem einzigen Tag. Sie hat alles genau geplant, nur nicht die Begegnung mit Finley, die sich nach anfänglichen Schwierigkeiten als wahrer Glücksfall erweist.

Beurteilungstext

Atlanta will etwas tun. Sie will nicht mehr warten, denn sie warten schon viel zu lange. Sie - das sind ihr Vater, ihre Mutter und sie selbst, die bis vor sieben Monaten eine fröhliche, unbeschwerte Familie waren. Worauf sie warten und was damals geschehen ist, verrät uns die mehrfach ausgezeichnete Autorin allerdings erst später.
Zunächst einmal macht sich Atlanta auf den Weg. Bereits bei Kilometer 4,9 - nach dem ersten Absatz - knallt sie mit voller Wucht in einen Jungen, der direkt vor ihr fährt. Sie stürzt und beschimpft den Jungen, aber zum Streiten hat Atlanta keine Zeit. Rasch sammelt sie ihre Siebensachen wieder ein: den dicken Pulli, ihre Regenjacke, zwölf Brote, vier Bananen, die Weihnachtsbeleuchtung (die sie dabeihat, damit sie im Dunkeln gesehen wird und selbst sehen kann), Müsliriegel und das Reparaturset. Und schon geht es weiter!
Atlanta hat alles genau berechnet: „Alle zwei Stunden darf ich zehn Minuten anhalten. Nicht länger. Sonst schaffe ich es nicht”, denn morgen Mittag um zwei Uhr will sie wieder zu Hause sein. Ihren Eltern hat sie erzählt, sie übernachtet bei ihrer Freundin, in der Schule hat sie sich entschuldigt, sogar ihre Zahnspange hat sie eingesteckt - die will sie in der Nacht beim Radfahren tragen.
Das oder besser gesagt der Einzige, mit dem sie nicht gerechnet hat, ist Finley. Zunächst will sie nicht, dass er sie begleitet, denn „[w]as ich heute tun muss, das geht nicht zu zweit. Vielleicht kann ich es nicht einmal allein.” Also schüttelt sie ihn erst einmal ab. Aber als sie einige Kilometer weiter durch einen menschenleeren Wald radelt, ist sie heilfroh, ihn wiederzusehen. „Wie blöd kann man sein? Ganz allein so eine verrückte Tour zu machen, ohne dass jemand weiß, wo ich bin. Ich hatte mir Radwege voller Touristen vorgestellt. Aber hier ist niemand.” Niemand bis auf Finley. Wie Atlanta ist er auf der Flucht. Seine Mutter hat ihm im Streit an den Kopf geworfen, es wäre besser, sie hätte mit seinem Vater nie ein Kind bekommen. Deshalb ist er davongestürmt, ohne warme Kleidung und ohne Essen. Nur die Haifischzähne, die Glücksbringer seiner Mutter, die sie morgen für ihre Fahrprüfung braucht, hat er aus Rache eingesteckt. Allerdings hat Finley auch großen Mist gebaut.
Davon und von vielen anderen Dingen erfahren die Lesenden, während Finley und Atlanta weiterstrampeln. Mal mit Rücken-, mal mit Gegenwind. Die Annäherung zwischen den beiden Kindern beschreibt Anna Woltz mit viel Sprachwitz und voller Herzenswärme und Einfühlungsvermögen.
Je mehr Kilometer die beiden zurücklegen, desto erschöpfter werden sie. Wind und Regen, Hunger und Müdigkeit fordern schließlich ihren Tribut. Lange will vor allem Atlanta nichts von einer Pause wissen, doch bei Kilometer 92,4 entdecken Finley und sie eine Vogelschutzhütte, die ihre Zuflucht für die Nacht wird.
Der große Schreck wartet am nächsten Morgen. Als Atlanta aufwacht, ist der Platz neben ihr leer. Und das fühlt sich an, „als würde mir jemand in den Bauch boxen. Seit Mama krank ist, habe ich hiervor am meisten Angst. Im Stich gelassen zu werden. Allein zurückzubleiben.” Jetzt ist es endlich heraus! Atlanta hat Angst davor, dass die Untersuchung im Krankenhaus mittags um zwei Uhr lauten könnte, der Krebs ihrer Mutter wäre zurück.
Wie meisterhaft Anna Woltz ihr Handwerk versteht, zeigt die wunderschöne Prolepse, die sie an dieser Stelle verwendet: „Und dann schwenkt die Tür der Hütte auf und ein Weihnachtsbaum steht im Eingang. [...] Finley ist ganz außer Atem und von Kopf bis Fuß in rote, grüne und gelbe Lämpchen gewickelt.” Ja, das ist tatsächlich wie Weihnachten! Sogar Geschenke gibt es, denn die Haifischzähne wechseln einige Stunden später den Besitz. Und natürlich geht am Ende alles gut aus.
Dieses nicht einmal 90 Seiten starke Buch ist ein literarisches Kleinod, das zum Selberlesen ebenso geeignet ist wie zum Vorlesen oder als gemeinsame Klassenlektüre.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von hub; Landesstelle: Hamburg.
Veröffentlicht am 15.06.2021

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