Vier Ochsen - Ein Märchen aus Eritrea

Autor*in
Tuckermann, Anja
ISBN
978-3-922825-93-7
Übersetzer*in
Tuckermann, Anja
Ori. Sprache
Tigrinisch
Illustrator*in
Seitenanzahl
24
Verlag
Edition Orient
Gattung
BilderbuchBuch (gebunden)Sachliteratur
Ort
Berlin
Jahr
2020
Lesealter
8-9 Jahre10-11 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Bücherei
Preis
17,90 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Teaser

Eine bildgewaltige Fabel über die, zuweilen überlebenswichtige, Bedeutung von Solidarität und die fatalen Folgen, wenn falsche Freunde geschickt Zwietracht säen.

Beurteilungstext

Darf, kann, soll man kleinen Lesenden ein Bilderbuch zumuten, das schon auf den ersten Blick Anlass liefert für die unterschiedlichsten Überlegungen und Spekulationen? Nimmt man den vorliegenden Titel, kann die Antwort nur lauten: Unbedingt!
Denn schon gleich nach dem Vorsatz in strahlendem Orange (das am linken Rand des Titels, wo es an einen Sonnenaufgang erinnert, geschickt aufgenommen wird, bevor der Farbverlauf rechts oben in eine schwarzblaue Nachtstimmung mündet) wird man mitten hineinkatapultiert in das faszinierende Märchen.
Nein, es sind keine Ohrenkäfer, die sich hier im Gänsemarsch durch einen grünen Wald bewegen, sondern Ochsen. Von oben betrachtet. Zu viert stapfen sie über rote Erde, die direkt signalisiert, wo man sich befindet. Nämlich in Afrika. Die Tiere sind fernab jeder Zivilisation und es wird dunkel. Dass das gefährlich sein könnte, leuchtet auch europäischen Kindern ein. Dass diese Gefahr in Form von Hyänen daherkommt, die auf der Suche nach Beute sind, bietet einen guten Gesprächsanlass. Wie auch die Anordnung, mit der die drei schwarzen und der weiße Ochse sich im Schlaf schützen: Kopf mit den spitzen Hörnern nach außen, Körper eng aneinandergedrückt. Wie eine uneinnehmbare Wagenburg bilden sie einen Ring, an dem die Raubtiere scheitern. Zunächst.
Was dann passiert, entspricht dem typischen Setting einer Fabel. Als Helfer der Hyänen bringt der Schakal mit einer List die Gefährten erst gegeneinander auf und dann dazu, sich zu trennen. Einem wird der Schutz der Gemeinschaft entzogen, man überlässt ihn seinem Schicksal. Doch das ist noch nicht das Ende...

Ja, hier geht es ums Fressen und Gefressen werden. Aber vor allem um Solidarität, auch und besonders im Moment großer Not. Und um die Einflüsterungen falscher Freunde, vor denen man sich hüten sollte.
Ein ungemein faszinierendes Buch, unter anderem, weil der Text zweisprachig ist: Tigrinisch und deutsch. Für Kinder, die noch nicht lesen können, spielt das keine Rolle; für Erwachsene macht es (sofern sie der Sprache nicht mächtig sind) genau diese Situation erlebbar: Buchstaben als solche zu erkennen, ihnen aber keine Bedeutung zuweisen zu können.
Dafür sprechen die Farben der Illustrationen von Yegizaw »Yeggy« Michael eine umso deutlichere Sprache: Rottöne, dort, wo die Hyänen ins Spiel kommen, blauer Hintergrund, wo es um den ausgestoßenen Ochsen geht, dunkle Erdfarben, wenn das Unvermeidliche geschieht.
Der im Anhang geschilderte Entstehungsprozess von „Vier Ochsen“ klingt ebenso märchenhaft wie der Inhalt: Autor Mahari, 2013 nach Deutschland gekommen, zieht in die WG von Anja Tuckermann und als Gemeinschaftsprojekt machen sie das Märchen aus seiner eritreischen Heimat, erst mündlich erzählt, in zwei Sprachen verfügbar.
Eine tolle Chance, sich einer anderen Kultur zu nähern, über Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu sprechen und sich mit viel Glück vielleicht sogar das Ganze im tigrinischen Original vorlesen zu lassen.
Vor allem für Gruppen sehr empfehlenswert.
Michaela Pelz

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Diese Rezension wurde verfasst von MiPe; Landesstelle: Bayern.
Veröffentlicht am 15.06.2021

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