Wer die Nachtigall stört
- Autor*in
- Lee, Harper
- ISBN
- 978-3-499-21822-4
- Übersetzer*in
- Stingl, Nikolaus
- Ori. Sprache
- Amerikanisch
- Illustrator*in
- Fordham, Fred
- Seitenanzahl
- 288
- Verlag
- Rowohlt
- Gattung
- Buch (gebunden)Comic
- Ort
- Reinbek
- Jahr
- 2018
- Lesealter
- 12-13 Jahre14-15 Jahre16-17 Jahreab 18 Jahre
- Einsatzmöglichkeiten
- –
- Preis
- 20,00 €
- Bewertung
Teaser
Alabama, 30er Jahre des 20. Jahrhunderts. Die Sklaverei ist zwar abgeschafft, aber es gibt nach wie vor ein großes Gefälle zwischen den schwarzen und den weißen Amerikanern. Sogar die absoluten Underdogs, wenn sie weiß sind, fühlen sich jeder dunkelhäutigen Person überlegen. In dieser Szenerie entfaltet sich die Erzählung von Scout, eigentlich Jean-Louise, die mit ihrem Vater, ihrem Bruder Jem und der Haushälterin Calpurnia zusammen lebt.
Mit den naiven Eindrücken eines Kindes, das die Ordnung seiner Welt nicht infrage stellt, aber sich fortwährend über die Ungerechtigkeiten darin beklagt, erzählt die Hauptfigur des Buches, Jean Louise, in der Ich-Form aus ihrem Leben.
Atticus, der Vater, ist Anwalt und ein tief überzeugter Humanist. Er hat seine Tochter nicht als Mädchen, sondern als Mensch erzogen, nicht als dummes Kind, sondern als ernst zu nehmenden Gesprächspartner; ihre Umgangsformen hat sie im Umgang mit Kindern entwickelt und kann auch schon mal kräftig zuschlagen, wenn ihr einer blöd kommt. Aber Atticus bringt ihr und ihrem Bruder Jem bei, jeden Menschen zu respektieren, egal wie benachteiligt, verkommen, kriminell oder krank er sein mag, und immer seine Motive zu ergründen, bevor man sich eine Meinung über ihn bildet.
Beurteilungstext
Mein Lieblingszitat, das ich schon seit Schulzeiten (70er Jahre) im Herzen trage, findet sich auch hier:
„Man kann einen anderen nur richtig verstehen,
wenn man die Dinge von seinem Gesichtspunkt aus betrachtet
– wenn man in seine Haut schlüpft und darin herumläuft.“ (S. 39)
Natürlich ist solcher Humanismus in den Südstaaten dieser Zeit gar manchem ein Dorn im Auge, und so ist es nicht ganz ungefährlich für Atticus, einen „Neger“ vor Gericht zu verteidigen, der beschuldigt wird, ein weißes Mädchen vergewaltigt zu haben. Auch für seine Kinder bedeutet das eine harte Bewährungsprobe.
Die Typen, die Harper Lee in ihrem Roman auftreten lässt, sind so eindrücklich, dass man sie nie wieder vergisst. Alle Sorten Menschen, von freundlich über bigott bis zu richtig unheimlichem Verhalten, sind hier vertreten, und jeder Typ hat einen Namen.
Die Geschichte geht zu Herzen, viele werden sie schon kennen, und allen sei empfohlen, diese Bearbeitung als Graphic Novel anzuschauen. So lebendig wie bei der Lektüre des Romans wird die Szenerie durch die eindrücklichen Bilder und die absolut sinnig ausgesuchten Textteile. Alles ist drin, kein Wort zu viel und keins zu wenig.