Kellerkind

Autor*in
Dieltiens, Kristien
ISBN
978-3-8251-7970-0
Übersetzer*in
Schweikart, Eva
Ori. Sprache
Niederländisch
Illustrator*in
Seitenanzahl
416
Verlag
Urachhaus
Gattung
Buch (gebunden)Erzählung/Roman
Ort
Stuttgart
Jahr
2016
Lesealter
14-15 Jahre16-17 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Bücherei
Preis
19,90 €
Bewertung
empfehlenswert

Teaser

Wer ist Kaspar? Wer ist Michael? Die bekannte Geschichte des Kaspar Hauser wird hier neu erzählt und mit dem Lebensweg des Michael im frühen 19. Jahrhundert verbunden.

Beurteilungstext

Parallel, jedoch nicht chronologisch, entwickeln sich die beiden Handlungsstränge um die Hauptfiguren und erst zum Ende wird die Verbindung hergestellt. Während des Lesens schwebt stets die Frage im Raum: Was haben die beiden Geschichten miteinander zu tun? Doch Geduld wird belohnt, es entwickelt sich ein Panorama der damaligen Zeit und der Lebensumstände Michaels, eines Jungen aus einfachen Verhältnissen und des Findelkindes Kaspar.
Michaels frühe Kindheit ist geprägt von der Liebe und Fürsorge seiner Eltern. Doch als sein Vater stirbt und die Mutter mit dem Jungen allein dasteht, wird das Leben schwer. Obwohl seine Mutter ihn immer liebevoll umsorgt und beschützt, erschüttert ihre neue Ehe das Vertrauen und die Lebensfreude des Jungen. Nun muss Michael nicht nur mit den Hänseleien über seine Krankheit (Lippen-Kiefer-Gaumenspalte) fertig werden, sondern auch noch das abweisende Wesen seines Stiefvaters kompensieren. Aus der Ich-Perspektive erlebt der Leser die inneren Nöte des Jungen und die Zwänge der damaligen Zeit intensiv mit. Es ist besonders bewegend, wie die große Liebe seiner Mutter, das Andenken an seinen Vater und die Flucht zu den Heiligen in Form von Bildchen ihn stärken und alle Widrigkeiten überwinden lassen.
Kaspars Leben wird aus der personalen Erzählperspektive der Isolde und den von ihr gelesenen Tagebucheintragungen des Kaspar Hauser aufgerollt und schlüssig entwickelt. Isolde, die Tochter des Rittmeisters von Wessenig (reale Gestalt; an ihn war der Brief adressiert, den Kaspar Hauser bei seinem Auftauchen 1828 in Nürnberg in der Hand hatte), ist warmherzig und offen und wird so zur besten Freundin Kaspars.
Die Kapitel werden mit einer anthrazitfarbigen Seite eingeleitet, worauf ein treffendes Sprichwort oder ein Ausspruch über dem Namen des jeweiligen Protagonisten Kaspar oder Michael steht und eine graue Vignette eingestreut ist, für Michael ein Hase und für Kaspar ein Pferd mit abgebrochenen Beinen. Michael bezeichnet sich selbst als Hase, aber eher im Sinne von Angsthase, jedoch auch mit dem Hintergrund seiner Krankheit und der alltäglichen Hänseleien, die er ertragen muss. Für Kaspar ist das Holzpferdchen mit den abgebrochenen Beinen das einzige und geliebte Spielzeug während seiner Kindheit in Gefangenschaft. Es versinnbildlicht aber auch die Behinderung für Kaspar, der bis zum 16. Lebensjahr nie laufen konnte und nichts wusste von der Welt, die er nun so langsam entdecken kann. Auf der letzten Anthrazitseite treffen das Pferd und der Hase zusammen.
Diese gestalterischen Elemente strukturieren das Buch und illustrieren den traurigen Grundtenor, der das Buch durchzieht. Und obwohl das Schicksal Kaspar Hausers bekannt ist, erzeugt die Autorin einen durchgehenden Spannungsbogen und die Identifikation mit den Hauptfiguren, die den Leser fesseln und ihn mitfiebern lassen bis zum Ende.
Tolle literarische Aufarbeitung des Rätsels um Kaspar Hauser, das nie vollständig geklärt werden konnte.

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Veröffentlicht am 24.12.2016

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