Viktor und der Wolf

Schlagwörter

• Freundschaft
• Gefühle

Teaser

Seit dem Tod seines Vaters hat sich Viktor von seinen Freunden zurückgezogen, verbringt seine Freizeit oft allein am alten Güterbahnhof. Doch eines Tages steht ihm dort ein weiterer Einzelgänger gegenüber - ein wilder Wolf. Nur wenige Meter voneinander entfernt, schauen sich beide lange an. Sofort fühlt Viktor eine tiefe Verbundenheit mit dem Tier.
Eine unvermittelte Begegnung, die Viktors Leben nachhaltig ändert und aus der eine besondere Freundschaft entsteht.

Beurteilungstext

Vor zwei Jahren starb sein Vater bei einem Motorradunfall. Seitdem ist der elfjährige Viktor bedrückt, kapselt sich ab. Seine Mitschüler verstehen sein Verhalten nicht, einige ärgern ihn ständig. Die Begegnung mit Streuner - so nennt Viktor den Wolf - reißt den Jungen aus seiner Erstarrung. Noch zweimal sehen sich die beiden am Güterbahnhof. Viktor verringert vorsichtig die Distanz zwischen ihnen. Doch dann wird das Tier eingefangen, vorübergehend in die Quarantänestation des Wildparks gebracht. Inzwischen kreisen Viktors Gedanken nur noch um den Wolf. Er muss ihn wiedersehen! Jeden Tag ist er im Wildpark. Er versucht so nah wie möglich an Streuner heranzukommen, überwindet dabei auch mal Absperrungen. Tierpfleger Konrad ist zunächst verärgert, dann aber beeindruckt von der Hartnäckigkeit des Jungen. Nun darf Viktor an der Seite von Klara, der Tochter des Tierpflegers, als Hilfskraft im Wildpark arbeiten. Von Konrad lernt er viel über Wölfe, im Internet hat er ständig recherchiert - allmählich weiß er viel mehr als andere über die wilden Tiere, ihre Lebensweise, ihr Verhalten, aber auch über illegalen Tierhandel und nicht artgerechte Haltung. Sein Engagement bleibt nicht unbemerkt. Viele Leute sprechen ihn an, fragen nach Streuner. In der Klasse spricht er über Wölfe und ihr Verhalten, Lehrer und Mitschüler sind beeindruckt. Doch das Lebens seines Freundes ist immer noch gefährdet. Nicht nur ein Mal muss Viktor Streuner retten. Es ist eine Vielzahl wichtiger Themen, die der Autor Hannes Klug anspricht: Tod, Trauer, Einsamkeit, Mobbing, Tierschutz, illegaler Tierhandel und jede Menge Wissenswertes über die bedrohte Tierart. Trotzdem ist die Geschichte nicht überladen - im Gegenteil - sie liest sich flüssig, ist kindgerecht, packend, kurzweilig, und informativ. Sehr berührend, für die Leser gut nachvollziehbar wird der Reifeprozess Viktors von einem isolierten, ängstlichen zu einem selbstbewussten, engagierten und verantwortungsbewussten Jungen geschildert. Die ab und zu geschickt eingestreuten Sachinformationen über Wölfe räumen auf mit dem weitverbreiteten Mythos des „bösen“ Tiers und bringen dem Leser das Leben der geschützten Tiere näher.
Abwechslungsreich ist die Erzählweise des Autor. Die Geschichte wird nicht nur aus Viktors Perspektive geschildert, sondern zum Teil auch aus der des Wolfes. So kann der Leser die Geschichte sowohl aus der Sicht des Jungen als auch des Tieres verfolgen, was besonders interessant ist, wenn beide das gleiche Ereignis schildern. Bei der Erzählung aus dem Blickwinkel des Tieres verleiht der Autor dem Wolf auch - sparsam dosiert - einige menschliche Eigenschaften, wie z.B. Glücksgefühl und Erinnerungsvermögen. Das macht dem Leser die Verhaltensweisen und das Leben des Wolfes noch verständlicher, bringt eine nähere Bindung an das Tier. Dank kurzer Kapitel, einer klaren Sprache sowie der schönen, den Text unterstützenden halb- bis ganzseitigen Schwarz-Weiß-Zeichnungen von Barbara Korthues wird das Buch zu einem Lesevergnügen.
Fazit: Eine wunderbare, spannende und berührende Geschichte über eine eindrucksvolle Beziehung zwischen Mensch und Tier, ein Appell für Respekt gegenüber Tieren. Ein Buch, das viele Werte vermittelt und auch in der Schule als Diskussionsmaterial für wichtige Themen eingesetzt werden kann. Sehr empfehlenswert!