Der Junge auf dem Berg

Autor*in
Boyne, John
ISBN
978-3-7373-4062-5
Übersetzer*in
Layer, Ilse
Ori. Sprache
Englisch
Illustrator*in
Seitenanzahl
304
Verlag
Gattung
Buch (gebunden)Erzählung/Roman
Ort
Frankfurt/Main
Jahr
2017
Lesealter
12-13 Jahre14-15 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Bücherei
Preis
16,99 €
Bewertung
empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Wieder ein Buch über den Nationalsozialismus von John Boyne. Mutig ist die Täterperspektive, die Boyne wählt. Er erzählt die Geschichte der Verführungskraft von Macht und setzt ins Bild, wie leicht jeder in die Spirale aus Geltungsbedürfnis und Selbstsucht rutschen kann. Und es wird von der Schuld erzählt sowie von dem Verbrechen, nicht zur eigenen Schuld zu stehen. Das ist aktuell!

Beurteilungstext

Mit etwa sechs Jahren kommt Pierrot 1936 nach dem Tod seiner französischen Mutter und seines deutschen Vaters in ein Pariser Waisenhaus. Bei der befreundeten jüdischen Familie und seinem besten Freund Anshel kann er nicht bleiben. Schon nach kurzer Zeit aber wird Pierrot von Verwandten abgeholt, adoptiert und nach Bayern auf einen Berghof gebracht, auf dem seine Tante als Haushälterin arbeitet. Und bald lernt Pierrot auch den Besitzer des Anwesens kennen: Adolf Hitler. Und damit nimmt die Entwicklung von Pierrot, -oder sollte man sagen von Peter? - seinen Lauf.

Pierrot wird von der Autorität Hitlers und der Ideologie des Nationalsozialismus verführt. Nicht nur, dass er sich jetzt Peter nennt. Auch seine Vergangenheit und insbesondere seinen besten Freund Anshel, mit dem er sich ewige Freundschaft geschworen hat, beginnt er zu leugnen und verdrängt sie schließlich. Das Gefühl der Macht, das er verspürt, seit Hitler ihm eine Uniform des deutschen Jungvolks geschenkt hat, ist stärker als alles, was die verlorene Seele des Jungen bisher empfunden hat. Jetzt gilt er was. Jetzt ist er wer.

Man muss John Boyne zugestehen, dass er eine beklemmende Geschichte erzählt, die sicherlich auch viele jugendliche Leser auch aufgrund einer nicht zu leugnenden Spannung mitnimmt. Trotzdem kommt man nicht um die Frage herum, warum Boyne nicht statt ein pseudorealistisches Szenario zu wählen, wieder eine Fabel geschrieben hat. Für eine Fabel wäre die reißbretthafte Anlage der Erzählung, die das Leben auf dem Berghof für den beabsichtigten Erkenntnisprozess stark reduziert, kein Problem. Dann hätte Boyne auch die 150 Seiten rausnehmen können, in denen er versucht, den Prozess der Verführung stimmig – eben realistisch glaubwürdig – zu integrieren. Eigentlich nämlich ist die Idee ja gut und Boyne findet ein Bild für die Verführungskraft der Macht, das man so schnell nicht loswird. Die Handlung und der Erkenntnisprozess sind aber soweit vorhersagbar, dass das pseudorealistische Setting nicht über die 304 Seiten zu tragen vermag.

Trotz dieser Kritik ist anzuerkennen, dass Boyne mit seinem „Peter“ wichtige moralische Fragen aufwirft, die noch heute aktuell sind. Besonders wird man angeregt, über den Menschen und das Beste, aber eben auch Schlechteste in ihm nachzudenken. Und darin könnte das Potential des Buches stecken, will man es mit Lernenden gemeinsam betrachten: Denn unterschiedlichen Verführungskräften sind die Jugendlichen auch heute ausgesetzt. Und was Pierrot passiert ist, davor sind auch wir nicht gefeit. Am Ende muss jeder zu seinen Taten stehen, denn die eigene Schuld zu leugnen, wäre ein ebenso großes Verbrechen, wie die Tat selbst.

(Jochen Heins, AJuM Hamburg)

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von jhe; Landesstelle: Hamburg.
Veröffentlicht am 18.02.2019

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