Ich war dabei - Geschichten gegen das Vergessen

Autor*in
Pausewang, Gudrun
ISBN
978-3-551-37531-5
Übersetzer*in
Ori. Sprache
/
Illustrator*in
(Unschlaggest.), formlabor
Seitenanzahl
192
Verlag
Carlsen
Gattung
Ort
Hamburg
Jahr
2007
Lesealter
12-13 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Klassenlektüre
Preis
5,95 €
Bewertung
empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

In zwanzig Geschichten wird von der Verblendung Jugendlicher durch Nazi-Propaganda, vom Krieg und von der Zeit danach erzählt.

Beurteilungstext

Während Gudrun Pausewang auf einem Fensterplatz im ICE sitzt und sich “Gedanken über Themen” für ihr “nächstes Buch” macht, erzählt die alte Frau gegenüber vom Krieg und vom Verhalten ihrer Familie, als jüdische Nachbarn von “Uniformierten” abgeholt werden. Nun hat die Autorin ihr Thema gefunden. Schließlich kann sie von sich selbst sagen, “Ich war dabei” - so lautet dann auch der Titel des Buches - und natürlich hat sie, wie sie im Nachwort betont, die Nazizeit “sehr wach und bewusst erlebt”, was Leser bei der Lektüre der Geschichten, die teils autobiografisch sind oder über das Verhalten anderer berichten, dann auch zugeben müssen.
Die Autorin, die in ihrem Schreiben stets ein Gespür dafür zeigt, für welche Themen Zeit und Gesellschaft reif sind, steht nun in ihren Geschichten dazu, als “Jungmädchen” in ihrer niederschlesischen Heimat den Naziparolen und -liedern, die im Elternhaus, in der Schule und der Jugendorganisation auf sie einwirkten, verfallen gewesen zu sein. Durch “Rassekundestunde” im Unterricht dazu verführt, taxiert sie nicht nur sich selbst, sondern auch ihre Mitschülerinnen nach der “Rassenwerte-Skala”. Gläubig singt sie Lieder von Hans Baumann, den sie als Nazi-”Liedermacher” bezeichnet und damit einen Begriff verwendet, der richtiger der Protestbewegung der 68er Jahre zuzuordnen ist. Am “Waffenstillstandstag”, der längst als Tag der Befreiung gesehen wird, kauert sie im “Fichtendickicht”, singt zwar nicht selbst nach Günter-Grass-Manier, beobachtet aber einen auf dem Kutschbock sitzenden Russen und ist verwundert, denn “Dann begann der Bursche zu singen.” Die Ich-Erzählerin, die ihre Meinung über “die” Russen revidieren muss, vertieft sich natürlich nun “mit brenndem Interesse in die Werke Tolstois, Dostojewskis und Gorkis” (wobei noch Solochovs “Der stille Don” aufschlussreich gewesen wäre!). Trotz spürbarer Eitelkeit in der Selbstdarstellung und trotz des erhobenen Zeigefingers vermitteln die Erzählungen das Bild einer Generation, die entweder verdrängt, was geschehen ist oder ein Leben hindurch auf der Suche nach Antwort auf die verstörende Frage ist, wie das alles geschehen konnte. Als Schullektüre, wozu die Taschenbuchausgabe sicher gedacht ist, sind den, laut Untertitel, “Geschichten gegen das Vergessen” jedoch kritische Leser zu wünschen - Lehrer vor allem, die sich fragen, ob der im Buch wiederholte Hinweis auf das Judenbild im “Stürmer” und im “Giftpilz” u.a. den Opfern des Nationalsozialismus nicht abermals die Würde nimmt und ob in der Vertriebenenpolitik über “hier Recht und dort Unrecht” diskutiert werden sollte, oder ehrlicher über die Ursache und deren Wirkung.

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Diese Rezension wurde verfasst von Wie.
Veröffentlicht am 01.01.2010

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