Die Entdeckung des Hugo Cabret - Roman zum Film

Autor*in
Selznick, Brian
ISBN
978-3-570-22118-1
Übersetzer*in
Gutzschhahn, Uwe-Michael
Ori. Sprache
Amerikanisch
Illustrator*in
Selznick, Brian
Seitenanzahl
543
Verlag
Gattung
Erzählung/Roman
Ort
München
Jahr
2013
Lesealter
10-11 Jahre12-13 Jahre14-15 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Bücherei
Preis
12,95 €
Bewertung
empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Große Augen, der eher abwesender Blick - Grau-schwarz-weiß - eines Jungen gucken den Leser auf dem hinteren Umschlagblatt an. Im Kontrast dazu die hellen, bunten Farben eines, ja was, Schlüssellochs? Die Geschichte von dem Jungen Hugo Cabret, der durch ein bisschen Glück und viel Geschicklichkeit, aber keineswegs durch Zauberei, am Ende ein großer Zauberer wird, muss man sich anschauen, nicht nur lesen.

Beurteilungstext

Wir begegnen dem Jungen Hugo Cabret im Jahre 1931 nur dann, wenn wir am Anfang des Buches viele Zeichnungen, die, ähnlich der Rückseite des Umschlags, in schwarz-weiß-grau gehalten sind, aufmerksam betrachten. Hugo und sein Umfeld, seine Wohnung und seine Tätigkeit schälen sich allmählich als immer größer werdendes Detail zur Hauptsache der Bilderfolge heraus. Und da ist noch ein älterer Herr im großen Bahnhof, jemand, der so etwas wie einen Laden besitzt. Den betrachten wir - genauso wie Hugo es tut - aufmerksam. Er betrachtet uns genauso aufmerksam. Misstrauen? Das wollen wir - ganz wie im Kino - jetzt unbedingt wissen.
Die Geschichte, die wir lesend und betrachtend erfahren, ist schnell erzählt. Hugo ist als Waisenjunge darauf angewiesen zu stehlen, will er sein Leben allein hinter den großen Uhren im Bahnhof von Paris aufrecht erhalten. Indem er die Uhren immer wieder stellt und aufzieht, macht er sich zwar nützlich, aber eine reale Perspektive hat er nicht. Er klammert sich an die Hoffnung, die ein kaputter und verrosteter mechanischer Mensch, den er und sein Vater auf dem Speicher eines alten Museums gefunden hatten, in ihm erweckt. Der überaus geschickte Junge hat als einziges Vermächtnis seines verstorbenen Vaters Pläne in der Hand, wie er den mechanischen Mann reparieren kann. Hugo glaubt fest daran, dass der Automat in Form eines mechanischen Mannes eine Botschaft verbirgt, die Hugo aus seinem Unglück retten wird.
Diese Botschaft ist, wen wundert es nun noch - ein Bild. Zu dem Bild ein Name. Hugo entdeckt, was und wer sich alles in seiner unmittelbaren Umwelt verbirgt. Dabei bekommt der Junge letztendlich neue Freunde, die ihm die alten Feinde überwinden helfen und aus seinem Unglück heraus helfen.
Die Enthüllung aller wirklichen Geheimnisse öffnet den Weg für eine geheimnisvolle Wirklichkeit, die wir gemeinhin als Illusion bezeichnen und in die wir uns alle nur allzu gerne hinein begeben. Das ist nichts Aufregendes in der heutigen Zeit mehr. Denn die Erzeugung dieser Illusion namens Film begleitet uns heute im digitalen Zeitalter täglich eher zu viel als zu wenig. Der Film- bzw. Fernsehkonsum überfordert unsere Kinder schon deshalb, weil sie den schnellen Perspektivwechsel, die geballte Kraft der auf sie niederprasselnden Bilderflut gar nicht verkraften können. Das einzelne Bild, der Wechsel an Perspektiven ist zur absoluten Bedeutungslosigkeit herabgesunken.
Die Rückblende zum Anfang des Filmes, d. h. die langsam aufeinanderfolgenden fantasievollen Bilder in Schwarz-weiß, geraten in diesem Buch zur Rück-Besinnung. Die Sinne werden nicht überfordert, sondern angeregt. Der Einstellung der Perspektive, die gemächliche Fokussierung einer imaginären Kamera auf wesentliche Aspekte der Handlung lassen Zeit und Raum für die eigene Vorstellung. Wir werden eingeladen zum genauen Hinschauen und Verweilen, damit die Handlung wieder Tempo aufnehmen kann.
Dieses Tempo ist gelegentlich so rasant, dass Film und Buch ineinander verwoben sind. Eher ein Film-Buch oder Buch-Film? Die Unterscheidung der beiden Medien wird hier - trotz Druck auf Papier - fast aufgehoben. Es ist - bizarrer Gegensatz - die Mechanik, der Automatismus und seine Gesetze, die uns die Möglichkeit für eine durch unsere Fantasie entgrenzte Welt geben.
Es muss Menschen geben, die dieses alles erkennen und umsetzen können, so wie der Filmemacher Georges Méliès, der schon Ende des 19. Jahrhunderts begann, Filme zu drehen. Wunderbare Zeichnungen von Méliès werden im Buch aufgenommen und sind in die Handlung eingebettet. Auch wenn unser Freund Hugo Cabret die Abenteuer eines armen Jungen bestehen muss und wir, unterstützt durch die ausdrucksvolle Zeichnung seines Gesichts, viel Sympathie für ihn und die spannende Handlung entwickeln, ist das Buch letztendlich eine Hommage an den großen, zu Unrecht in Vergessenheit geratenen Filmemacher Méliès.
Sein Werk wird u. a. dadurch gewürdigt, dass das Buch nachvollzieht, was Méliès uns geschenkt hat: den Zauber einer Illusion, durch die wir uns bestätigt fühlen, weil wir sie mit unserer eigenen Fantasie anreichern können. In heutigen Zeiten kann ein solches Buch den jugendlichen Lesern (bleibt man nicht Leser, auch wenn es ein ""Automat"" ist, der unsere Bilderwelt anregt und weiterentwickeln hilft?) helfen, die eigene Bilderwelt vor der Überflutung ein wenig abzuschirmen.
Nicht wenigen der auf Schnelligkeit und grelle Farben eingestellten Jugendlichen wird das Verweilen und genaue Hinschauen möglicherweise schwerfallen. Dafür kann sich jeder, dem das buchstabengetreue Lesen vielleicht doch nicht so liegt, die spannende Handlung müheloser aneignen, da die verschriftlichte Erzählung durch die Zeichnungen mit weniger Worten auskommt. Ein Jungenbuch?

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von HSu.
Veröffentlicht am 01.01.2010

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