Totenmädchen

Autor*in
Hooper, Mary
ISBN
978-3-570-40072-2
Übersetzer*in
Ernst, Alexandra
Ori. Sprache
Englisch
Illustrator*in
Seitenanzahl
316
Verlag
Gattung
Ort
München
Jahr
2011
Lesealter
14-15 Jahre16-17 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
7,99 €
Bewertung
eingeschränkt empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Die junge Magd Anne Green wird vom Enkel ihres Dienstherrn verführt, schwanger und hat eine Fehlgeburt. Im England des Jahres 1650 stand darauf die Todesstrafe, sie wird gehängt. Sie soll für die Studenten Oxfords seziert werden, dabei stellt man fest, dass sie noch zu leben scheint und beginnt mit Wiederbelebungsversuchen, die gelingen. Die besonderen Umstände ihres Falles lassen deutlich werden, dass seinerzeit Medizin und Justiz noch sehr entwicklungsfähig waren.

Beurteilungstext

Besonders im ersten Teil bedient die Autorin alle Erwartungen eines voyeuristischen Lesers über Sex & Crime im 17. Jahrhunderts - eine äußerst fragwürdige Lektüre. Erst im zweiten Teil wird deutlich, worum es der Autorin wirklich gegangen sein müsste: Die Gesetzgebung bediente die Interessen der Besitzenden, das einfache Volk hatte keine Chance, sich gegen falsche Anschuldigungen zu wehren. Der adlige Sir Thomas verfolgt das junge Mädchen unnachgiebig, als sie ihm offenbart, dass sein Enkel der Erzeuger ihrer Fehlgeburt ist. Es ist ihm ein Leichtes, eine offizielle Gerichtsverhandlung durchzusetzen, die das Hängen des jungen Mädchens zur Folge hat - der Fehltritt seines Enkels wird noch nicht einmal Gegenstand der Verhandlung.
Als die Mediziner entdecken, dass die Gehängte noch Spuren des Lebens zeigt, versuchen sie alles, was in ihrer Macht steht, sie ins Leben zurückzubringen. Zuerst allerdings müssen sie sich fast mit Gewalt gegen die Ansprüche von Sir Thomas durchsetzen, der dies unbedingt verhindern will. Da die Ärzte erfolgreich sind, erliegt er einem Herzinfarkt - so etwas ist ihm zuvor noch nie passiert, dass jemand erfolgreich gegen ihn interveniert. Die Ärzte selbst agieren fantastisch hilflos und suchend, probieren dies und das und eigentlich muss man sich wundern, dass Anne trotzdem ins Leben zurückgerufen wird.
Das Suchen der Ärzte war ein Hauptanliegen der Autorin, so hat sie keinen der allenthalben üblichen Quacksalber beschrieben, die im 17. Jahrhundert noch den Markt beherrschten. Oxfort mag da wirklich eine Ausnahme gewesen sein, jedenfalls, beschreibt die Autorin im Nachwort, hat Anne Green tatsächlich gelebt und Hängung und die Behandlung der Ärzte überlebt.
Das zweite Anliegen war natürlich das Erleben des jungen Mädchens, das keine Möglichkeit hatte, sich gegen die Anschuldigungen des Kindesmordes zu wehren, obwohl ein Gutachten einer Hebamme vorlag, dass ein so kleiner Fötus überhaupt keine Überlebenschance gehabt haben könnte. Unbequeme Aussagen konnten einfach ausgeblendet werden. Anne kam dann in ein Gefängnis, in dem sie auf ihre Gerichtsverhandlung warten musste, und dieses Gefängnis des 17. Jahrhunderts beschreibt sie so detailgenau, dass Charles Dickens Verliese des 19. Jahrhunderts mir dagegen wie moderner Strafvollzug erscheinen.
In zwei Parallelerzählungen erfahren wir die Geschichte Annes. Sie berichtet von ihrem Leben bis zur Hängung im Zustand des Nichts, der Ohnmacht, des Zustandes an der Schwelle des Todes. Das tut sie so klar und auch leserzugewandt, dass der Leser etwas verdutzt wahrnimmt, wie klar ein Mensch zwischen Leben und Tod denken und sein eigenes Leben rekapitulieren kann. Unterbrochen wird diese Rückblende durch Berichte aus dem Diesseits, die der Student für die Ärzte aufschreibt, gekoppelt mit innerem Monolog über das Erleben und seiner eigenen Heilung seiner unendlichen Stotterei durch die Wiederbelebung des hübschen Mädchens vor ihm. cjh11.8

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von cjh.
Veröffentlicht am 01.01.2010

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