Abenteuer im Tal der Könige

Autor*in
Osborne, Mary Pope
ISBN
978-3-7855-7893-3
Übersetzer*in
Rahn, Sabine
Ori. Sprache
Englisch
Illustrator*in
Theissen, Petra
Seitenanzahl
140
Verlag
Loewe
Gattung
Ort
Bindlach
Jahr
2015
Lesealter
8-9 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
7,95 €
Bewertung
nicht empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Die Zeitreise des magischen Baumhauses führt die Geschwister Anne und Philipp dieses Mal in das Ägypten des 19. Jahrhunderts. Dort treffen sie auf die noch unbekannte Florence Nightingale, die eines Tages zur Begründerin der modernen Krankenpflege werden wird. Welches Geheimnis wahrer Größe es wohl in ihrem Leben zu entdecken gibt?

Beurteilungstext

„Abenteuer im Tal der Könige“ ist ein Abenteuerroman im historischen Gewand. Eingebettet in eine Rahmenhandlung in der Jetzt-Zeit reist das zeitreisenerprobte Geschwisterpaar in das ägyptische Theben des Jahres 1850, um dort einige historische Entdeckungen zu machen. Dabei spielt sowohl das alte Ägypten von vor 4000 Jahren als auch das Ägypten der beginnenden Moderne mitsamt seinen britischen adeligen Touristen eine Rolle. Was allerdings die Briten mit den Ägyptern verbindet, darauf wird nicht näher eingegangen. Die historischen Informationen beschränken sich auf vier in die Handlung eingefügte knappe Fünfzeiler aus Philipps Ägypten-Handbuch, die eher einem Reiseführer als einem Lexikon entnommen zu sein scheinen, sowie einige wenige in die Dialoge eingearbeitete Bemerkungen über Florence Nightingales Leben. Eine Prise emanzipatorische Randdiskussion, repräsentiert durch Florences unterdrückten Wunsch, als Krankenschwester berufstätig zu werden, macht die scheinbar wahllose Zusammenstellung unverknüpfter historischer Themengebiete perfekt. Nach Hintergrundinformationen und Zusammenhängen sucht der Leser vergebens.
Die Figuren des Romans sind eindimensional, vorhersehbar und klischeehaft angelegt. Die zeitreisenden Kinder wirken trotz ihres jungen Alters qua ihrer postmodernen Herkunft hinsichtlich ihres Wissens und ihres Auftretens überlegen. Die einheimischen Ägypter werden durch die einfachen und beinahe unterwürfig-gutmütigen Fremdenführer Ali und Mustafa repräsentiert, denen kaum mehr als eine Statistenrolle zugebilligt wird. Eine weitaus wichtigere Position nimmt die englische Touristengruppe um die zu diesem Zeitpunkt noch unbekannte Florence Nightingale ein. Mit von der Partie ist das historisch belegte befreundete Paar Selina und Charles Bracebridge, die als sympathische, aber nicht näher erläuterte gönnerhafte Figuren auftreten sowie die aus ebenso unerfindlichen Gründen als steif und unfreundlich dargestellten Londoner Adeligen Lord und Lady Bickerson und die fröhliche Komtess von Kensky. Von Dynamik und Entwicklung kann bei keinem der typenhaft entworfenen Protagonisten die Rede sein.
Durch einen auktorialen Erzählstil und die ungewöhnlich häufige Verwendung der wörtlichen Rede – so mancher Dialog umfasst mehrere Seiten und enthält immer wieder überflüssige Beipflichtungen wie „'Das glaube ich auch', bestätigte Anne. 'Ich auch', schloss sich Philipp an.“ – entstehen Langatmigkeit und Distanz zwischen Protagonisten und dem Leser, der sich in einer mehr unbeteiligten Beobachterrolle wiederfindet. Darüber hinaus erschweren einige kleinere Ungereimtheiten das völlige Eintauchen in die Geschichte. So scheint sich niemand in der vornehmen englischen Reisegesellschaft darüber zu wundern, dass zwei Kinder auf eigene Faust Theben erkunden und entgegen ihrer ersten Aussage ihre Eltern angeblich erst am nächsten Morgen treffen. Auch die Verwendung einiger unpassender sprachlicher Ausdrücke seitens der Engländer des 19. Jahrhunderts wie „Winke, winke“ und die Tatsache, dass sprachliche Barrieren angesichts der aufeinander treffenden Kulturen (Ägypter, Engländer, Amerikaner) und Zeitalter (19. vs. 21. Jahrhundert) so gut wie unerwähnt bleiben und auch alle anderen Hürden wie wilde Tiere, nächtliche Gefahren und Verletzungen allzu geradlinig überwunden werden, macht den Roman nicht gerade glaubwürdig.
Zuletzt sei anzumerken, dass die Mission der beiden Abenteurer, nämlich das dritte Geheimnis wahrer Größe zu lüften, nicht weiter erläutert wird. Weshalb und für wen diese drei Geheimnisse entdeckt werden sollen und was es damit in den vorigen Romanen auf sich hatte, findet keinerlei Erwähnung. Dass „Bescheidenheit“, „harte Arbeit“ und „Sinn und Zweck“ die drei Geheimnisse wahrer Größe (der Menschheit? des Erfolgs?) sein sollen und nicht etwa soziale Faktoren wie Friedfertigkeit, Solidarität und Ehrlichkeit eine Rolle spielen, sei dahingestellt.

„Abenteuer im Tal der Könige“ beinhaltet zu wenig Abenteuer für einen Abenteuerroman und zu wenig Historie für einen historischen Roman. Tauglich ist er höchstens als leichte Unterhaltung für wenig anspruchsvolle Leser. Die latente kolonialistische Ideologie allerdings ist in einem historisch-informativ anmutenden Roman nicht akzeptabel.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von nv.
Veröffentlicht am 01.01.2010

Weitere Rezensionen zu Büchern von Osborne, Mary Pope

Osborne, Mary Pope; Laird, Jenny

Das magische Baumhaus. Im Tal der Dinosaurier

Weiterlesen
Osborne, Mary Pope

Abenteuer bei den Wikingern

Weiterlesen
Osborne, Mary Pope

Gefahr für das Mammut

Weiterlesen
Osborne, Mary Pope

Der König der Mayas

Weiterlesen
Osborne, Mary Pope

Wettlauf der Schlittenhunde

Weiterlesen
Osborne, Mary Pope

Verborgen im Dschungel

Weiterlesen