Wunschkind

Autor*in
L’Arronge, Lilli
ISBN
978-3-941787-67-4
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
L’Arronge, Lilli
Seitenanzahl
32
Verlag
Jacoby & Stuart
Gattung
BilderbuchMärchen/Fabel/SageSachliteratur
Ort
Berlin
Jahr
2012
Lesealter
0-3 Jahre4-5 Jahre6-7 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
12,95 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Der Frühling ist da! Überall werden Nester gebaut und Familien gegründet. Auch das ungleiche Paar Eichhörnchen und Rotkehlchen wünschen sich nichts sehnlicher, als Eltern zu werden. Geduldig warten sie, bis im liebevoll gebauten Nest schließlich ein Ei liegt. Sie beginnen überglücklich mit dem Ausbrüten und der Aufzucht ihres "Wunschkindes". Schnell stellen sie fest, dass es zwar manchmal ganz schön anstrengend ist, eine Familie zu sein, es aber dennoch nichts Schöneres auf der Welt gibt.

Beurteilungstext

"Eine Familie zu haben ist anstrengender als ich dachte" (S.25), sagte das Rotkehlchen. "Aber es macht glücklich"(S. 26).
Mit diesem Zitat führt die Illustratorin Lilli L'Arronge über ihre farbenfrohen und ausdrucksstarken Bilder zur Geschichte von Eichhörnchen und Rotkehlchen. So ungleich die beiden sind, so innig ist ihr Wunsch nach einer eigenen Familie. Und so gehen sie herrlich naiv und ohne jeden Zweifel über ihr Vorhaben in die Familienplanung. Einzig der erwachsene Leser vermag an dieser Stelle einen Gedanken über die biologische Unmöglichkeit dieses Wunsches verlieren. Sehr junge Kinder tun dies sicher nicht, "leben" in ihrer Fantasie doch Puppen, Kuscheltiere oder gar anderes Spielzeug manchmal als Familien zusammen.
Kräftige Farben und klare Konturen führen den Bildbetrachter in die Geschichte, die aus der Sicht des Eichhörnchens beginnt. Dieses beobachtet glückliche Tierfamilien und verspürt daraufhin eine große Sehnsucht nach Geborgenheit und Liebe. Den meisten Kindern dürfte dieser Wunsch sehr vertraut erscheinen, basiert er doch auf den ersten Grundbedürfnissen eines jeden Menschen. Der Illustratorin gelingt es dabei sehr gut, die einzelnen Stimmungen sowohl durch Mimik und Gestik der Figuren als auch durch die Wahl der Farben einzufangen. So erregt der sehnsuchtsvolle Blick des Eichhörnchens genauso viel Mitleid, wie die durch Rot- und Gelbtöne fast romantisch wirkende Abendszene Zuversicht für die anstehende Familienplanung ausstrahlt. Sämtliche Bildmotive sind auf einer Doppelseite angeordnet und bieten dadurch mehr Freiraum für Details und Weite. Der in den Bildern integrierte Text greift die Handlungen der Figuren auf und verpackt sie in leicht verständliche, relativ kurze Sätze. Spielerisch werden einzelne Wörter hervorgehoben, indem sie entsprechend ihrer Semantik fast aus den Zeilen zu tanzen scheinen. Insgesamt ergänzen sich Text und Bild. Beide verfolgen die gleiche Botschaft: wenn man zusammenhält, kann man trotz so mancher Hürde alles schaffen.
Mit diesem Optimismus gehen Eichhörnchen und Rotkehlchen an den Bau ihres Nestes. Helle, leuchtende Farben unterstützen den Eindruck von Zuversicht und Hoffnung. Aus der Sicht der zukünftigen Eltern muss anschließend auch der Bildbetrachter auf das langersehnte Ei geduldig warten. Zunächst aus der Vogel- dann aus der Normalperspektive betrachtet, steht das leere Nest im Mittelpunkt der Bilder. Die Farben werden dunkler, Spannung baut sich auf. Wird der Wunsch von Eichhörnchen und Rotkehlchen in Erfüllung gehen?
Dann ist es endlich soweit. Ein strahlendes Gold kündigt die Ankunft des Eies an. Während die frischgebackenen Eltern ehrfürchtig, aber voller Freude ihr "Geschenk" bestaunen, beobachten auch die tierischen Nachbarn den Neuankömmling. Skeptische, fast argwöhnische Blicke werden deutlich. Der Bildbetrachter wird dazu angeregt, diese zu hinterfragen. Woher kommt das Ei? Können Eichhörnchen und Rotkehlchen die schwere Aufgabe des Ausbrütens überhaupt bewältigen? Und wie werden sie das schaffen?
Die anschließende Doppelseite verrät, welche Mühen hinter dieser verantwortungsvollen Aufgabe stehen. Dunkle, kalte Farben dominieren. Die Bewegungen des Windes lassen unablässige Mühen deutlich werden. Der ängstliche Blick des Rotkehlchens trifft auf den kämpferischen Gesichtsausdruck des Eichhörnchens. Angst und Sorgen einerseits, Einsatzwillen und Stärke andererseits. Die beiden Titelfiguren trotzen ihrem "Wunschkind" allen Gefahren.
Ihre Bemühungen werden belohnt. Schritt für Schritt werden die Farbtöne freundlicher, die Dunkelheit weicht den leuchtenden Augen des frisch geschlüpften Nachwuchses. "Es ist einfach ganz genau richtig" (S. 24) fasst das Eichhörnchen seine Gefühle über die Geburt seines Nachwuchses zusammen.
Mit Bezug auf das Ausgangszitat erkennt schließlich auch das Rotkehlchen, dass alle anstehenden Aufgaben zwar anstrengend sind, aber auch glücklich machen. Der Bildbetrachter schaut dabei auf eine verschmolzene Einheit, die dem kindlichen Leser als typische Mutter-Vater-Kind-Konstellation bekannt sein dürfte. Die zentrale Funktion von Familie, Liebe und Geborgenheit zu spenden, findet an dieser Stelle seine deutlichste Bildfläche.
Fast so, als seien nun die größten Hürden geschafft, demonstrieren die letzten beiden Seiten des Buches das Funktionieren dieser etwas außergewöhnlichen Familie. Sie unterstreichen nochmals die Kernaussage dieser wunderbaren modernen Fabel: Eltern sind für ihr Kind da, sie lieben es, auch wenn es so gar nicht nach Mama oder Papa zu kommen scheint. Mit einem Blick auf heute immer häufiger anzutreffende Patchworkfamilien beweist Lilli L'Arronge, dass mit Zuversicht, Liebe und Geduld auch vermeintliche "Kuckuckskinder" letztlich "ganz genau richtig" (S.24) in ihre Familie passen.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von BI.
Veröffentlicht am 01.01.2010

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