Meine Mutter, die Fee

Autor*in
Huppertz, Nikola
ISBN
978-3-86429-369-6
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Krejtschi, Tobias
Seitenanzahl
36
Verlag
Tulipan
Gattung
BilderbuchBuch (gebunden)Sachliteratur
Ort
München
Jahr
2018
Lesealter
4-5 Jahre6-7 Jahre8-9 Jahre10-11 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Bücherei
Preis
15,00 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Teaser

Fridis Mutter ist seit einiger Zeit sehr in sich gekehrt und nimmt kaum noch am Familienleben teil. Fridi ist sauer und versteht nicht, was mit ihrer Mutter passiert, bis Fridis Vater ihr ein Geheimnis über ihre Mutter verrät.

Beurteilungstext

Fridis Mutter hat Depressionen. Sie sitzt viel allein im Sessel, beachtet ihre Flötenschüler nicht mehr und kommt irgendwann gar nicht mehr aus dem Zimmer. Das merkt auch Fridi. Zudem sagen alle, dass Fridis Mutter verrückt geworden sei. Doch auf der anderen Seite gibt es da auch schöne Momente zwischen Fridi und ihrer Mutter, in denen sie gemeinsam Bilder ansehen oder die Mutter etwas auf ihrer Flöte spielt.

Doch mit der Zeit verändert sich die Mutter immer mehr, sodass auch Fridi anfängt zu glauben, was alle sagen, bis ihr Vater ihr die Wahrheit über ihre Mutter erzählt. Fridis Mutter sei eine Fee in der Welt der Menschen, die sich dem Vater vor langer Zeit zu erkennen gegeben habe. Aber auch das ist für Fridi erst gar nicht so einfach zu verstehen, da sie immer nur von singenden und zauberhaften Feen gehört hat. Doch als Fridi ganz genau hinsieht, versteht sie die leisen Signale aus der Feenwelt ihrer Mutter.

Wie soll ein Kind eine Krankheit verstehen, die auf den ersten Blick gar nicht wie eine Krankheit aussieht? Alles verändert sich ohne ersichtlichen Grund. Durch Fridi, der Ich-Erzählerin, wird dem Leser die kindliche Perspektive auf die Depressionserkrankung ihrer Mutter näher gebracht. Dabei schildert Fridi nicht nur ihre eigenen Sorgen und Gefühle, sondern vermittelt dem Leser noch eine dritte Perspektive, da in den Erzählpassagen rückblickend immer Äußerungen ihrer Umgebung mit aufgenommen werden. Die Texte sind in einer einfachen Sprache geschrieben. Zudem machen Redepassagen den Text lebendig. Durch intertextuelle Bezüge zu den eher bedrückend wirkenden Gedichten „Um Mitternacht“ von Eduard Mörike und „Der Abend“ von Joseph von Eichendorff, die am Ende des Buches in voller Länge abgedruckt sind, werden Verweise zu den Gefühlen der Mutter hergestellt.

Ergänzend verbildlichen die doppelseitig angelegten Illustrationen durch die reduzierte Farbwahl eine Umgebung der Einsamkeit und innerer Traurigkeit. Gedämpfte Rot-, Blaugrün- und Grautöne dominieren die Zeichnungen. Die Personen und Gegenstände werden im Buch flächenhaft, fast schon abstrakt dargestellt. Die bedrückende Atmosphäre wird auch durch die in den Illustrationen abgebildeten Bilder von Arnold Böcklin, Edvard Munch und Caspar David Friedrich unterstützt. Im Gegensatz zum Rest der Wohnung wirkt Fridis Zimmer jedoch viel lebendiger. Poster mit lachenden Comicfiguren hängen an den Wänden und unterstreichen den eigentlich sorgenfreien Alltag von Fridi vor der Erkrankung ihrer Mutter. Die Illustrationen wirken durch die Kompositionen und Darstellungen der Situationen so stark, dass sie auch allein eine enorme Aussagekraft entwickeln und den Leser an der Familiensituation teilhaben lassen.

Besonders einfühlsam gelingt die Übertragung der Krankheit auf eine bildliche Ebene, die es Fridi, exemplarisch für alle Kinder, die mit einer Depressionskrankheit konfrontiert sind, ermöglicht, die nicht klaren Veränderungen der Mutter zu deuten. Außergewöhnlich ist, dass die Krankheit die Mutter nicht ausgrenzt, sondern durch die Einbettung in die Feengestalt als etwas Wertvolles hervorhebt. Damit wird die Gestalt der Fee quasi metaphorisch dargestellt. Die Flügel von Fridis Mutter sind auf jedem Bild angedeutet, doch sie verändern sich an der Stelle, an der Fridi die Krankheit der Mutter zu verstehen beginnt. Dann kann Fridi, aber auch der Leser, die Flügel ganz klar sehen.

Durch einen Zeitsprung und eine Prolepse erfährt der Leser, dass Fridis Mutter sich auf eine Reise begibt. Danach ist sie nicht mehr zu sehen. Dieses offene Ende sieht von einem klassischen Happy End ab, gibt dem Leser aber Hoffnung und Mut, da Feen immer zu den Menschen gehören, denen sie sich zu erkennen gegeben haben. Das Bild der Fee ist polyvalent und tritt an die Stelle der Erkrankung, sodass jegliche Sorgen und Ängste in ein hoffnungsvolleres Licht gerückt werden.

Einfühlsam wird mit der Geschichte um Fridi und ihre Familie Bezug zu einer realen Thematik in der kindlichen Lebenswelt genommen. Die negativen Facetten der Krankheit bleiben nicht verborgen, die kindgerechte Einbettung in einen fantastischen Kontext gibt aber Hoffnung und Mut.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von 18gast; Landesstelle: Niedersachsen.
Veröffentlicht am 18.02.2019

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