Eichhörnchenzeit

Autor*in
Minne, Brigitte
ISBN
978-3-551-37443-1
Übersetzer*in
Meijer, Marja
Ori. Sprache
Niederländisch
Illustrator*in
Kluitmann, Andrea
Seitenanzahl
117
Verlag
Carlsen
Gattung
Ort
Hamburg
Jahr
2007
Lesealter
10-11 Jahre12-13 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
5,95 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

"Sie ist ein Eichhörnchen, ein Zirkusaffe, ein Hase, eine Schlange und ein Schmusebär zugleich. An einem Tag zaubert sie ein Märchen für uns. Am anderen Tag braut sie eine Suppe, aus der Wolken aus Elend aufsteigen." So erklärt sich Amber das Verhalten der Mutter, die mal apathisch, mal euphorisch, mal gereizt erscheint. Erst als es fast zu spät ist, lernt sie, dass auch die Mutter keine Schuld hat ...

Beurteilungstext

Eichhörnchenzeit - das ist der Normalzustand zu Hause für Amber geworden. Die Tage, an denen die Mutter immer nur schlafen und ihre Ruhe haben will, wie ein Eichhörnchen im Winterschlaf.
Amber ist ein starkes Mädchen. Längst hat sie gelernt das zu ertragen, was sie für die Launen der Mutter hält; aber nebenher muss sie immer mehr Verantwortung übernehmen: Verantwortung für die Wohnung und den Haushalt, für das Essen und die Schule, für den kleinen Bruder im Kindergarten. Alles hält sie aus, wenn nur die Mutter nicht immer neue Schule kaufen und bitterlich weinen würde, wenn es Streit mit dem Vater gibt; dass ist es, "als würde ihre Traurigkeit durch ein unsichtbares Röhrchen" in Ambers Körper tropfen. Traurigkeit, Schuldgefühle und Gefühle der Hilfs- und Hoffnungslosigkeit wachsen in Amber an.
Doch an dem Tag passiert etwas Schreckliches. Als sie sich zum Spiel umkleidet, schlägt ihr Fußballgegner zu und weiß sie mit Worten zu verletzen: "Du bist doch die Tochter von dieser Dorfidiotin? Von der Frau, die diese Woche halbnackt auf die Straße gerannt ist?" Und seine Worte dröhnen wie ein Hammerschlag in Ambers Kopf. Aber es kommt noch schlimmer. Als sie das Spielfeld betritt, steht da am Rand die Mutter. "Sie hat ein rosafarbenes Klein an und ihre neuen Schuhe mit den Glitzerpailletten. Ihre Haare sind mit einem Schal mit Goldfäden zu einem gigantischen Knoten zusammengebunden, und ich glaube, dass sie sich mindestens eine Kilo Schminke ins Gesicht geschmiert hat."
Es gibt kein Entkommen. Amber flieht, denn das starke tapfere Mädchen gibt es nicht mehr. Und als die Mutter, "Miss Piggy", wie die Kinder höhnen, heimkommt, bricht die Anspannung, die Angst, der Frust, der Zorn aus Amber hervor. Sie schreit und klagt die Mutter an und läuft fort und denkt an den Tod.
Zu Hause wartet der Doktor, ein neuer junger Arzt, der sich fortan um die Mutter kümmern wird. Und er versteht Ambers Wut. Trotzdem weiß er ihr Wichtiges zu erklären: "Manche Leute haben es am Magen. Sie kotzen den ganzen Tag. Andere haben was an der Lunge. Sie husten wie der Teufel. Deine Mutter ist krank im Kopf. Die Ärzte nennen das psychisch krank. Dann tut sie Dinge, die sie eigentlich gar nicht tun will ... Niemand hat Schuld daran, dass sie so ist: du nicht, dein Bruder nicht, dein Vater, deine Oma oder dein Opa nicht. Aber: Es ist auch nicht ihre Schuld."
Und das Leben beginnt sich langsam, ganz langsam zu wandeln. "Es ist, als wären die Tiere in ihrem Kopf ein wenig sanftmütiger geworden. Die Schlange ist nicht mehr so giftig."
Ein Buch, das Mut macht, nicht nur duldend auszuhalten, sondern auch sich den Realitäten zu stellen, Gegebenheiten zu akzeptieren, aber dennoch anzugehen gegen das, was einen nach unten zu ziehen droht.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von avn.
Veröffentlicht am 01.01.2010

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