Der kleine Mann

Autor*in
Kästner, Erich
ISBN
978-3-85535-620-1
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Würbs, Kai
Seitenanzahl
208
Verlag
Atrium
Gattung
Buch (gebunden)Erzählung/Roman
Ort
Zürich
Jahr
2018
Lesealter
6-7 Jahre8-9 Jahre10-11 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
19,00 €
Bewertung
empfehlenswert

Teaser

Die aufwendig gestaltete Neuauflage von Erich Kästners Kinderroman enthält neben Witz und Spannung leider auch diskriminierende Sprache und zu wenige weibliche Handlungsträgerinnen. Trotzdem ist die Abenteuergeschichte mit fantastischen Elementen um Mäxchen Pichelsteiner ein Spaß für Groß und Klein, am besten bei gemeinsamer Lektüre.

Beurteilungstext

Mäxchen Pichelsteiner ist ein großer Artist. Er kann Schnürsenkel aufziehen, Hosenträger öffnen und Krawattenknoten aufknüpfen. Keine große Kunst? Für einen 5 Zentimeter kleinen Menschen schon! Als der kleine Zirkusstar plötzlich von Ganoven entführt wird, ist die ganze Stadt in heller Aufruhr, doch ein ungewöhnlicher Artist wie Mäxchen weiß sich zu helfen.
Mäxchen Pichelsteiner, der kleine Mann, lebt nach dem Tod seiner Eltern bei Professor Jokus von Pokus, Zauberkünstler beim Zirkus Silke. Im Dorf Pichelstein, woher Mäxchens Eltern stammen, sind alle Einwohner*innen klein, mehr als 51 cm misst niemand. Niemand weiß warum, aber so ist es. Mäxchens großer Traum ist es, Artist zu werden und so trainiert er Tag und Nacht mit seinem Ziehvater Jokus von Pokus für eine Zaubernummer, bei der er unbemerkt Hosenträger aufmacht, Taschen ausleert und anderen Schabernack mit Freiwilligen aus dem Zirkuspublikum treibt. Kurzum: Die Nummer wird ein Erfolg und Mäxchen schlagartig berühmt. Und er lernt, dass man nicht groß sein muss, um jemand sein zu können. Doch der plötzliche Ruhm ruft auch zwei Ganoven auf den Plan, die Mäxchen entführen und nach Südamerika schaffen wollen. Dort möchte der reiche Senor Lopez Mäxchen für seine Raritätensammlung haben. Diese, bestehend aus Gemälden, einem ganzen Ballettensemble usw., lässt er sich je nach Bedarf zusammenstehlen. Durch einen Trick und mit Hilfe eines kleinen Jungen kann Mäxchen den beiden Entführern entrinnen und die Schurken werden von der Polizei festgenommen. Am Ende ist Mäxchen wieder das, was er immer sein wollte: Artist. Und er lebt bei seinem geliebten Jokus.
Die Neuauflage des erstmals 1963 erschienenen Kinderbuchs von Erich Kästner bietet den Leser*innen eine muntere Abenteuergeschichte im gut zu lesenden Großformat. Die Erzählung zeichnet sich freilich durch den typischen Kästner-Ton aus, in dem die Erzählinstanz sachlich und natürlich mit der Leser*in plaudert: Ganz spontan wirkt das verschriftlichte Nachdenken darüber, wo die Erzählinstanz Mäxchen Pichelsteiner selbst getroffen hat. Und wie immer geht es bei Kästner auch um den Mut und die Courage der Kleinen, die sich gegen Gauner und Erwachsene behaupten müssen und dies in der Regel ohne die Hilfe von Erwachsenen schaffen. Die Sprache ist klar und das Buch, trotz seines Alters, gut verständlich, auch wenn nicht mehr gebräuchliche Wörter wie „Verrechnungsscheck“, „Ordinationszimmer“ und „Medizinalrat“ am besten bei der gemeinsamen Lektüre geklärt werden. Problematischer erweist sich hingegen der Umstand, dass der Verlag das N-Wort, das Kästner an einer Stelle im Roman verwendet, unverändert im Text belassen hat, obwohl eine Änderung nicht zu einer maßgeblichen Verfälschung des Werks geführt hätte. An der Textstelle selbst ist kein Vermerk dazu, erst am Ende des Romans wird die Leser*in darauf hingewiesen, dass das Wort im Text beibehalten wurde. Zur Erläuterung: In der betreffenden Szene streiten sich beide Entführer, ob das entführte Mäxchen eventuell zu stark betäubt worden und deshalb vielleicht zu Schaden gekommen sein könnte. In diesem Falle wäre der Auftraggeber Senor Lopez sicher sehr erbost und würde die Entführer durch einen seiner Handlanger*innen bestrafen lassen. Der Satz, in dem folgend das N-Wort ausgelassen wird: „Sonst lässt dir Senor Lopez von einem seiner […] den Schädel maniküren!“ macht deutlich, dass eine Änderung des Wortes, in z.B. „Handlanger“, dem Inhalt keinen Abbruch getan hätte. Deshalb ist eine gemeinsame Lektüre dringend zu empfehlen. Handlungstragend sind in der Abenteuergeschichte vor allem männliche Figuren, weibliche Figuren treten leider nur z.B. als hübsche Turnerinnen oder als Stubenmädchen ohne handlungstragende Bedeutung auf. Illustriert wurde die Neuauflage von Kai Würbs, der verschiedene Szenen und Figuren des Romans in Form von detailreichen und verspielten Illustrationen verbildlicht. Die Bilder erscheinen mal in zarten, mal in kräftigen Acrylfarben und transportieren liebevoll die Stimmung und das Alter der Erzählung, beispielsweise durch die Darstellung altmodischer Kleidung und Fahrzeuge. Trotz der Kritikpunkte werden junge Leser*innen sicherlich Freude an Kästners Werk haben und mit Mäxchen mitfiebern, am besten gemeinsam mit Erwachsenen.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von Ling; Landesstelle: Mecklenburg-Vorpommern.
Veröffentlicht am 01.04.2021

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