Wer die Nachtigall stört

Autor*in
Lee, Harper
ISBN
978-3-499-21822-4
Übersetzer*in
Malignon, Claire
Ori. Sprache
Englisch
Illustrator*in
Fordham, Fred
Seitenanzahl
288
Verlag
Rowohlt
Gattung
Buch (gebunden)Comic
Ort
Reinbek
Jahr
2018
Lesealter
14-15 Jahre16-17 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
20,00 €
Bewertung
empfehlenswert

Teaser

Harper Lees "Wer die Nachtigall stört" ist ein Welt-Klassiker, der angesichts populistischer Umtriebe zu neuer Aktualität gelangt ist. Es beschreibt die rassistischen Umtriebe in den amerikanischen Südstaaten in den 30er Jahren, wurde aber erst 1960 geschrieben. Mittlerweile gibt es einen Film, Hörbücher, seit November 2018 ein Broadway-Theaterstück und nun auch eine Graphic Novel von Fred Fordham.

Beurteilungstext

Um Harper Lees "Wer die Nachtigall stört" gab es kurz vor Harper Lees Tod 2016 noch eine ganze Reihe von Aufregungen. 2014 fand man eine unveröffentlichte Fassung einer Version aus den 50er Jahren, die in Deutschland 2105 unter dem Titel "Gehe hin, stelle einen Wächter" erschien. Im selben Jahr wurde das Buch von Nikolaus Stingl für eine deutsche Neuausgabe überarbeitet. In den USA sorgte dieser Hype dafür, dass das Buch 2016 zu den zehn meistverkauften Büchern gehörte. "Wer die Nachtigall stört", ein Buch, das bei uns vor allem in seiner Verfilmung aus dem Jahr 1962 mit Gregory Peck in der Hauptrolle bekannt wurde, war in den 1990er Jahren in den USA aber auch das Buch, das am häufigsten aus dem Unterricht der öffentlichen Schulen verbannt wurde: Den Konservativen bot es einen zu kritischen Blick auf die amerikanische Gesellschaft, die Progressiven störten sich an seiner rassistischen Sprache, die die Südstaatenmentalität der 30er Jahre ungebrochen aufgriff.
Aus der Perspektive der Kinder Jean Louis (Scout) und Jem Finch wird die Familiensituation eines kritischen weißen Anwalts, Atticus Finch, in dem Staat Alabama in den 30er Jahren dargestellt. Atticus Finch weist in einem Prozess um einen fälschlichen Vergewaltigungsvorwurf gegen den Schwarzen Tom Robinson nach, dass nicht dieser schuldig war, sondern der Bob Ewell, Vater der weißen Mayella Ewell, der seine Tochter erwischt hatte, wie sie Robinson geküsst haben soll und sie dann misshandelte. Obwohl alles für Robinson spricht, wird er von den Geschworenen verurteilt. Finch hofft ihn in einem Revisionsprozess freizubekommen, aber der Schwarze flieht aus der Haft und wird auf der Flucht erschossen. Der Prozess wird von den beiden Kindern beobachtet und sie geraten auch selbst in das Visier der weißen Kritiker ihres Vaters, als Bob Ewell Jem nachts überfällt. Nur weil der menschenscheue Nachbar Boo ihnen hilft, kann sein Leben gerettet werden.
Die Graphic Novel gibt in Pastelltönen und sehr authentischen Bildern der Interieurs, der Mode und des Settings die Atmosphäre der 30er Jahre angemessen wieder. Die Figuren ähneln stark denen, die die Zuschauer aus dem Film von 1962 kennen. Die wörtliche Rede der Figuren folgt relativ genau dem Roman. Und trotzdem: Welche Bedeutung kann ein Comic für die heutige Rezeption des Originals haben? Natürlich kann er eine niedrigschwellige Herangehensweise an einen Klassiker bieten, der wieder aktuell ist. Fraglich ist aber, ob die reine Nachzeichnung einer historischen Situation in der heutigen Situation ausreicht: Ideologische Probleme mit der Sprache werden von den Herausgebern zwar in einem kurzen Nachwort angesprochen, auch die Übersetzung versucht ansatzweise den Dialekt der schwarzen Südstaatler nachzuahmen. Die problematische Rolle der Schwarzen, die durch den Roman zu passiven Opfern gemacht werden, wird ansatzweise überwunden dadurch, dass die Haushälterin Calpurinia eine im Vergleich mit dem Original wichtigere Rolle erhält. Sie ist Mutterersatz und nimmt die weißen Kinder auch mit sich nach Hause, was selbst Atticus' Schwester Alexandra missfällt. Grundsätzlich ist aber zu fragen, inwieweit der Roman eine angemessene Auseinandersetzung mit dem Rassismus darstellt, die "Gutmenschenmanier" von Atticus Finch ist noch keine Antwort auf die tiefsitzenden Gefühle unserer eigenen Gesellschaft und bedürften einer didaktischen Reflexion im Unterricht.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von RPAK; Landesstelle: Rheinland-Pfalz.
Veröffentlicht am 02.01.2019

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