Alle lieben George - Keiner weiß wieso

Autor*in
Boyce, Frank Cottrell
ISBN
978-3-423-71782-3
Übersetzer*in
Schäfer, Beate
Ori. Sprache
Englisch
Illustrator*in
Seitenanzahl
77
Verlag
dtv
Gattung
Erzählung/RomanTaschenbuch
Ort
München
Jahr
2018
Lesealter
8-9 Jahre10-11 Jahre12-13 Jahre14-15 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Klassenlektüre
Preis
5,95 €
Bewertung
empfehlenswert

Teaser

George ist eigentlich unscheinbar. Er hat keine Freunde, keiner kommt zu seiner Geburtstagsparty. Nur Daniela spricht ab und zu mit ihm. Doch plötzlich ist George bei allen Mädchen beliebt, während die Jungen vor Neid platzen. Das bleibt so, bis die Flasche Rasierwasser zerbricht, und sich niemand mehr um George kümmert - außer Mini und Daniela. George ist damit zufrieden, weil er endlich mit Daniela befreundet ist.

Beurteilungstext

Das Buch ist aus der Perspektive von George in der Ich-Form erzählt, so dass der Leser bereits ab dem ersten Kapitel George’s Gedanken und Gefühle intensiv miterleben kann.
George hat sich fast lethargisch damit abgefunden, dass niemand zu seiner Geburtstagsparty kommt, denn er ist nicht beliebt wie sein älterer Bruder, der nur Erfolg kennt und immer im Mittelpunkt steht, auch in der Familie. Trotz ausgeklügeltem Plan gelingt es George nicht, wenigstens Daniela einzuladen, die sich im Bus ab und zu neben ihn setzt, denn er kann sie einfach nicht ansprechen. Sogar sein Opa liefert nur ein Geschenk ab und verschwindet wieder. Es ist eine Flasche Rasierwasser mit Werbe-Manschettenknöpfen, die seine Mutter als diejenige identifiziert, die sie ihrem Vater vor 38 Jahren geschenkt hat. – Am Ende des ersten Kapitels kommt kein Leser umhin, in George den absoluten Looser zu sehen und bestenfalls ein wenig Mitleid mit ihm zu haben.
Eher aus Frust und Langeweile öffnet George am nächsten Morgen die Flasche. Sobald der Duft ausströmt, flattern alle Vögel im Garten gleichzeitig wild auf, der Nachbarshund bellt und die Katze miaut fürchterlich. Dem Leser wird mit George klar, dass mit dem Rasierwasser etwas nicht stimmt. Der Produktname „Unwiderstehlich“ gibt bereits einen Hinweis auf die Wirkungsweise.
Als George in die Schule kommt, macht er sich auf die täglichen Sticheleien und Attacken der Mädchen gefasst, die aber plötzlich alle unheimlich nett zu ihm sind und sich darum reißen, ihn in die Klasse zu begleiten und neben ihm zu sitzen. George vermutet zunächst eine neue Finte hinter dem Verhalten, begreift aber schnell, dass er seine neue Beliebtheit dem Rasierwasser verdankt, von dem er einige Tropfen benutzt hat. Denn auch seine Lehrerin, die Direktorin und eine Schülermutter himmeln ihn an und suchen seine Gesellschaft, was der Erzählung eine gewisse Komik verleiht und sie in die Nähe von Märchen bzw. Science-Fiction rückt. Dennoch dürften viele Leser dem sympathischen George diese Wandlung gönnen und vielleicht sogar ein wenig davon träumen, selber ein solches Rasierwasser zu benutzen.
An die Realität angebunden bleibt die Erzählung, weil George zwar seine Beliebtheit bei den Mädchen genießt, aber darunter leidet, dass sich Daniela, das einzige Mädchen, das er wirklich nett findet, von ihm abwendet und nur noch mit dem kleinwüchsigen Mini zusammen hockt, einem Außenseiter, wie George es früher war, und mit dem er sein Hobby, Warhammer zu spielen und die Figuren zu sammeln, geteilt hat. Und auch die Jungen sind nicht gut auf ihn zu sprechen und wollen hinter sein Geheimnis kommen.
Deshalb überrascht es erzähltechnisch nicht, dass Mini die Rasierwasserflasche in der Sportumkleidekabine in George’s Rucksack entdeckt und diese bei einem Gerangel zerbricht, womit George’s Wirkung verpufft und er wieder der Außenseiter ist, mit dem Unterschied, dass er selbstbewusster geworden ist und Daniela nun mit ihm und Mini Warhammer spielt. Manchmal trauert George zwar der Zeit seines Umschwärmt-Seins nach, aber ihm ist wichtiger, mit Daniela befreundet zu sein.
Am Ende entsteht zunächst der Eindruck, der Autor verfolge eine pädagogische Intention, denn Daniela schenkt George eine neue Flasche Rasierwasser der gleichen Marke und gleichen Alters. George ist zunächst verleitet, ihre Wirkung beim Weihnachtsball in der Schule wieder einzusetzen, verzichtet aber darauf. Er besprengt heimlich Mini mit wenigen Tropfen, der nun von den Mädchen umringt wird und sich im siebten Himmel fühlt. George zieht es vor, mit Daniela allein den Ball zu genießen.
Als Beweis für die belehrende Intention könnte man auch den Selbsttest im Anhang interpretieren, bei dem man durch Ankreuzen aus drei vorgegebenen Antworten auf sechs Fragen erfährt, ob man „das Zeug zum Schulschwarm hat, ganz ohne Hilfsmittel“. (Seite 73) Die Antworten und auch die Auswertung erwecken allerdings den Eindruck, nicht ganz ernst gemeint zu sein.
Vielleicht um die Wunder der Weihnachtszeit spürbar werden zu lassen oder märchenaffine Leser zu beglücken, führt die letzte Episode wieder in den Bereich der Irrealität: Als George und Daniela beim Wohltätigkeits-Roulette mitspielen, gewinnen sie mit jedem Einsatz, und George vermutet, dass das an den Manschettenknöpfen liegen könnte, die beim Geburtstagsgeschenk seines Großvaters waren und die er anlässlich des Schulballs trägt. Um seine Vermutung zu überprüfen, setzt George den gesamten Gewinn auf die Zahl 23. Das Resultat verschweigt der Autor allerdings, was den Leser verwirrt zurück lässt.
Im Titel „Alle lieben George“ dürfte sich der unausgesprochene Traum vieler Jungen und Mädchen befinden, aber schon der Untertitel, mit einem Sternchen wie ein Augenzwinkern angemerkt, „Keiner weiß wieso“, verweist darauf, dass allseitige Beliebtheit eine Illusion ist. Und genau darin liegt der Reiz der Erzählung, sich aktuellen Themen – Außenseitertum und Beliebtheit – mit Humor und Ernsthaftigkeit anzunähern.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von Anmq; Landesstelle: Nordrhein-Westfalen.
Veröffentlicht am 15.08.2018

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