Zorilla

Autor*in
Bücker, Jutta
ISBN
978-3-942795-71-5
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Bücker, Jutta
Seitenanzahl
36
Verlag
Kunstanstifter
Gattung
BilderbuchBuch (gebunden)Sachliteratur
Ort
Mannheim
Jahr
2019
Lesealter
4-5 Jahre6-7 Jahre8-9 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
20,00 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Teaser

Der Zorilla lebt als Einzelgänger am Hafen. Die anderen Tiere fürchten sich vor ihm, denn er ist unheimlich, spricht mit niemandem, verhält sich seltsam. Dennoch sind sie neugierig und wollen wissen, was er eigentlich treibt. Doch niemand traut sich, ihn anzusprechen. Und dann ist es plötzlich zu spät: Der Zorilla ist fort und die Tiere ahnen, dass sie versäumt haben, eine äußerst interessante und vielseitige Persönlichkeit kennenzulernen.

Beurteilungstext

Am Hafen wohnen die unterschiedlichsten Tiere friedlich zusammen: Pferde, Ratten, Affen, Füchse, Schweine, Hunde aller Arten, Walrosse, Ziegen - doch der Zorilla-Marder ist anders.
Niemand weiß etwas über ihn, aber alle haben etwas über ihn zu erzählen. Mit seinem dunklen Mantel und hochgeschlagenem Kragen ist er stets allein und nur nach Sonnenuntergang unterwegs und sieht dabei so gefährlich aus, dass niemand es wagt, ihn anzusprechen. Neugier, wilde Spekulationen und absurde Ängste machen die Runde in der Hafenkneipe: Er ist bestimmt bewaffnet und will die Ratten ertränken.
Als die Tiere ihre Neugier nicht mehr unterdrücken können, wollen sie den Zorilla ausspionieren und nähern sich seinem Haus.
Plötzlich ertönen entsetzliche Geräusche, Hitze und Blitze schießen aus den Ritzen der Behausung und treiben alle Tiere in ihre Verstecke. Voller Angst und in Erwartung von Schrecklichem verbringen sie eine schlaflose Nacht.
Doch am nächsten Morgen spricht sich herum, der Marder sei verschwunden. Die Tiere dringen in seine verlassene Wohnung ein und staunen nicht schlecht: Aus den Dingen, die sie finden, lässt sich schließen, dass der Zorilla keineswegs Furchterregendes im Schilde führte, sondern ein Erfinder und geschickter Handwerker gewesen sein muss, der sein Wesen unter dem schwarzen Mantel verbarg und von Fernweh und Sehnsucht erfüllt war.
Er hatte eine riesige Glasflasche gegossen, die groß genug war, um sein gesamtes Mobiliar zu fassen.
Diese Flasche hatte er wasserdicht versiegelt und mit einer Belüftungsanlage versehen, sie dann zum Wasser geschleppt, ist hineingeklettert, hat sie von innen verschlossen und sich, auf den Wellen treibend, auf die Reise begeben, der Sonne am Horizont entgegen.

Jutta Bücker erzählt in "Zorilla" keine gewöhnliche Geschichte vom Anderssein. Sie erklärt das Anderssein einerseits zur Normalität, indem sie die verrücktesten Gestalten in der größten Selbstverständlichkeit zusammen agieren lässt: Die elegante Pferdedame mit rosa Pelzkragen, das dicke Walross in Schutzmannkleidung, den blauen Ziegenbock hinter dem Tresen der Hafenkneipe, die fesch gekleideten, stilbewussten Ratten, sie markieren in ihrer Buntheit die bestehende Norm. Andererseits zeigt sie die Grenzen und Ängste dieser offenen Gesellschaft auf, die durch den schwarzen, zurückgezogen lebenden Zorilla ausgelöst werden.
Trotz des diversen Miteinanders erkennen die Tiere die Erscheinung und Lebensart des Marders nicht als weitere Facette ihrer gelebten Vielfalt an.
Bücker formuliert durch ihre Geschichte ein subtiles Plädoyer für die stete Offenheit Fremdem oder Befremdlichem gegenüber und die Gefahr, sich in einer vermeintlich offenen Haltung komfortabel einzurichten und dabei unbemerkt zu erstarren und sich Neuem zu verschließen.
Sie betont die Verluste und Versäumnisse, die eine Gesellschaft hinnimmt, wenn sie die Potenziale des Fremden nicht nutzt, wenn sie die Angst vor dem Anderen nicht überwindet.
Spannend erzählt, setzt sie die Geschichte in satter Malerei in Szene. Kräftige Farben in expressivem Duktus gemalt, oft kontrastreich aber immer ausgewogen, erzeugen atmosphärische Szenen, die wie eine Liebeserklärung an Hamburg gelesen werden können:
eine Straßenschlucht zur blauen Stunde, ein Jahrmarkt bei Nacht, der Hafen mit Regenbogenflagge und die Elbphilharmonie, eine nächtliche Polizeistube, sogar der Reeperbahn widmet Bücker eine Szene.
Bei wiederholtem Betrachten und Zurückblättern entdeckt man immer wieder neue Details, die die Geschichte anreichern und auf diese unaufdringliche Weise als visuell verschlüsselte Botschaft verstanden werden können, genauer hinzuschauen, auch wenn man meint, schon alles gesehen und längst verstanden zu haben, sowohl im Buch, als auch im Leben.
Ein fein konzipiertes, auf unkonventionelle Weise schönes, anspruchsvolles Buch.
Bojka Bogdanovich

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Veröffentlicht am 06.05.2020

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