Ein Volk, ein Reich, ein Trümmerhaufen

Autor*in
Tuckermann, Anja
ISBN
978-3-401-06823-7
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Seitenanzahl
174
Verlag
Arena
Gattung
Ort
Würzburg
Jahr
2013
Lesealter
12-13 Jahre14-15 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Bücherei
Preis
10,99 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Lesebuch zum Alltag, Widerstand und zur Verfolgung Jugendlicher im Nationalsozialismus, beginnend mit der Vorgeschichte im 1. Weltkrieg und dem Aufstieg und der Eroberung der Macht durch die NSDAP und Hitler. Der Schwerpunkt liegt in allen berichteten Zeitabschnitten bis zum Ende des 2. Weltkrieges auf dem Widerstand vieler mutiger junger Menschen, die diesen oftmals mit dem Leben bezahlen mussten.

Beurteilungstext

Anja Tuckermann verdient mit diesem engagierten und gelungenen Lesebuch zu Alltag und Widerstand Jugendlicher in der Nazizeit ein besonderes Lob. Es gelingt ihr auf besonders sensible Weise, Persönliches mit Politischem so zu verknüpfen, dass in der (notwendig verkürzten) Darstellung der historischen Ereignisse von Beginn des 19. Jahrhunderts/1. Weltkrieg bis zur Befreiung Deutschlands vom Faschismus die Menschen lebendig werden. Selbst Erlebtes, Erfahrenes und Erzähltes scheinen der Geschichte sozusagen ""eingeschrieben"".
Erzählt und berichtet wird von den Jugendlichen, die ins System der Hitlerjugend integriert waren, aber vor allem und hauptsächlich von denen, die rassistischer und oder politischer Verfolgung ausgesetzt waren und denen, die sich dagegen wehrten. Bemerkenswert ist, dass Tuckermann der Verfolgung der Sinti und Roma neben dem Völkermord an den Juden einen würdigenden Platz einräumt, was bei den bis heute andauernden antiziganistischen Haltungen (gegen ""Zigeuner"") in weiten Teilen der Bevölkerung wichtig und aktuell ist. Auch die biografische und subjektive Darstellung (in Briefen/Tagebüchern) der mutigen Aktionen der unangepassten Jugendlichen im Umfeld der ""Edelweißpiraten"" im Ruhrgebiet verdient besondere Aufmerksamkeit.
Das gut strukturierte erzählende Sachbuch bietet mit dem ""griffigen"", klaren und zugleich durch Fotos abwechslungsreichen Layout vielfältige Möglichkeiten auf den historischen Stoff zuzugreifen: Natürlich kann eine Leserin vertraute lineare Wege durch den Text gehen, sie könnte aber auch einzelne Kapital oder sogar nur eines der vielen kurzen Unterkapitel lesen. Letztere widmen sich meist Widerstandsgruppen, wie z.B. der weithin unbekannten Gruppe ""Onkel Emil"" oder einzelnen mutigen Helden wie Ad Hoogendorn, der als Jugendlicher Widerstandskämpfer im besetzten Holland gefangen wird. Er überlebt die Gestapo-Haft und taucht noch in den letzten Kriegstagen in Gießen unter, wo er am 21. April die Befreiung durch die Amerikaner erlebt.
Gelungen sind auch die grau unterlegten, an den Seitenrändern vertikal angebrachten Hinweise, bei denen es sich immer um Menschen geht, die in dieser Textstelle selbst berichten/erzählen oder um Quellen, in denen sie vorkommen. Beispielsweise: ""Die Edelweißpiraten/Gertrud Koch"" oder ""Henry Skrzypinski"" - der polnische Jugendliche, der wie so viele andere zur Zwangsarbeit nach Deutschland verschleppt wird.
Gut gefällt mir auch die übersichtliche, fokussierte Zeitleiste, das Nachwort der Autorin, in dem sie deutlich macht, wovon sie nicht erzählen konnte (von der Nachkriegszeit, in der die allermeisten Täter sich längst wieder in Amt und Würden in der BRD befanden, ohne je bestraft zu werden), das Quellenverzeichnis, das viele, auch für die kundige LeserIn unbekannte Hinweise enthält (wie z.B. auf Jo Mihalys Kriegstagebuch eines Mädchens über den 1. Weltkrieg). Einzig das Glossar erscheint mir wenig hilfreich. Das ist aber angesichts sprachlichen und inhaltlichen Klarheit des gesamten Buches und insbesondere des Autorentextes eine völlig zu vernachlässigende Größe.
Alles in allem ein Basisbuch für interessierte und neugierige Jugendliche, das unbedingt in jeder Schul- und/oder Klassenbibliothek stehen sollte.
Ähnlich wie das hervorragende Buch ""Erzählt es euren Kindern!"" über den Holocaust, das in Schweden zur verbindlichen Schullektüre gehört.

Abschließend möchte ich aus der Rezension einer 13-jährigen Jugendlichen der buecherkinderd.de zitieren: ""… Das Buch fesselt sehr, da die Jugendlichen dieser Zeit zu Wort kommen. Man kann sich gut in die Protagonisten hineinversetzen und man kommt ins Grübeln, wie es denn für einen selbst gewesen wäre, während des Krieges aufzuwachsen…Und vielleicht versteht man das ein oder andere besser durch dieses Buch anstatt durch den Geschichtsunterricht.""

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von ASR.
Veröffentlicht am 01.01.2010

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