Wildesland

Schlagwörter

• Abenteuer
• Natur

Teaser

Eigentlich wollten Matthis und seine Familie den Sommerurlaub in Norwegen verbringen. Doch schon auf der Fahrt kommt es zu einem bösen Streit. Die Eltern werfen den rebellischen Protagonisten aus dem Auto, und auf einmal findet er sich inmitten der Wälder alleine (mit seiner Hündin) wieder. Die Eltern und der kleine Bruder sind verschollen. Dafür taucht im Wald plötzlich ein Mädchen auf...

Beurteilungstext

Die Handlung dieses Kinderromans, der mit einer Adressierung an 11-12jährige Kinder an der Schwelle zur Jugendliteratur liegt, beginnt in medias res und reißt mit seinem Setting die Leser*innen unmittelbar hinein ins Geschehen. Matthis streitet im Auto mit seinen Eltern, die ihn kurzerhand mit seiner Hündin vor die Tür setzen. „Haut bloß ab!“ ruft er ihnen noch hinterher: „Verschwindet! Ich will euch sowieso nie wiedersehen!“ (S. 10) Voller Wut stürmt Matthis in den Wald, immer war er das schwarze Schaf in der Familie, der Störenfried, der seine Wutausbrüche nicht bezähmen konnte. Doch, als Matthis am Ferienhaus ankommt, ist der Schock groß: Seine Eltern und der kleine Bruder Benni sind nicht da. Später entdeckt der Protagonist den verunfallten Wagen seiner Familie. Er ist nun völlig auf sich gestellt, gibt sich die Schuld am Unfall. Doch jetzt geht es für ihn ums nackte Überleben im Wald. Er entwickelt mit der Zeit eine starke Naturverbundenheit, der Wald wird zum Freund, der ihn innerlich ausgleicht:

„Der Wald wurde ihm immer vertrauter. Er gab ihm Schutz und half ihm, ruhiger zu werden. Es war, als hätte die Natur ihn aufgenommen wie einen Freund. Die Bäume, die Büsche, die Lichtungen voller Blumen, die Vögel und die Eichhörnchen, selbst die Käfer auf dem Waldboden, das ganze Leben um ihn herum. Er musste keine Fragen beantworten, keine Vorwürfe hören, sich nicht rechtfertigen. Er musste sich nicht benehmen und alles richtig machen. Er konnte einfach so sein, wie er war, einfach nur Matthis“ (S. 32)

So avanciert der Wald zur Kulisse für eine Selbstfindung, aber auch zu einem Ort der Freundschaft, denn Matthis trifft Jule, die plötzlich auftaucht und ihn lehrt, im Wald zu überleben, Fische und Kaninchen zu fangen und zu schlachten und Feuer zu entfachen. Doch so plötzlich das Mädchen auftaucht, genauso plötzlich verschwindet es auf ominöse Weise. Heimlich folgt Matthis Jule und ist schockiert und wütend, als er erkennt, dass sie einen Vater und ein zu Hause hat... Ganz am Ende dieses mit 142 Seiten relativ schmalen Romans steht die Frage im Raum, ob der Protagonist alles nur geträumt hat.

Mitreißend und originell und eine wunderbare kinderliterarische Hommage an die Natur! Nach zeitgeschichtlichen Romanen („Swing High“) erobert die renommierte Hamburger Autorin Cornelia Franz hier nun das Feld des zeitgenössischen, modernen Kinderromans. Die Geschichte entfaltet sich vor allem durch den Blick ins Innere ihres Protagonisten, bindet sich an seinen Wahrnehmungshorizont und ist gleichsam feinfühlig wie spannend.
Empfehlenswert sowohl für die Freizeit- als auch für die Schullektüre (Klasse 5/6).