Der ehrliche Lügner

Autor*in
Schami, Rafik
ISBN
978-3-407-74785-3
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Seitenanzahl
343
Verlag
Gattung
Ort
Weinheim
Jahr
2016
Lesealter
16-17 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Bücherei
Preis
12,95 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Der Zirkus India ist in Morgana gestrandet, mittellos und ohne Aussicht auf Besserung, denn ein Bürgerkrieg verhindert, dass die Artisten weiterziehen können. Der junge Sadik verliebt sich in die Seiltänzerung Mala und wird schließlich als Geschichtenerzähler Teil des Zirkus.

Beurteilungstext

Anlässlich des 70. Geburtstages von Rafik Schami hat der Beltz-Verlag eine Neuauflage seines Romans aus dem Jahr 1992 herausgegeben. Das Buch ziert eine sehr schöne Umschlagillustration, ein Aquarell einer arabischen Stadtszene in freundlichen Farben auf mattem Papier.
Sadiks Manegengeschichten nehmen im Roman den größten Raum ein. Sie sind eingefügt in eine Rahmenhandlung um die Erfahrungen des jungen Sadik im Zirkus India, und diese wiederum sind eingefügt in eine in der Gegenwart spielende Rahmenhandlung um den alten Sadik, der sich an die Erlebnisse aus seiner Jugend erinnert. In der Manier eines Geschichtenerzählers aus 1001 Nacht wechselt der Autor häufig zwischen diesen Erzählebenen und auch zwischen weiteren Erzählebenen, die sich innerhalb der Manegengeschichten ergeben. Handlungsort in allen Erzählebenen ist vor allem die die fiktive arabische Stadt Morgana. In Sadiks Jugend liegt sie in einem autokratisch regierten Staat, in dem es offenbar zu Unruhen kommt. Konflikte zwischen Arabern und Juden spielen eine Rolle, und es gibt Bezugnahmen zu realen Parametern wie Jahreszahlen, den Staat Israel oder Woody Allen. Dennoch bleibt eine konkrete zeitliche und räumliche Einordnung der Handlung schwierig, zumal ja nie ganz sicher ist, was an der Erzählung wahr ist und was nicht - falls überhaupt etwas wahr ist...
Sadik erzählt vom ewig Menschlichen, von Menschen, ihren Charakteren und ihrem Umgang mit einander. Auf den ersten Blick wirken seine Geschichten klischeehaft, wie sie sich vereinfachter Charaktere und eines vielleicht typischen arabischen Umfeldes bedienen. Nur wenn die Leser über eine entsprechende Lesekompetenz, Lebenserfahrung und politische Bildung verfügen, können sie die ganze Tiefe der vermittelten Inhalte mitnehmen. Und dann bekommt die Erzählung einen ganz anderen Charakter. Sie wirkt eher wie eine Karikatur der Welt des vorderen Orients, mal mit verschmitztem, mal mit beißendem, mal mit schwarzem Humor präsentiert. Ab und zu gewinnt auch die Melancholie die Oberhand, doch meist bleibt die Tragik des Geschehens zwischen den Zeilen stehen.
“Der ehrliche Lügner” ist ein inhaltlich wie erzähltechnisch sehr anspruchsvolles Buch, dem nur wenige jugendliche Leser gewachsen sein werden.

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Diese Rezension wurde verfasst von spra.
Veröffentlicht am 01.07.2016

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