Meine Freundin MIA

Autor*in
Pohl, Peter
ISBN
978-3-446-23791-9
Übersetzer*in
Kicherer, Birgitta
Ori. Sprache
Schwedisch
Illustrator*in
Seitenanzahl
144
Verlag
Hanser
Gattung
Ort
München
Jahr
2012
Lesealter
14-15 Jahre16-17 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Bücherei
Preis
13,30 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Linas Mutter ist Alkoholikerin. Die 11jährige versucht alles, um das Versagen der Mutter vor der Umwelt, Schule, Kindergarten des kleineren Bruders zu verbergen. Das zwingt sie immer wieder zum Lügen und macht sie einsam. In der Klasse 5b hat sie seit einigen Monaten eine Freundin, Mia, mit der sie lachen und schwätzen kann, aber erst als die Mutter sie rauswirft, weil sie Männerbesuch hat, gestehen sich die Mädchen ihre Lügen ein. Hilfe gibt es nur ansatzweise durch eine befreundete Familie.

Beurteilungstext

Wieder greift der schwedische Autor ein Problem heutiger Kinder auf und schreibt darüber einen hinreissenden Kinderroman, den man vielen Lehrern und Eltern empfehlen möchte. Laut Statistik leben 20% aller Kinder in Schweden in einer Familie, in der einer oder beide Eltern zuviel trinken. Die Zahlen für Deutschland sind ähnlich hoch.
Es ist eine Freundschaftsgeschichte, das ist das tröstliche, einer Freundschaft zwischen zwei Elfjährigen, die aufgrund des Versagens ihrer Eltern allein gelassen sind und sich nur durch Lügen durch die Anforderungen ihres Alltags winden können. Dennoch zeigen sie Verhaltensweisen wie andere Elfjährige, sie schwatzen ständig, kichern, spielen miteinander, entwickeln ihren eigenen Sprachcode und ....belügen sich.
Pohl folgt zunächst Lina in ihrem Alltag, beschreibt in eindrücklichen kleinen Szenen, wie sie nach Hause kommt, voller Angst, in welchem Zustand sie die Mutter vorfinden wird. Er greift in ihren Gedanken auf typische Erfahrungen zurück, kein Essen im Haus, Schlüssel vergessen, Gewaltausbruch der Mutter, Launenhaftigkeit, Vorwürfe etc. Dagegen setzt er die Anforderungen von Schule und Kindergarten, die Lina immer wieder zu Ausflüchten und Lügen zwingen, denn ihre größte Angst ist die Auflösung der Familie, weil sie es nicht schafft, den Schein zu wahren.
Voller Anteilnahme folgt man als Leser den beiden Geschwistern, wenn Lina ihren verschlafenen Bruder morgens nicht wachkriegt und deshalb zu spät zur Schule kommt. Über den kleinen Bruder gibt es allmählich eine Brücke zu einem verständnisvollen Erwachsenen, der Lina und Mia Hilfe nicht nur verbal anbietet, sondern praktisch leistet. Aber damit ist noch kein Weg aus der Familienkonstellation beschritten. Diesen lässt der Autor offen, wohl auch weil die offiziellen Wege, die ja auch die Lehrerin und die Erzieherin anbieten, dem Dilemna der Kinder nicht angemessen sind.
Doch der Autor lässt die beiden Mädchen sagen: “Die Erwachsenen haben immer die Verantwortung”, und man setzt in Gedanken hinzu, nicht die Kinder, selbst wenn die Erwachsenen derartig versagen wie Linas Mutter und Pias Eltern, die in ihrer Hilflosigkeit und Abhängigkeit ihren Kindern immer mehr Verantwortung aufbürden, als diese zu tragen imstande sind.
Gebrochen wird die Thematik noch einmal durch eine fast absurde Szene, als eine Autorin einen Lesebesuch in der Klasse macht und aus einem ihrer Bücher vorliest, das von einem Elfjährigen handelt, dessen Eltern trinken. Die Klasse der Elfjährigen soll darüber diskutieren, was man für diesen Jungen tun könnte, aber weigert sich. Und Lina stellt fest, dass sie nicht einmal ihrer besten Freundin zu sagen wagt, wie es in ihrer Familie zugeht.
Die Sprache Pohls, sein Verständnis für dieses Zwischenalter zwischen Kind und Jugendlicher, machen den Text auch schon für Jüngere lesbar, selbst in den reflektierenden Passagen. Dennoch bleibt es ein Buch, das man einer Elfjährigen kaum, vielen Erwachsenen unbedingt in die Hand geben mag.
Der Autor, geb. 1940, im Hauptberuf Dozent für numerische Analyse an der Königlichen Technischen Hochschule in Stockholm, nimmt in allen seinen Büchern dezidiert Partei für die Kinder, besonders für diejenigen, die von den Erwachsenen allein gelassen, überfordert, vergessen werden. Das hat ihm teilweise die Kritik eingebracht, er schreibe zu düster. Aber Hoffnung gibt es wie in diesem Buch durch die Stärke der Kinder und ihre Freundschaft.
Andere Bücher von Pohl sind in regelmäßiger Folge oft erst gebunden, später als Taschenbücher erschienen: Nennen wir ihn Anna, 1991; Ich bin Malin, 1992; Der Regenbogen hat nur acht Farben, 1993; Während der Regenbogen verblasst, 1995; Du fehlst mir, du fehlst mir, 1994; Jan, mein Freund, 1995; Glittras Auftrag, 1997; Aber ich vergesse dich nicht, 1998; Unter der blauen Sonne, 2002; Ich werde immer bei euch sein, 2003; Anton, ich mag dich, 2010;

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Diese Rezension wurde verfasst von uwo.
Veröffentlicht am 01.01.2010

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