Herr von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland

Autor*in
Fontane, Theodor
ISBN
978-3-407-76062-3
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Hogrogian, Nonny
Seitenanzahl
32
Verlag
Beltz & Gelberg
Gattung
BilderbuchSachliteraturTaschenbuch
Ort
Weinheim
Jahr
2008
Lesealter
4-5 Jahre6-7 Jahre8-9 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Klassenlektüre
Preis
6,50 €
Bewertung
empfehlenswert

Teaser

Theodor Fontanes berühmteste Ballade ist Generationen von Schülern bekannt. Sein Tonfall ist heiter und freundlich, denn der großzügige Herr von Ribbeck sorgt sogar über seinen Tod hinaus dafür, dass die Kinder etwas von seinen Birnen abbekommen. Die Holzschnitte der amerikanischen Künstlerin Nonny Hogrogian inszenieren diese Ballade in grafischer Einfachheit. Das Format der Minimax-Reihe ermöglicht es, diesen Klassiker kostengünstig und handlich Kindern (und Erwachsenen) zugänglich zu machen.

Beurteilungstext

Die Ballade von Fontane erzählt die Geschichte des freigebigen Herrn von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland. Dieser verschenkt die Birnen des Baumes in seinem Garten an vorbeikommende Kinder, die er in märkischem Platt anspricht („Lütt Dirn, kumm man röwer, ick hebb ’ne Birn“). Sein Sohn dagegen ist geizig. Als der alte Ribbeck seinen Tod nahen fühlt, verfügt er, dass ihm eine Birne mit in sein Grab gelegt werde. Aus dieser sprießt ein neuer Birnbaum, von dessen Früchten sich die Kinder weiterhin frei bedienen können, obwohl sein Erbe den Garten und den dortigen Baum streng unter Verschluss hält.
„So spendet Segen noch immer die Hand
Des von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland.“

Soziales Handeln und Menschlichkeit sind Themen, die in Zeiten der wirtschaftlichen Folgen von Globalisierung und Migration in der öffentlichen Debatte sehr kontrovers diskutiert werden und zu denen es sehr unterschiedliche Auffassungen geben kann. Die Geschichte des Herrn von Ribbek verhandelt dies zwar in einem für Kinder nicht mehr lebensweltlichen (historischen) Gewand, dennoch bietet gerade der Abstand zum konkreten Erfahrungsraum und die symbolische Verhandlung die Möglichkeit, „geschützt“ und ohne „Betroffenheitspädagogik“ über Fragen nach Hilfsbereitschaft und Menschlichkeit zu sprechen. Denn der Wert der Birnen, die Herr von Ribbek verschenkt, ist heute natürlich nicht mehr gleichzusetzen mit dem Wert, den eine solche Frucht im 19. Jahrhundert für ein Kind haben konnte - in dem es im Zuge von Missernten und dem Pauperismus der Frühindustrialisierung noch Hungersnöte in Deutschland gab - dennoch wird im Umgang des jungen und alten Herrn von Ribbek mit dem Birnbaum ein eindrückliches Bild dafür geschaffen, wie materielle Güter bzw. Reichtum verteilt werden.
Die Minimax-Ausgabe bleibt ganz am Originaltext von Fontane- ohne Übertragungsversuche in einfache Sprache oder (erklärende) Erweiterungen. Der Text ist dabei in Schwarz und Schriftgröße 12 in Times New Roman zurückhaltend als eigenständiger Block neben den Illustrationen positioniert. Visuell stehen demnach die Bilder im Vordergrund, welche sich stimmig durch ihre gemäßigte Buntheit (Figuren Schwarz, Natur grün-orange) und eine patinierte Erscheinung zum Text fügen. Auf inhaltlicher Ebene ergänzen sich Text und Bild jedoch gegenseitig, denn auch die Bilder sind nicht (mit Details) überfrachtet.
Die Illustratorin Hogrogrian ist eine amerikanische, mehrfach ausgezeichnete Illustratorin, die hier mit sehr einfachen Mitteln wirkungsvolle Bilder inszeniert, z.B. wenn auf der Beerdigung des alten Ribbeck nur die schwarzen Rücken von Menschen mit Regenschirmen aneinandergereiht werden. Diese visuelle Erzählstruktur ist sicherlich nicht kompatibel mit den Bildern, denen Kinder in ihrer kindlichen Alltagswelt heute begegnen, sie bieten jedoch Raum zur Imagination. Denn die Holzschnitte von Hogrogian sind im Gegensatz zu anderen Bilderbuchadaptionen weniger einer „kindgerechten“ als vielmehr einer ästhetisch anregenden Darstellung ausgewählter Textinhalte verpflichtet, wobei ihre schlichten Darstellungen auch deutlich Leerstellen und Erweiterungen zum Text bieten. Unterschiedliche Perspektivierungen bzw. Einstellungen des Birnbaumes erscheinen hier möglicherweise „langweilig“, sie können aber auch einen Wahrnehmung-Prozess einleiten, der Bilder nicht nur konsumiert, sondern den Einsatz und die Beteiligung der Rezipienten erfordert. So wird diese Adaption auch ein Genuss für Erwachsene, die dem bekannten Text von Fontane auf neue Weise begegnen können.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von FC; Landesstelle: Sachsen-Anhalt.
Veröffentlicht am 02.04.2017

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