Opas Insel

Schlagwörter

• Tod/Sterben

Teaser

Dem Großvater gelingt es, dem kleinen Enkel eine Welt zu hinterlassen, die für den Jungen eine Möglichkeit bietet, ihm in der Vorstellung nah zu bleiben. Er hat Zugriff auf die Geschichten des alten Mannes und findet Trost in den phantasievollen Bildern seiner Erzählungen. Erinnerungsstücke beginnen zu leben und geben Trost über den Tod hinaus. Für den Jungen wird dieser Opa weiterleben und Richtung geben können.

Beurteilungstext

Der Großvater wohnt nur durch einen Garten getrennt von seinem kleinen Enkelsohn. Dieser besucht ihn häufig, hat den Schlüssel zum Haus und kennt die bisher zugänglichen Räume des alten Mannes. Doch eines Tages lernt er den Speicher kennen, auf dem alte Dinge liegen, die dem Jungen bisher fremd waren.
Durch eine verhängte Tür geraten Opa und Sam direkt an Bord eines großen Schiffes, das Kurs auf eine entfernte zauberhafte Insel nimmt. Die Überfahrt bereitet Vergnügen. Auf der Insel angekommen richtet sich der Opa mit seinen Dingen dort ein, Sam und die zum Leben erweckten Mitreisenden - seine alten schönen Tiere vom Dachboden - von zu Hause helfen ihm dabei. Es gibt viel zu entdecken auf der Insel, was auch einmal auf dem Dachboden verwahrt wurde. Dinge, die mit Erinnerungen beinhalten. Eine Weile leben sie nun zusammen, baden, genießen die Wärme, die Farben und die Vielfalt der Pflanzen und Tiere. Doch dann möchte der Opa gerne alleine zurückbleiben. Sam fragt :“Wirst du dich nicht einsam fühlen?” Opa antwortet: “Nein, ich glaube nicht.”
Sam nimmt Abschied für immer und lässt seinen Großvater mit all den belebten Bildern auf seiner Insel zurück. Er selbst wird ihn sehr vermissen. Doch er ist in der Lage, die Rückreise auch allein zu meistern und wieder in Opas Haus anzukommen.
Später wird er einen Brief seines Opas finden: Ein Bild von dessen Insel offensichtlich. Mit seinen Tieren blickt er dem Enkel fröhlich entgegen. Es geht ihm gut, dort, wo er ist.

Dieses Buch muss langsam betrachtet werden. Auf den ersten Blick fallen die wunderschönen Bilder auf und die Stimmung, die von ihnen ausgehen. Es scheint ein Buch zu sein, das zunächst die gelungenen etwas phantastisch ausgemalten Abenteuer eines Großvaters mit seinem Enkel erzählt.
In diesem Bilderbuch ist aber die eigentliche Erzählung in den kurzen Texten versteckt. Dass es ein besonderes Seemannsgarn ist, das der Opa dort spinnt, wird gegen Ende deutlich. Dass es nicht nur Phantastik ist, seine Geschichten nicht real sein können, wird deutlich, wenn der Großvater durch die Tür geht und das Schiff problemlos das Häusermeer teilt. Plötzlich sieht der Junge etwas, was er eigentlich längs hätte bemerken müssen. Eine neue Ebene/Dimension öffnet sich ihm.
Auch wenn ein Kind einen solchen Großvater selbst niemals kannte, bietet das Buch mit Text und Bildern eine wunderbare Möglichkeit, mit dem Verlust des eigenen Großvaters umzugehen. Die eigene Phantasie erlaubt es, dass Bilder entstehen können.
Und sonst ist es ein schönes Buch, das einfach die Geschichte vom Verständnis zwischen Opa und Enkel erzählt und unaufdringlich auf ein Abschiednehmen vorbereiten kann. Aber nicht muss.
Und wenn es tatsächlich einen ähnlichen Menschen gab im Leben eines Kindes, der nun nicht mehr ist, gibt dieses Buch Trost. Auch für die Erwachsenen und ihre Abschiede, vielleicht sogar für die, die über das Sterben nachdenken müssen. Es ist ein wunderbares Buch.
Besser kann man nicht zeigen, wie mit einem großen Verlust umgegangen werden kann.