Und keiner wird dich kennen - Thriller

Autor*in
Brandis, Katja
ISBN
978-3-407-74493-7
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Seitenanzahl
393
Verlag
Gattung
Krimi
Ort
Weinheim
Jahr
2014
Lesealter
16-17 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Bücherei
Preis
8,95 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Teaser

Nach drei Jahren hat sich Maja endgültig eingelebt, die ultimative Liebe gefunden und da meldet sich der Ex-Freund der Mutter wieder, der wegen Gewalttätigkeit ihr gegenüber für drei Jahre ins Gefängnis gekommen war. Mit Hilfe der Polizei flieht die Familie vor ihm in ein neues Leben weit weg von ihm. Aber er will sich rächen und findet die Familie dennoch. In einem dramatischen Ende findet er den Tod und die Mutter, Maja und der kleine Bruder endlich ein normales Leben.

Beurteilungstext

Von der ersten bis zur letzten Seite schafft es Katja Brandis, die Spannung durchzuhalten, die einem Thriller gebührt. Und sie vollbringt das Kunststück, einen perfekt durchgeplanten Krimi zu schreiben, in dem nicht eine Gewalttat nach der anderen geschieht, sondern alles entweder in der nur angedeuteten Vorgeschichte enthalten oder im Finale nicht zu vermeiden ist. Die Autorin erzählt auktorial, eng an den Gedanken der Protagonisten Maja, 16, des gleichaltrigen Freundes Lorenzo und des Täter Robert bleibend. Robert ist krankhaft eifersüchtig, machtbesessen und völlig gefühlskalt. Die Haft hat keinerlei Änderung in seiner Obsession bewirkt, sein Ziel ist es ausschließlich, Lila, die Mutter Majas, zu ""bestrafen"", um dadurch zu erreichen, dass sie weiter mit ihm zusammen leben will. Für anderes ist kein Platz in seinem Kopf. Seine ehemalige Freundin Lila ist eine von den Frauen, die nicht sehen, wie sie in die Finger eines Gewalttätigen geraten, und wenn sie es endlich verstehen, ist es zu spät. Große Angst beherrscht sie, vor allem, weil sie zu Recht befürchtet, dass Robert ihre Kinder als Druckmittel gegen sie benutzen wird. Dennoch neigt sie nicht zur Panik und bekommt alles rechtzeitig in den Griff. Die Flucht in die fremde Stadt benutzt sie, um einen anderen Beruf zu ergreifen, in dem sie letztlich sogar Erfolg hat. In der finalen Auseinandersetzung zeigt sie sich als Löwenmutter, die ohne Rücksicht und mit kühlem Kopf ihre Kinder verteidigt. Der siebenjährige Elias findet sich erstaunlich schnell und glaubhaft überzeugend mit jeder neuen Situation ab. Nicht er ist das Problem, wie alle glaubten, als sie nach reiflicher Überlegung in das Opferschutzprogramm der Polizei mit völlig neuen Identitäten, Namen und Geschichten einsteigen, sondern die nüchterne Maja. Sie kann es nicht verwinden, zu ihrem neuen Freund Lorenzo keinen Kontakt zu haben. Trotz aller Verbote, mit dem alten Leben in Verbindung zu treten, trifft sie sich mit ihm in München und prompt macht sie der Stalker Robert dort ausfindig.
In der kurzen Zeit, die die Familie in Olching lebt, hat Maja eine Freundin gefunden, die genau richtig ist für sie: mutig, kreativ, impulsiv - das genaue Gegenprogramm für sie. Diese Stella stellt sich als die Rettung heraus: sensibel wie sie ist, bekommt sie mit, in welchen Problemen Maja steckt, und ihre Familie nimmt Mutter und Tochter (und nachher auch noch Lorenzo) auf, als der kleine Elias entführt wird, um ihnen ein sicheres Versteck zu bieten.
An diesem Roman stimmt alles: Sprache und Charaktere sind so nüchtern wie nötig und so emotional wie möglich. Die Gefühlswelt aller beteiligten Personen steht im Vordergrund, aber nicht durch gefühlsselige Beschreibung, sondern durch ihre Gedanken und die Dialoge. Diese sind ein Meisterstück für sich: Mit wenigen Worten werden die Menschen hinter den Worten lebendig, alles bleibt in sich schlüssig, sei es das Familienleben, sei es das Aufgewühltsein der beiden 16-Jährigen in ihrer für sie unermesslich großen Liebe, seien es die Ängste der Mutter oder die Gefühle des Siebenjährigen, der alterstypisch kaum die großen Gefahren erkennen kann, in denen er leben muss - und doch richtig handelt. Und eben auch die abgehobene Fantasiewelt des psychisch kranken Gewalttäters.
Eine der Botschaften der Autorin ist es, auf die Gefahren der Internetwelt hinzuweisen und die Blindheit, mit der auch in harmlosen Fällen junge Menschen noch viel mehr preisgeben, als es Maja und Lorenzo tun, obwohl die beiden genau wissen, wie gefährlich es sein kann, mehr als unbedingt Notwendiges mitzuteilen. Auf der anderen Seite steht der IT-Spezialist Robert, der - ohne dass für den naiven Leser zuviel Detailwissen mitgeteilt wird - auch an Inhalte kommt, die er eigentlich gar nicht erreichen dürfte. Das Internet ermöglicht alles. Auch hier aber gibt es keinen erhobenen Zeigefinger, keine Moralpredigten der Beteiligten oder gar der Autorin. Die Handlung und die Personen sprechen für sich. Sie werden allesamt von der Autorin ernst genommen und damit der Leser ebenfalls.
Dieser Roman hinterlässt Spuren im Gedächtnis des Lesers. Zu genau ist er konstruiert, als dass er auch nur entfernt mit themengleichen Thrillern aus den USA verglichen werden könnte. Nicht nur Lesefutter (ich habe diesen Brandis-Roman in einem Zug durchgelesen), sondern ein lesenswerter Thriller, der haften bleibt.
Ich bin eigentlich dagegen, Literaturpreise für Krimis zu verleihen, dieser aber kommt für mich zumindest erst einmal auf die Auswahlliste des LesePeters. Cjh14.08

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Diese Rezension wurde verfasst von cjh.
Veröffentlicht am 01.01.2010

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