Such Dir was aus aber beeil Dich
- Autor*in
- Budde, Nadia
- ISBN
- 978-3-596-80832-8
- Übersetzer*in
- –
- Ori. Sprache
- –
- Illustrator*in
- Budde, Nadia
- Seitenanzahl
- 192
- Verlag
- FISCHER Schatzinsel
- Gattung
- Comic
- Ort
- Frankfurt
- Jahr
- 2010
- Lesealter
- 12-13 Jahre14-15 Jahre16-17 Jahreab 18 Jahre
- Einsatzmöglichkeiten
- Bücherei
- Preis
- 12,95 €
- Bewertung
Schlagwörter
Teaser
“Such Dir was aus, aber beeil Dich! Kindsein in zehn Kapiteln” sind die in Bilder gegossenen Kindheitserinnerungen der Grafikerin und Illustratorin Nadia Budde. Die Spurensuche führt zurück in die DDR - nach Ostberlin, zu den Großeltern aufs Land, an die Ostsee. Zu Mai-Demonstrationen und heimlichem Westfernsehen. Und nicht zuletzt zum Erwachsenwerden. Mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis 2011 ausgezeichnete Graphic Novel.
Beurteilungstext
(Bei dem hier besprochenen Band handelt es sich um die inhaltlich unveränderte 2. Auflage der 2009 ebenfalls im S. Fischer Verlag gebunden erschienenen und inzwischen vergriffenen Erstausgabe.)
Kindheitserinnerungen, DDR-Erinnerungen, Erinnerungen an das Erwachsenwerden - all das ist nicht neu. Und es wäre wohl mehr als berechtigt, zu fragen, was noch ein Titel mehr in diesem Themenkreis soll. Ist doch ohnehin allen eigen, nur subjektiv reflektieren zu können und zu reflektieren. Freilich, auch Nadia Buddes “Such Dir was aus, aber beeil Dich!” ist nicht frei von dieser Subjektivität. Sie nimmt den Leser auf eine Zeitreise mit, die ihn in die Tristesse der DDR in den mittleren und späten 1970er Jahren führt. Für Kinder war hier - auch, weil man vieles einfach (noch) nicht verstanden hat - nicht alles schlecht. DDR-Romantisierung sucht man glücklicherweise trotzdem vergebens.
Zuallererst mag das der Form geschuldet sein, denn Nadia Budde verzichtet darauf, “nur” einen Roman vorzulegen. Sie wählt die Graphic Novel, um ihre Geschichte zu erzählen. Dabei werden die schlicht gehaltenen, im Stil mitunter fast schon grob oder zittrig wirkenden Zeichnungen von meist kürzeren Texten begleitet, die nur selten die Ambiguität der Illustrationen auflösen. Ebenfalls erfrischend ist, dass Budde die Erinnerungen so behandelt, wie es ihnen gerecht wird: Sie sind Gedankensplitter, die einfach aufkommen. “Such Dir was aus, aber beeil Dich” verfügt daher auch über keinen stringenten Erzählverlauf. Vielmehr fügen sich die zehn Kapitel ohne feste Folge während der Lektüre splittergleich zu einem Ganzen “Kindsein” zusammen.
Ein besonderer Reiz liegt darin, dass Nadia Budde hierbei keine nachträglichen Antworten formuliert oder zwanghaft Interpretationen anbietet. Fast scheint es so, dass alles so wiedergegeben werden soll, wie es irgendwann erlebt oder erfahren wurde. Der Geruch der Dauerwelle der Landarbeiterfrauen im großelterlichen Dorf sind ebenso präsent wie ein schwerer Schnupfen, der die Nase verstopft und je nach Lage im Bett auf die eine oder die andere Kopfseite wandert, die Quallen in der Ostsee, die die Füße kitzeln oder die blauen Haare von Margot Honecker und der sauere Regen in Bitterfeld.
Nadia Budde gelingt es auf diese Weise souverän, den kindlichen Blick auf eine längst vergangene Erwachsenenwelt möglichst unverstellt wiederzugeben. Dadurch dürfte der Titel auch für erwachsene Leser attraktiv werden. Denn während sich gerade die jüngeren bestätigt fühlen dürften, wenn sie Buddes Alterego in Pfützen springen, im großmütterlichen Kleiderschrank auf Schatzsuche gehen oder den Sturm mit den eigenen Wangen einfangen sehen, verbirgt sich für die älteren (und ggf. in der DDR aufgewachsenen) der eigentliche Gewinn in der außerordentlich feinsinnigen Ironie, die den einzelnen Zeichnung innewohnt und die den untergegangenen Staat kritisiert, ohne ihn zu richten.
Empfehlung: “Such Dir was aus, aber beeil Dich! Kindsein in zehn Kapiteln” wirft einen ungewöhnlichen Blick auf das Kindsein in der DDR. Der Band verzichtet auf Klischees, schafft es mit der Vielzahl der Bilder, die er festhält, aber dennoch, beim Leser das Gefühl auszulösen: “So ähnlich hast Du das doch auch gemacht.” Wenngleich die gegen die DDR gerichtete Ironie jüngeren Lesern verborgen bleiben dürfte, schmälert sich der Wert für diese nicht, denn das Kindsein in zehn Kapiteln knüpft mit den schrägen Illustrationen unterhaltsam auch an ihre Kindheit an.