Minu und der Geheimnismann

Autor*in
Karimé, Andrea
ISBN
978-3-7074-5289-1
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Habinger, Renate
Seitenanzahl
26
Verlag
G&G Verlag
Gattung
BilderbuchBuch (gebunden)
Ort
Wien
Jahr
2023
Lesealter
4-5 Jahre6-7 Jahre8-9 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Vorlesen
Preis
16,00 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Schon der Einband vermittelt den Eindruck von etwas Geheimnisvollem: Welch merkwürdige Pflanze soll das sein, an der alle Blätter und Blüten anders aussehen? Ist alles nur einem Stängel herausgewachsen? Ist es der Kopf der älteren Person etwa auch? Minu, die bei der Pflanze steht, scheint sich nicht zu wundern. Sie hört ja sogar das Gras wachsen! Der blaue Vogel über ihr, der auf einem anderen Blatt sitzt, versteht sie sofort, auch wenn nur Oma, Minu oder der Geheimnismann ihn sehen können.

Beurteilungstext

Beim Auf- und Weiterblättern tauchen weitere ungekannte Blüten und Pflanzen auf. Sie werden – zusammen mit den Abbildungen von durchaus bekannten einheimischen Vögeln - bereits im inneren und hinteren Einband vorgestellt. Mit jeder Seite geht es mit ungewöhnlichen Bildern und in phantasiereicher Sprache weiter. Die Welt scheint eine andere zu sein. Sie ist so, wie alle Kinder möglicherweise ihr Weltwissen und ihre Sprache erwerben. Für sie steht hier das sehr verträumt gezeichnete Mädchen Minu.
Indem wir Minu kennen lernen, sogar nach und nach ihren Überlegungen folgen, verwundern uns Bilder und Sprache nicht mehr. Dabei ist der Vogel mit den goldenen Augen zunächst nur von ihr zu sehen. Papa sieht ihn nicht. Himmi ist ein echter Freund. Sie kann es spüren, wenn er mit ihr kuschelt. Oma, die „ Weit-weg-Person“, die in „Kalif Horni“ wohnt, würde ihn sicher sehen können. Das weiß Minu bestimmt. Irgendwann wird Oma kommen. Darauf freut sich Minu und hofft darauf, dass das „Irgendwann“ doch schon morgen wäre.
Der sonst wohlwollende Papa teilt ihre „Flausen“ nicht, kann auch „das Gras (nicht) wachsen hören“. Er lässt ihr aber ihre eigene Welt, denn er arbeitet viel und hat oft zu wenig Zeit für sie. Die Eigenheiten des Mannes aus dem Haus gegenüber führt er auf sein Alter zurück. Er ist offenbar einfach nur sehr alt. Für Minu ist er der „Geheimnismann“. Es gibt bei ihm und an seinem Haus und Garten sehr viel zu beobachten. Für Manches muss sie eigene Erklärungen finden.
Minu beobachtet nicht nur ihn, sondern auch alles um sie herum. Sie ist beeindruckt von der Natur. Da gibt es Pflanzen, die tags nicht zu sehen sind aber nachts plötzlich blühen. Die kann Papa auch nicht sehen. Es ist eine Flüsterblume. Vielleicht kennt der alte Mann sie ja. Sie wächst an seinem Haus.
Als sie eine besondere Tasche entdeckt, die der Alte offenbar verlor, ergreift sie die Gelegenheit, um ihn kennen zu lernen. „Ta-la-la-man Tü-mi-an“ steht auf dem Schild an seiner Tür. Sie übergibt die Tasche, die er schon vermisst hat. Er hat Blümchen im Bart. Er lädt sie und den Vater zu sich ein. Er ist toll, denn er sieht den Vogel. Er kennt die Flüsterblume, die dunkle Blume, deren Blütenblätter lauter Nachtfalter sind. Sie fliegen natürlich nur nachts auf. Er weiß, dass Flausen eigentlich Gedanken sind und „Blumen Marmelade für die Flausen“. Auch er vermisst jemanden, nämlich seine Frau. Sie hat auf dem Foto „Haare wie Schneekristalle“, findet Minu. Minu trifft sich erneut mit dem Geheimnismann, der so viele Geheimnisse kennt. Viele ihrer Fragen kann er beantworten.
Als er an einem der nächsten Tage das Gras wachsen hört, zeigt er Minu seine Wunschblume. Sie trägt winzige Gestalten, die an Schirmchen an ihr hängen. Sie heißen Schirminen und nehmen die Wünsche mit in den gläsernen „Schick-Saal“ im Weltall. Manche der Wünsche gehen dann auch in Erfüllung. Das Licht der Wünsche ist zu sehen, wenn die Sonne untergeht oder aufgeht.
Als Papa sie abholt, flüstert sogar der einen Wunsch. Oma wird morgen kommen. Also ist morgen ein kleines „Irgendwann“ für Minu.
Leider finden die betrachtenden Kinder diese Figuren an den Schirmchen nicht in den Zeichnungen von Renate Habinger, obwohl sie ganz genau hinschauen. Die sehen wohl nur die Kinder, die ebenfalls das Gras wachsen hören können. Aber viele andere phantastische Blüten und Blätter könne sie im Buch entdecken. Ganzseitige Bilder auf weißem Grund lassen viel Raum zum Schauen und Ergänzen. Der Text, mit einzelnen weiteren Zeichnungen steht meist auf der Nebenseite. Geheimnisvolles ist in hellem Grün geschrieben. Der Satz lässt Freiräume. Durch klare Absätze für die Erzählung und die Gedanken und eingerückte Dialoge, ist er leicht lesbar und lädt zum Innehalten ein.
Zarte Farben führen in die Welt von Minu, in der auf den Blättern Menschlein und Tiere wohnen. Die Namen und das Aussehen der Blumen verraten ja selbst schon viel: Stiefmütterchen, Gruselblumen, Drakulablumen, Elfenschuhe. Mitten unter ihnen haben sich die Gesichter der Großmutter und der Frau des Geheimnismannes versteckt. Wenn sie genau hinhören, scheinen sich die Geheimnisse von Minu aufzulösen. Ist der Geheimnismann der, der sie ihr alle erklären kann? Die Bilder lassen ahnen, was in dem kleinen Mädchen in seiner Phantasie passiert.
Die Sprache der Autorin fasst die Flausen in eine schöne Sprache. Jedes Kind hat sicher solche Flausen im Kopf und kann - wenn man es ihm zulässt - „ das Gras wachsen hören“.
Wenn hingehört wird, können Listen entstehen, die Andrea Karimés Wortdeutungen (z.B. Schick-Saal ) sicher in nichts nachstehen werden. Die sollte man aufschreiben. Zeichnungen und Erklärungen können Kinder oft dann selbst versuchen.
Schön, wenn Kinder ein Gegenüber finden, das alle Gedanken zulässt und blühen lässt. Manchmal sind es die Großeltern, manchmal Eltern selbst oder Freunde. Manchmal ist es auch ein merkwürdiger Nachbar, der sich in Garten und Natur nach dem Tod seiner Frau Erinnerungen an sie geschaffen hat, die auch für ihn existent sind.
Ob etwas für Andere sichtbar und hörbar ist stört ihn nicht. Schön, wenn er ein Kind findet, das ihn ebenso ernst nimmt.

Anmerkung

Tipp: gemeinsam anschauen und lesen

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Diese Rezension wurde verfasst von stoni; Landesstelle: Nordrhein-Westfalen.
Veröffentlicht am 06.05.2023

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