Die Ebbe

Autor*in
Stevenson, Robert Louis
ISBN
978-3-7175-2244-7
Übersetzer*in
Modick, Klaus
Ori. Sprache
Englisch
Illustrator*in
Seitenanzahl
320
Verlag
Manesse
Gattung
Buch (gebunden)Erzählung/Roman
Ort
München
Jahr
2012
Lesealter
14-15 Jahre16-17 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Bücherei
Preis
19,99 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Teaser

Wir schreiben das Jahr 1892. Drei zerrüttete und zerlumpte Abenteurer der westlichen Welt, leben als heruntergekommene Landstreicher in Papeete, der Hauptstadt Tahitis. Als Davis, vormals Kapitän einer amerikanischen Reederei, ein pockenverseuchtes Schiff nach Sydney bringen soll, endet ihre Lethargie: ein gewinnbringendes Abenteuer lockt. Der Laderaum des Schiffs ist voller Champagner und die drei Männer wittern ihre Chance...

Beurteilungstext

Mit seinen packenden Beschreibungen der idyllischen Inselwelt im Südpazifik, die im lebendigen Kontrast zu den moralisch verwerflichen Figuren des Romans stehen, entfaltet Stevenson auch in seinem Spätwerk seine ungebrochene erzählerische Kraft. In „Die Ebbe“, wie sein 1894, dem Jahr seines vorzeitigen Todes, erschienener Roman auch in der Neuübersetzung von Klaus Modick heißt, erzählt der größe schottische Schriftsteller abermals vom Kampf der menschlichen Seelen vor einer atemberaubenden Naturkulisse. Dies ist das Patentrezept all seiner Romane – angefangen von seinem ersten Erfolg „Die Schatzinsel“ (1883), über „Dr.Jekyll und Mr. Hyde“ (1886), bis zu seinem 1889 publizierten Meisterwerk „Der Master von Ballentrae“. Moralische und (tiefen-)psychologische Fragen trieben diesen oftmals als bloßen Abenteuerschriftsteller missverstandenen Autor an, und „Die Ebbe“ ist das Buch, in dem er diesbezüglich am radikalsten Stellung bezog.

„Die Ebbe“ verfasste Stevenson gemeinsam mit seinem achtzehn Jahre jüngeren Stiefsohn Lloyd Osbourne – wobei den Löwenanteil der Meister selbst besorgte – da sein Stiefsohn mit seiner ursprünglichen Idee zu scheitern drohte. Zudem war Stevensons Name besser zu vermarkten. Diesen Kredit bei der Kritik und beim Publikum nutzte Stevenson für einen radikalen Versuch: „Die Ebbe“ ist ein Roman über 340 Seiten, der keinen einzigen sympathischen Protagonisten hat. Mag der Leser es zunächts noch mit dem jungen, einfältigen und naiven Herrick halten, der als Abkömmling einer guten Familie wie Grimmelshausens Simplizissimus ins Elend fiel, so wird bald klar, dass auch dieser junge Mann kein liebenswerter Schelm ist, und seinen älteren Leidensgenossen Huish und Davis in Skrupellosigkeit, Ignoranz und Gier in nichts nachsteht.
Im ersten Teil des Buchs versuchen die drei Wegelagerer sich von Tahiti davonzumachen. Im zweiten landen sie auf einer jener unbekannten und unbenannten südpazifischen Insel, wo die drei imperialistischen Bösewichte ihren Meister finden: den religiös motivierten Perlenfischer Attwater, der hier mit der Hilfe der Insulaner einen gewaltigen Reichtum angehäuft hat. Er ist ein Kolonialherr, wie er im Buche steht – so wie sie Joseph Conrad oder Paul Gauguin so eindringlich beschrieben haben. In ihm hat Stevenson eine höchst moderne – und archetypische – Figur geschaffen, die die Idee des Imperialismus und Kolonialismus in nuce verkörpert.
Der Rezeption des Romans hat der Abgrund an menschlicher Niedertracht, Bösheit und Verlogenheit, den seine vier Protagonisten vorführen, immer geschadet. Doch wäre dieses Buch nur 20 Jahre später in Paris, Berlin oder Wien veröffentlicht worden – man hätte es mit Jubelstürmen begrüßt, denn es verbindet die Abgründe der menschlichen Seele genial mit den Mechanismen des Kolonialismus im Südpazifik, die Gauguin bereits auf biographischer Ebene reflektiert hatte. Insofern erzählt Stevenson eine Parabel, eine Parabel über das „menschliche Strandgut des Kolonialismus“ (wie es Übersetzer Modick im Nachwort treffend formuliert).

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von OWA; Landesstelle: Sachsen-Anhalt.
Veröffentlicht am 27.09.2017

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