Zeit der Finsternis: Der Zweite Weltkrieg

Autor*in
Sandbrook, Dominic
ISBN
978-3-570-17908-6
Übersetzer*in
Krüger, Knut
Ori. Sprache
Englisch
Illustrator*in
Seitenanzahl
365
Verlag
cbj/cbt
Gattung
Buch (gebunden)
Ort
München
Reihe
Zeit der Finsternis
Jahr
2021
Lesealter
14-15 Jahre16-17 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Fachliteratur
Preis
14,00 €
Bewertung
empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Der britische Historiker und Schriftsteller Dominic Sandbrook erzählt entlang den Lebensläufen vieler Zeitgenossen und Miterlebenden die Geschichte des Zweiten Weltkriegs

Beurteilungstext

Kann man, darf man die Gräuel des Zweiten Weltkrieges romanhaft zur (zwar anspruchsvollen) Unterhaltung für Zehnjährige (so der Verlag) darstellen? Der Rezensent meint „Nein“, dazu ist das millionenfache Abschlachten von Menschen entschieden zu brutal gewesen. Und es hat sicher Sinn, wenn an den Gymnasien (zumindest den deutschen) dieses Thema im Geschichtsunterricht erst recht spät ansteht. Der Autor Dominic Sandbrook, studierter Historiker und erprobter Buchautor, wählt einen geschickten Weg, um Unterhaltung und Information zu verbinden, wenn er das politische und militärische Geschehen in den Regierungen und auf den Schlachtfeldern sehr personalisiert und auf die Biographie-Ebene herunterbricht. Er stellt mehr oder weniger in jedem Kapitel eine historische Person in den Mittelpunkt, erzählt von deren Erlebnissen und stützt sich dabei auf Berichte und Lebensbeschreibungen von „Helden“ und Mördern. So gelingt ihm eine fesselnde, bewegende und nie langweilig werdende Darstellung. Das Personenspektrum reicht von Max Schroeder, Teilnehmer der Invasion in der Normandie, über amerikanische, britische, japanische und deutsche Soldaten, Widerstandskämpfer (Graf Staufenberg), französische Agentinnen und Opfer (Anne Frank) bis zu einem japanischen Mädchen, das den Atombombenabwurf über Hiroshima überlebt hat. Auch die politischen und militärischen Protagonisten treten auf: Hitler, Stalin, Churchill und Roosevelt oder Rommel und Montgomery. Der eigentliche Held ist freilich Winston Churchill, was man einem britischen Autor nicht verdenken kann. Kleinere sachliche Fehler fallen nur einem Fachmann auf: So heißt NSDAP nicht „Nationalsozialistische Arbeiterpartei Deutschlands“, sondern „Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei“, die SA trug am 30. Januar 1933 keine Helme, der Tschechoslowakei wurde nicht der Krieg erklärt. Schlimmer sind sprachliche Schludrigkeiten. Auch dazu nur einige wenige Beispiele: „…Hitler hatte bereits Blut geleckt.“, „In Berlin studierte er die Weltkarte und dürstete nach frischem Blut.“ Oder über Stalin: „…die Augen eines Ganoven im pockennarbigen Gesicht, badete Stalin seine Hände in Blut.“ Rein sachlich mag das ja alles stimmen, aber die manches Mal sehr reißerische Sprache ist natürlich dem Genre zwischen Geschichtsbuch und Unterhaltungsroman geschuldet. Insgesamt ist die Sprache doch sehr pathetisch: „Sie alle waren Heldinnen und Helden, und das Buch erzählt ihre Geschichte.“ Wie oben schon angedeutet: Der Rezensent hat Zweifel, ob man so mit einem sehr ernsten Thema wie diesem mörderischen Krieg umgehen darf, aber vielleicht kann (und soll) das Buch über die bloße Unterhaltungslektüre hinaus bei den jugendlichen Leserinnen und Lesern nachhaltiges Interesse für Geschichte wecken. Wenn das gelingt, hätte es mehr als seinen Zweck erfüllt. In einem letzten Kapitel berichtet Sandbrook vom weiteren Leben seiner „Helden“, an deren Wirken und Leiden entlang er seine Geschichte des Zweiten Weltkrieges erzählt hat. In einem Nachwort speziell zur Deutschen Ausgabe bekennt er sich zu seinem „britischen Blickwinkel“. Und: „Ein deutscher Historiker würde die Geschichte des Nationalsozialismus und des Zweiten Weltkriegs höchstwahrscheinlich anders erzählen.“ Er ergänzt noch an anderer Stelle: „Und es gibt wohl kein anderes Land der Welt, das sich so lange und so eingehend mit den eigenen Verbrechen beschäftigt hat wie Deutschland.“ Auch zu dieser Beschäftigung kann dieses Buch einen wichtigen Beitrag leisten.

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Diese Rezension wurde verfasst von rem; Landesstelle: Baden-Württemberg.
Veröffentlicht am 04.12.2022

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