Wer hat Angst vor Jasper Jones?

Autor*in
Silvey, Craig
ISBN
978-3-499-21613-8
Übersetzer*in
Münch, Bettina
Ori. Sprache
Englisch
Illustrator*in
Seitenanzahl
406
Verlag
Rowohlt
Gattung
Ort
Reinbek
Jahr
2012
Lesealter
14-15 Jahre16-17 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
16,95 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Sommer 1965 in Australien. Die Ausläufer des Vietnamkriegs sind auch in der Provinzstadt zu spüren, in der der 13-jährige Charlie mit seinem bestem Freund Cricket spielt, aberwitzige Dialoge über Batman führt, aus der Ferne Eliza Wishart anhimmelt und Mark Twain liest. Da klopft mitten in der Nacht Jasper Jones - Halb-Aborigine und Außenseiter der Stadt - an sein Fenster und bittet Charlie um Hilfe, denn Laura Wishart ist tot und Jasper fürchtet, für ihren Tod verantwortlich gemacht zu werden.

Beurteilungstext

Was sich zunächst als Auftakt zu einem spannungsgeladenen Jugendthriller zu lesen scheint, entwickelt sich im Verlaufe der Handlung mehr und mehr zu einem ungemein komplexen, vielschichtigen und gesellschaftskritischen Jugendroman voller intertextueller Referenzen, die die Geschehnisse auf verschiedenen Ebenen reflektieren. Der Tod Laura Wisharts markiert dabei für den eher introvertierten Ich-Erzähler Charlie den Beginn eines Sommers, der alles verändert und in dem Charlie nicht mehr nur der Held seiner eigenen, erdachten und erträumten Geschichten sein kann, sondern erkennen muss, welche Wahrheiten unter der Oberfläche der Kleinstadt lauern und wie schwer es sein kann diese zu ertragen.
Auffällig an der Erzählperspektive ist dabei nicht nur die Tatsache, dass der Leser die sehr ausführliche und detailreiche Innenperspektive Charlies erhält, in der er sich und seine Gedanken erklärt und erläutert, sondern vor allen Dingen der Sprachstil, in dem erzählt wird. So sind die Dialoge zwischen Charlie und Jeffrey ein Feuerwerk an jugendlichen und zum Teil ruppigen und vulgären Frotzeleien, die diese beiden Charaktere unglaublich lebendig gestalten und damit auch zum Teil über die vielen retardierenden Momente der Handlung und die ausufernden Cricket-Beschreibungen hinwegtrösten.
Als weiteren Aspekt, der den besonderen Reiz des Romans ausmacht, aber gleichzeitig auch hohe Ansprüche an den Leser stellt, sei auf die zahlreichen intertextuellen Referenzen verwiesen. So ist es nicht von ungefähr, dass „Wer die Nachtigall stört“ von Harper Lee eine so zentrale Rolle spielt, wenn man die thematischen Überschneidungen – die Problematik von Rassismus und sozialer Ausgrenzung – in Betracht zieht. Aber auch Mark Twain und Truman Capote werden in Charlies Bemühungen sich mit den Geschehnissen auseinanderzusetzen, herangezogen. Und vielleicht klingt in den sprachlichen Frotzeleien und Diskussionen auch der Stil Charles Bukowskis mit an. Dieses enorm breite Referenzspektrum gestaltet die Erzählung besonders vielschichtig, indem die Geschichte selbst innerhalb eines literarischen Rahmens verankert wird. Es überrascht dabei nicht, dass sich sowohl Charlie als auch sein Vater schriftstellerisch betätigen und dass es zu Charlies Möglichkeitenrepertoire, um mit der erschreckenden Gegenwart umzugehen, auch gehört, seine Gegenwart und seine Zukunft in narrative Muster zu packen.
Der Roman ist damit eben auch eine Hommage an Literatur und die Liebe zu ihr und beschwört deren Vermögen hin und wieder eine Fluchtmöglichkeit für Charlie (und jeden anderen Leser) darzustellen. Eine Fluchtmöglichkeit aus einer Situation, die in Charlies Fall geprägt ist von Rassismus, Scheinheiligkeit, Brutalität und in der selbst Kindesmissbrauch und Folter kein Tabu sind. Dass es Charlie gelingt in diesem Sommer, in dem nahezu alles um ihn herum zusammenbricht bzw. sich als trügerische Unwahrheit herausstellt, erwachsen zu werden, aufrichtig zu sein und Entscheidungen zu treffen, verdankt er dabei sicher zum Teil auch seinen literarischen Vorbildern und in diese Reihe lässt sich der Roman in seiner Vielschichtigkeit schlussendlich selbst eingliedern.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von StJ.
Veröffentlicht am 01.01.2010

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