Wenn ich das 7te Geißlein wär

Autor*in
Schneider, Karla
ISBN
978-3-414-82183-6
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Harjes, Stefanie
Seitenanzahl
40
Verlag
Gattung
BilderbuchSachliteratur
Ort
Köln
Jahr
2009
Lesealter
Einsatzmöglichkeiten
Preis
14,95 €
Bewertung
nicht empfehlenswert

Teaser

Zwei kranke Kinder versetzen sich in bekannte Märchenfiguren der Brüder Grimm, überlegen sich Motive, Verhaltensalternativen und lassen dabei ihrer Phantasie freien Lauf, bis sie sich verabschieden müssen.

Beurteilungstext

Karla Schneiders originelle Geschichte besteht aus einem Dialog zwischen einem namenlosen Jungen und dem Mädchen Ottinka Taube, die sich, wie die Illustratorin Stefanie Harjes zeigt, auf einer Krankenstation befinden. Die beiden Dialoganteile stehen dabei jeweils abgegrenzt nebeneinander. Es handelt sich hier nicht um das Erzählen einer Geschichte, sondern um die Wiedergabe eines Rollenspiels, das sich die beiden Kinder ausdenken, indem sie sich in bekannte Märchenfiguren hineinversetzen, deren Handeln zu ergründen versuchen und deren Geschichte sie weiterspinnen. Neben dem im Titel versteckten Märchen "Der Wolf und die sieben Geißlein" wird auch "Rotkäppchen" als Dialogvorlage genommen. Der Austausch der beiden Kinder findet mit ohne Einschub eines Erzählers sehr temporeich nur über den Dialog statt. Während sich der Junge mit dem Jäger aus dem "Rotkäppchen" identifiziert, geht seine Gesprächspartnerin auf diese Rolle ein und bringt durch eigene Überlegungen die Phantasie des Austauschs über dieses Märchen ins Rollen. Der entstehende Dialog zwischen den beiden knüpft dabei nachvollziehbar an Überlegungen und Fragen von Kindern an die bekannten Märchen an und bietet somit viele Redeimpulse und -gelegenheiten. Denn diese können mitfabulieren und werden auch immer wieder überrascht von den Wendungen des Dialogs und von der Überleitung zum Märchen von den sieben Geißlein und zu weiteren Märchenmotiven. So bitten z. B. zwei Hundekinder, die sich später als Wolfskinder entpuppen, um Einlass in das Haus der Geißenmutter und erinnern dabei an "Brüderlein und Schwesterlein". Die direkte Ansprache und die nachvollziehbare kindliche Logik in der Argumentation zeigen, dass sich die Autorin gut in Kinder hineinversetzen kann und Gespür für deren Gefühle und Gedankenspiele besitzt. Der vorgenommene Perspektivenwechsel zwischen den verschiedenen Rollenträgern, z. B. zwischen der Geißenmutter und den beiden kleinen Hunden, leitet Phantasie und Denken an und sorgt für gute Unterhaltung. Karla Schneiders Sprache mit den verständlichen Sätzen, den direkten Anreden und den ansprechenden Bildern spricht Kinder an und bereitet ihnen Vergnügen. Die Illustration Stefanie Harjes' ergänzt den Text kongenial und liefert sogar noch zusätzliche Erläuterungen, wie z. B. die Situation im Krankenhaus als Hintergrund des Gesprächsaustauschs, oder weiterführende Impulse. Die Figuren aus dem Grimmschen Märchen werden in ungewohnter Art und Weise vorgeführt und dargestellt. Als Material der Bildcollagen dienen neben Zeichnungen , die an Kindermalerei und an den Surrealismus anknüpfen, auch Stempelbilder oder -buchstaben, Graffiti, verfremdete Abbildungen alpenländischer Folklore und aus Poesiealben. Kinder werden durch diese Vielfalt der eingesetzten Techniken und Materialien dazu eingeladen, sich die Bilder genau anzusehen, und dazu angeregt, selbst kreativ zu werden. Der den Dialog prägenden Rollentausch der beiden Kinder mit den Märchenfiguren wird auch im Bild dargestellt und verständlich gemacht. So wird aus dem Jungen im Schlafanzug und der Geißenmutter, deren Rolle er einnimmt, eine Figur, an der beide Anteile erkennbar sind: der Körper des Jungen im Schlafanzug kombiniert mit dem Kopf und Schwanz der Geißenmutter. Gegen Ende des Dialogs sieht man beide Kinder mit Tierköpfen im Bett liegen; auf der letzten Seite verabschieden sich beide, Otinka Taube als Wolf und der Junge mit einer Geiß als Spielfigur, auf Nimmerwiedersehen. Hier spielt die Geschichte auf Trennungen an, die unvermeidlich hingenommen werden müssen und denen kranke Kinder ausgesetzt sind. Durch die Einbettung in das Rollenspiel wird der Abschied jedoch erträglicher und gewinnt an Leichtigkeit.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von Pg.
Veröffentlicht am 01.01.2010

Weitere Rezensionen zu Büchern von Schneider, Karla

Schneider, Karla

Die Häuser der Selma Khnopff

Weiterlesen
Schneider, Karla

Marcolini oder Wie man Günstling wird

Weiterlesen
Schneider, Karla

Die Däumlinge

Weiterlesen
Schneider, Karla

Die Geschwister Apraksin

Weiterlesen
Schneider, Karla

Die Geschwister Apraksin

Weiterlesen
Schneider, Karla

Die Geschwister Apraksin

Weiterlesen