Wir leben alle unter demselben Himmel

Autor*in
Mai, Manfred
ISBN
978-3-8445-2359-1
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Sprecher*in
Umfang
3  Minuten
Verlag
Hanser
Gattung
AudioSachliteratur
Ort
München
Jahr
2016
Alters­empfehlung
10-11 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Bücherei
Preis
15,99 €
Bewertung
eingeschränkt empfehlenswert

Teaser

Eine Einführung in ausgewählte Perspektiven der fünf Weltreligionen, mit der Absicht eines besseren gegenseitigen Verständnisses. Abschluss der Ausführungen bilden eigene Betrachtungen des Autors.

Beurteilungstext

„Die Welt sei in den letzten fünfzig Jahren kleiner geworden“, damit beginnt Manfred Mai sein Vorwort und stimmt den Leser bzw. Hörer bereits implizit auf die sich daraus ergebende Herausforderung ein: Menschen verschiedenster Kulturen und Religionen leben „enger zusammen als jemals zuvor“. Das kann zum einen als Bereicherung gesehen werden, welches durch die gegenseitige Wahrnehmung und das nähere Kennenlernen die Perspektive auf die eigenen kulturellen und religiösen Wurzeln weiten hilft. Es vermag dazu anzuregen, Vertrautes im Spiegel des Anderen neu zu sehen und tiefer zu durchdenken, um damit die „in einer pluralen Gesellschaft unerlässliche Fähigkeit[en] […], also Identität und Verständigungsbereitschaft"(Bernd SCHRÖDER 2012: Religionspädagogik. Tübingen, 650), zu erwerben.
Aber auch das Gegenteil kann der Fall sein. Mai spricht von Reaktionen wie „Unverständnis und Vorurteilen" und führt deren Ursache darauf zurück, dass „man zu wenig voneinander weiß". Hier verortet er den Ausgangspunkt seines Buches, das Kindern „einen ersten, leicht verständlichen Überblick über die fünf großen Weltreligionen [...] geben" möchte. Seine Intention liegt dabei insbesondere darin, „Unterschiede und Gemeinsamkeiten" herauszuarbeiten und gegenüberzustellen.
Jedoch deutet er sein Ergebnis bereits im Vorfeld der anschließenden Präsentation mit den Worten an, „dass ihre Religionen […] viel mehr gemeinsam haben als sie dachten". Damit schränkt er beim Leser bzw. Hörer bereits unweigerlich die Möglichkeit einer eigenen, unabhängigen Meinungsbildung ein und greift Prozessen individueller Rezeption vor. Gleiches lässt sich bereits aus der Überschrift entnehmen, in der er noch deutlicher von „demselben Himmel" spricht. Mai regt mit dieser Sichtweise zur Diskussion und Auseinandersetzung an, entzieht sich jedoch gleichzeitig jeglicher kritischer Anfragen mit dem Hinweis, dass sein Buch nicht allen Ansprüchen gerecht werden kann und dieses auch gar nicht will.
Interessant sind seine Ausführungen zu den „Anfängen", welche er seinen Betrachtungen zu den Religionen vorschaltet. Darin stellt er die These auf, dass sich jeder einmal Gedanken über die großen „W-Fragen" des Lebens, wie „Woher komme ich?" oder „Was geschieht mit mir, wenn ich sterbe?" macht. Nach Mai gehören diese Fragen zum Menschsein dazu und haben die Funktion Religion als Erklärungsversuch, als Orientierung und Sinn - funktionaler Religionsbegriff (vgl. Klaus HOCK 2008: Einführung in die Religionswissenschaft. Darmstadt, 16) - hervorzubringen. Der Mensch bedarf demnach Antworten auf existentielle Fragen, die nicht beliebig sind, sondern denen so etwas wie ein Wahrheitsanspruch zugrunde liegt.
In der anschließenden nunmehr substantiellen Präsentation der verschiedenen Religionen, die mit dem Judentum beginnt, folgt er in seinem Prozedere einem mehr oder weniger ähnlichen Aufbau, um eine gewisse Vergleichbarkeit zu gewährleisten. Dieser umfasst ein Porträt zu den Religionsstiftern bzw. den Ursprüngen der Religion, deren Kernaussagen, Glaubensrichtungen, Festen im Jahres- und Lebenslauf sowie interessanten historischen und aktuellen Entwicklungen.
