Der Elefant des Kaisers

Autor*in
Heuck, Sigrid
ISBN
978-3-522-17838-9
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Seitenanzahl
254
Verlag
Thienemann
Gattung
Ort
Stuttgart
Jahr
2006
Lesealter
Einsatzmöglichkeiten
Preis
13,90 €
Bewertung
nicht empfehlenswert

Teaser

Aachen 797. Als Karls des Großen 50ster Geburtstag naht, wünscht sich dieser aus einer kleinen Laune heraus einen Elefanten. Rasch wird eine Gesandtschaft zu Harun al Raschid entsandt, mit dem Auftrag einen Elefanten zu beschaffen. Doch nicht nur die Hinreise ist gefährlich und langwierig, sondern auch der Rückweg, zumal ihnen aus politischen Gründen nach dem Leben getrachtet wird...

Beurteilungstext

Nach einer wahren, von Einhard, dem Karl-Biographen selbst, in seiner “Vita Karoli Magni” nur kurz erwähnten Begebenheit berichtet Heuck, indem sie die historischen Ereignisse zu einer kleinen Geschichte ausweitet und in eine Rahmenerzählung bettet: Ein Märchenerzähler berichtet an mehreren Tagen auf einem großen Platz in Marrakesch davon.
Wenngleich die Intention der Autorin, eine ungewöhnliche Episode der Geschichte zu erzählen, durchaus gut zu heißen ist, ist die Durchführung leider mit vielen Fehlern behaftet, die den Genuss an der Lektüre erheblich schmälern. Dies liegt zum Schluss u.a. an dem Umstand einer gewissen Unglaubwürdigkeit, selbst wenn man eine literarische Freiheit annehmen möchte: Die Geschichten, die der Märchenerzähler zum Besten bringt, dauern im Buch einen ganzen Abend, jedoch sind sie in nicht ganz zehn Minuten gelesen. Weiterhin fallen die ständigen moralischen Schlußfolgerungen unangenehm und später als lästig auf.
Schlimmer sind aber harsche historische Fehler, die den jungen Lesern ein völlig falsches Bild der Zeit vermitteln: Da fällt die Größenangabe Karls mit 7 Fuß (S. 22) weniger ins Gewicht (die Größenangabe - nach Einhard, 4 - ist topisch, was aber die Autorin nicht weiß), auch die Angabe des Geburtsortes (Aachen, S. 23) ist falsch, da sein Geburtsort unbekannt ist (Einhard, 25).
Schlimmer wiegen Fehler wie die Vorstellung, zu Zeiten Karls habe es “Ritterturniere” gegeben. “Ritter” in dem Sinne, wie sie Heuck in der Geschichte darstellt und vorgaukelt, gab es aber frühestens seit Heinrich I. (924 n. Chr . und später) und seine Vorbereitungen zur Abwehr der Ungarn im 10. Jh. Eine erschütternde Bildungslücke zeigt die Autorin, wenn sie von einer Totenkopf-Flagge an einem Piraten-Schiff der Zeit spricht (S. 199; die ersten Totenkopf-Flaggen sind erst im frühen 18 Jh. bekannt): auch hier werden wieder völlig unpassende, um nicht zu sagen, falsche Realien völlig verschiedener Zeiten miteinander vermengt. Ebenso verhält es sich mit Heucks Äußerung, die Kinder in Aachen hätten anläßlich der Ankunft des Elefanten in Aachen “schulfrei” bekommen (S. 233). Die Begrüßung weckt den Eindruck eines Empfanges mit winkenden Schulkindern am Straßenrand. Dies setzt aber u.a. ein Schulsystem enstprechend dem unseren heute voraus; es gab aber nur vereinzelt Klosterschulen (was Heuck selbst sagt). Somit ist falsch, was sie berichtet.
Merkwürdig wirkt auch ihr Sprachgebrauch, wenn sie beispielsweise eine Person berichten lässt (S. 201), Papst Leo sei 799 “einem Attentat zum Opfer gefallen”. Demnach müsste er tot sein. Bald darauf wird jedoch von der Krönung Karls zum Kaiser durch Papst Leo 800 gekrönt.
Will man Kindern nur eine spannende Lektüre bieten ohne jedes tiefer gehende Niveau, empfiehlt sich das Buch bedingt. Will man eine lehrreiche, die Welt des frühen Mittelalters in einem kleinen Ausschnitt lebendig und korrekt vermittelnde Lektüre empfehlen, gehört dieses Buch auf keinen Fall dazu. Als Historiker und Lehrer kann der Rezensent dieses Buch nur ablehnen.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von eb.
Veröffentlicht am 01.01.2010

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