Die Liebe und ich
- Autor*in
- Einwohlt, Ilona
- ISBN
- 978-3-401-06230-3
- Übersetzer*in
- –
- Ori. Sprache
- –
- Illustrator*in
- –
- Seitenanzahl
- 224
- Verlag
- Arena
- Gattung
- –
- Ort
- Würzburg
- Jahr
- 2009
- Lesealter
- 14-15 Jahre16-17 Jahre
- Einsatzmöglichkeiten
- –
- Preis
- 9,95 €
- Bewertung
Schlagwörter
Teaser
Sina Rosenmüller, bekannt aus drei Vorgängerromanen, ringt einmal mehr mit dem Erwachsenwerden. Doch diesmal wird es ernst: Soll sie mit dem Nachbarsjungen Yannis, seit zwei Jahren ihr Freund, schlafen oder nicht? Dass sie sich dafür entscheidet, verschlimmert ihr Leben eher noch, denn seit dem eher unromantischen Akt zieht sich der Knabe zurück (no pun intended): Was soll sie davon halten? Ihre Freundinnen sind ihr keine große Hilfe im Herzeleid, denn sie ringen mit ihren eigenen Dämonen…
Beurteilungstext
Wir alle haben Fremdsprachen gelernt. Und egal ob lebende oder tote, anglophon oder romanisch, eins ist zumindest im Anfangsunterricht immer gleich: Als Lernende/r wird man im Buch mit einer Familie konfrontiert, die nur eine Aufgabe hat: Alle möglichen Alltagssituationen, alle Probleme und landestypischen Besonderheiten, stellvertretend zu durchleben. Zwar kann man in den Lehrbüchern der letzten Jahrzehnte eine interessante Entwicklung festmachen, weg von der heilen Mamapapabruderschwesterfamilie hin zu gebrocheneren, 'realistischeren' Formen. Trotzdem: Pappkamerad bleibt Pappkamerad.
Leider verhält es sich mit Sina Rosenmüller und ihrer Umgebung nicht anders. Dass die Protagonistin fast schmerzhaft untercharakterisiert ist, lässt sich als Identifikationsangebot verstehen, aber im ganzen Text effektiv nur (das dafür mehrfach) zu erfahren, dass sie große Füße hat, ist doch arg karg. Auch ihre Freundinnen sind sehr schablonenhaft: Die eine hat einen sehr hohen Durchsatz an Sexualpartnern, die andere Magersucht, eine weitere ist lesbisch. Kurz, es wird einfach mal alles durchdekliniert, was die "Jugend von heute" im zwischenmenschlichen Bereich angehen könnte. Wenn das Buch also nicht den Ansprüchen eines Romanes genügt, was dann? Der Erzählfluss wird, fast schon hypertextuell, andauernd auf Sachebenen angereichert, die den lehrbuchhaften Charakter prägen: Wenn sich Sina etwa zu Beginn von ihrem ersten Petting-Orgasmus erholt, erfahren wir in Infoboxen über die physiologischen Aspekte von Verliebtheit, bekommen Onanierhilfen inklusive Schemazeichnungen sowie Verhaltenstipps ("Stöhnen […] ist kein Tabu").
Soweit so gut. Leider stoßen in diesem Zusammenhang auch ein paar Aspekte negativ auf: So kommt die enge Verzahnung mit einer Webseite etwas penetrant daher, manchmal sogar unfreiwillig komisch, wenn Sina etwa ihre Tage hat, wird von der Metaerzählinstanz empfohlen, sich für den Hausgebrauch einen Zykluskalender herunterzuladen. Diese Selbstreferenz geht bis zur schamlosen Eigenwerbung, wenn sich etwa die Charaktere im Text andere Bücher der Autorin empfehlen. Dagegen kommen viele der Wohlfühl- und Problembewältigungstipps arg erstsemestersozialpädagogisch daher: Von Autosuggestion ("Stell dir vor, wie aus deinem Herzen eine grüne Blume wächst") bis Schüßlersalze. Und wenn noch dazu die besondere Kraft weiblichen Zusammenhalts beschworen wird, während die gleichaltrigen Jungs als sabbernde Pornozwerge dargestellt werden, beschleicht einen das Gefühl, mehr über die Autorin als über das Thema zu erfahren. Natürlich ist der Rezensent erstens doppelt so alt wie die Zielgruppe und zweitens männlich; dennoch ist wohl die zweifelnde Frage berechtigt, ob die Wellnessorgie beim schwulen Friseur eher produzenten- oder rezipientengemäß ist.
Aaaaaalso: Wenn man ein nett geschriebenes Aufklärungsbuch sucht und sich nicht daran stört, dass sich das meist sinnvoll aufbereitete Wissen an einer sehr blutarmen und konstruierten Handlung entlang hangelt, sollte man sich "Die Liebe und ich" einmal in Ruhe ansehen - das Werk ist, wie so vieles, wohl einfach Geschmackssache. Der Hinweis sei aber erlaubt, dass es konzeptuell vergleichbares, ideologieärmeres und pfiffiger geschriebenes gibt: "Aufregende Jahre: Jules Tagebuch" von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. Das ist sogar kostenlos.