Mit seiner facettenreichen Darstellung erhält der Leser bzw. Hörer viele Informationen, die ihm, gemäß der Intention des Autors, zumindest einen groben Überblick über die fünf großen Weltreligionen verschaffen. Damit ist es ihm umfassend gelungen, seinen zu Beginn geäußerten Anspruch eines breiten Gesamteindruckes einzulösen. Er vermag beim Leser bzw. Hörer eine recht umfangreiche Basis für ein erstes Verständnis anzubahnen, welches als Ausgangspunkt eines eigenen Meinungsbildungsprozesses dienen kann.
Doch hier endet das Werk nicht. In zwei abschließenden Kapiteln, welche die Überschrift
„Du sollst nicht töten – Das Verbindende der Religionen" tragen, entfaltet der Autor seine eigenen Gedanken. Diese werfen jedoch mehr Fragen auf, als sie zu klären vermögen. Als Gemeinsamkeit nicht nur der fünf, sondern aller Religionen, hebt Mai zum einen die Liebe hervor: „Im Zentrum aller Religionen steht die Liebe, die Liebe zu Gott oder zu den Göttern und die Liebe zu den Menschen". Was unter Liebe jedoch genau zu verstehen ist, wird nicht näher erläutert. Sie vermag zwar zentrales Thema in den einzelnen Religionen sein, ist jedoch in ihrer schlagwortartigen Pauschalität unbedingt auslegungsbedürftig. Mai selbst verweist z.B. kritisch auf die mehr oder weniger stark ausgeprägte ungleiche Behandlung der Geschlechter innerhalb der Religionen.
Gemäß seiner zweiten These verbieten alle Religionen das Töten von Menschen – mit Einschränkungen. Mai thematisiert die Problematik verschiedener Auslegungen der heiligen Schriften, aber auch den Missbrauch von Religion zum Zwecke der Macht. Historisch subsumiert er diese Phänomene u.a. unter den Ereignissen der frühen Christenverfolgung, der Kreuzzüge und Konfessionskriege sowie dem Hinweis, dass die gewaltsame Ausdehnung des Islam bereits unter dessen Gründer Mohammed begann. Seine Ausführungen schließen mit einem Ausdruck des Unverständnisses, da nach Mai alle drei monotheistischen Religionen „an denselben Gott glauben“ und „wie schon erwähnt steht im Zentrum aller Religionen die Liebe".
Insgesamt drängt sich beim Leser bzw. Hörer der Eindruck auf, dass der durchaus nachvollziehbare Wunsch Mais, nach Versöhnung und Frieden unter den Religionen, Inspirationsquelle der letzten beiden Kapitel war. Doch stellt sich die Frage, ob die Realisierung dieses Wunsches bzw. dessen Annäherung mit Pauschalisierungen einzulösen ist und er damit den einzelnen Religionen wirklich gerecht werden kann. Denn „interreligiöses Lernen hat eine »Hermeneutik der Didaktik der wechselseitigen Anerkennung in Wahrhaftigkeit« zu praktizieren (Nipkow 1998, Bd. 2, s. Register, ferner Nipkow 2002), nicht der Leugnung oder Glättung von Unterschieden. Das Wahrheitskriterium verbietet eine Abflachung der Profile im Christentum wie im Islam. Das Ergebnis würde eine oberflächliche religiöse Urteilsfähigkeit sein." (Karl Ernst NIPKOW 2010: Gott in Bedrängnis? Zur Zukunftsfähigkeit von Religionsunterricht, Schule und Kirche. München, 236). Doch diese wäre sicherlich nicht im Sinne Mais und schon gar nicht im Sinne einer zur Mündigkeit erziehenden Bildung. Daher ist dieses Hörbuch nur eingeschränkt zu empfehlen.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von spu; Landesstelle: Sachsen-Anhalt.
Veröffentlicht am 24.12.2016

Weitere Rezensionen zu Büchern von Mai, Manfred

Mai, Manfred; Lenz, Martin

Das Geheimnis im Schuppen

Weiterlesen
Mai, Manfred

Leserabe mit Mildenberger Silbenmethode: Verknallt in Max

Weiterlesen
Mai, Manfred

Unsere Erde

Weiterlesen
Mai, Manfred; Lenz, Martin

Das Geheimnis im Schuppen

Weiterlesen
Lenk, Fabian Leopé, Wiechmann, Heike; Mai, Manfred

Die schönsten Fußballgeschichten für Erstleser

Weiterlesen
Mai, Manfred

Hexen will gelernt sein

Weiterlesen