Alles Sehen kommt von der Seele

Schlagwörter

• Behinderung
• Historisches

Teaser

Helen Keller ist bis heute ein Vorbild vieler blinder Menschen in den USA und auf der ganzen Welt. Keine zwei Jahre ist sie alt, als sie vermutlich infolge einer Hirnhautentzündung ihr Augenlicht und Gehör verliert. Unverstanden von ihrer Umgebung und in Isolation wächst sie auf, bis im Alter von sieben Jahren Anne Sullivan ihr hilft, das Wunder der Sprache zu entdecken. Mit ihrer Hilfe wird Helen einen Collegeabschluss erwerben, Bücher schreiben und sich für die Rechte von Blinden einsetzen.

Beurteilungstext

Katja Behrens legt eine beeindruckende Biographie der Helen Keller vor, fachkundig, einfühlsam und spannend beschreibt sie das Leben zweier Frauen, die in ganz unterschiedlichen Milieus aufwachsen und sich doch einerseits in ihrer Isolation aber auch Empathie so ähnlich sind.
Helen Keller ist das Kind des ehemaligen Offiziers Arthur H. Keller und seiner zweiten Ehefrau Kate. Mit nicht einmal zwei Jahren verliert sie ihr Hör- und Sehvermögen.
Anne Sullivan ist die Tochter einer irischen Einwandererfamilie. Sie wächst in ärmlichen Verhältnissen auf, die Mutter stirbt, als sie sieben Jahre alt ist und sie verliert infolge einer Bindehautentzündung langsam ihr Augenlicht. Sie wächst zunächst bei Verwandten, dann in eine Armenhaus auf, geht später am Perkins-Institute für Blinde zur Schule und erlangt infolge mehrerer Operationen ihre Augenlicht zurück. Katja Behrens gibt bereits hier beeindruckende Bezüge zwischen dieser schwierigen Zeit für Anne und der späteren Arbeit mit Helen, bspw. dass Anne nie gelernt hat sich und andere zu schonen. Anne studiert die Aufzeichnungen vieler Lehrer, die mit dem Fingeralphabet arbeiteten und kommt schließlich als Lehrerin zu den Kellers.
Sie zeigt der kleinen Helen Grenzen auf, es entstehen mehrere Auseinandersetzungen zwischen beiden. Katja Behrens beschreibt nachvollziehbar, welche Schmerzen es den Eltern bereiten musste, ihr Kind so toben zu erleben und welcher Stolz sie erfüllt haben muss, zu sehen, wie ihre Tochter kleine Buchstaben mit ihren Fingern bildet. Aber auch Anne ist so begeistert von dem kleinen Mädchen, dass sie beginnt, ""dieses Kind zu lieben, wie sie keinen anderen Menschen mehr lieben wird, nicht einmal ihren Mann."" Katja Behrens beschreibt nicht nur das Leben der Helen Keller, sie hilft dem Leser/der Leserin, Zusammenhänge zu verstehen und einordnen zu können. Seien es die historischen Gegebenheiten, Unterschiede zwischen Protestanten und Katholiken oder das Verhältnis zwischen Mann und Frau zu jener Zeit: ""Mrs. Keller sagte zu, selbstverständlich, nicht ohne dass ihr Mann einverstanden war.""
Behrens beschreibt die Beziehung bald als eine Osmose, die besonders deutlich wird, als sich beide verlieben und nun ein Dritter in das Leben eintritt, für den es hier keinen Platz gibt. Als Leser fühlt man besonders mit Anne mit, wie ihre Kräfte schwinden, das Augenlicht immer dunkler wird und sie die letzten Kräfte für Helen aufbringt, um sie zu unterstützen. Behrens lässt den Leser die unendliche Dankbarkeit der Helen Keller für ihre Lehrerin nachempfinden, die sie für ihren ""teacher"" spürt, aber auch ihre unglaubliche Energie sich für die Stärkung von Blinden und gegen den Krieg einzusetzen.
Am Ende des Buches geben ein tabellarischer Lebenslauf und viele Schwarzweißfotografien einen weiteren Einblick in das Leben der Helen Keller.
Hier liegt eine beeindruckende Biographie zweier großartiger Frauen vor, die sowohl fundiert recherchiert, als auch empathisch erzählend geschrieben wurde.