Wenn er kommt, dann laufen wir

Autor*in
Klass, David
ISBN
978-3-401-05898-6
Übersetzer*in
Ernst, Alexandra
Ori. Sprache
Amerikanisch
Illustrator*in
Seitenanzahl
328
Verlag
Arena
Gattung
Ort
Würzburg
Jahr
2006
Lesealter
14-15 Jahre16-17 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Klassenlektüre
Preis
13,95 €
Bewertung
empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Jeffs Leben könnte so schön sein: Er ist ein guter Schüler, sieht passabel aus, versteht sich mit seinen Eltern, hat eine nette und hübsche Freundin. Doch dann kommt sein älterer Bruder nach Hause, wegen Mordes zu “Lebenslänglich” verurteilt und vorzeitig entlassen. Plötzlich will keiner mehr etwas von ihm wissen, die Beziehung geht in die Brüche und vor allem - Jeff hat Angst. Angst, dass sein Bruder nicht “einen Fehler gemacht” hat, sondern abgrundtief böse ist.

Beurteilungstext

Hitchcock hätte seine Freude an diesem Buch gehabt, die unterschwellig bösartige, von Verdacht strotzende Atmosphäre mit ihrem verzweifelten Showdown am Ende entspricht vielen seiner Filme. Doch es ist mehr als ein Thriller, mehr als “Suspense” mit kriminellem Hintergrund. Hier geht es um grundsätzliche Fragen: Gibt es Gut und Böse? Wie frei sind Menschen in ihren Entscheidungen? Wieviel Belastung erträgt Familie, Freundschaft, Liebe? Und vor allem, wie in der biblischen Erzählung: Wer von euch ist ohne Schuld?
Diese großen und schwerwiegenden Fragen werden durchaus ernsthaft gestellt und behandelt, und doch ist es ein Buch ohne moralisierenden Zeigefinger, ohne Vorwürfe, ohne Theoretisiererei. Der Leser durchlebt mit Jeff überwiegend alltägliche Situationen (mal abgesehen von der Sache mit dem Bruder), wie sie in ähnlicher Form jedem schon begegnet sind. Und es wird klar, was aus solchen harmlos erscheinenden Situationen werden könnte, wenn sich die Konstellationen nur geringfügig änderten.
Die beiden Brüder stellen Prototypen an menschlichem Verhalten dar. Troy, der Ältere, gleicht einem Tier, lebt seine Gefühle und Leidenschaften aus und belügt im Bedarfsfall jedermann in seiner Umgebung skrupellos, er ist der Getriebene, selbst wenn er aktiv wird. Jeff dagegen verdrängt seine animalischen Anteile, rationalisiert jede Äußerung und jede Handlung zur Vermeidung etwaiger unangenehmer Konsequenzen, ohne dabei irgendetwas nach Wunsch regeln zu können. Ihre Eltern verschließen - aus Liebe - ihre Augen vor der Wirklichkeit und entgleisen seelisch, wenn sie mit der Realität konfrontiert werden. Das ist minutiös herausgearbeitet und eindrucksvoll beobachtet und geschildert, in schlichter und alltäglicher Sprache, doch raffiniert in Szene gesetzt.
Die emotionale Irreführung geht so weit, dass die Sympathieträger mehrfach wechseln, man lange nicht weiß, wem eigentlich hier Unrecht geschieht, wen man bedauern sollte. Hier beweist Klass die Wankelmütigkeit des “gesunden Menschenverstandes”, die Fragwürdigkeit auch vieler gruppendynamischer Reaktionen. Das fasziniert und erschreckt gleichzeitig, wie auch das ganze Buch leicht, aber nicht immer angenehm zu lesen ist. Ständig bieten sich Ansatzpunkte, über geläufige Denk- und Verhaltensmuster nachzudenken, ein reicher Anregungsschatz auch für den Unterricht in höheren Klassen. Und manchmal ist es auch notwendig, über Klass’ eigene Weltsicht nachzudenken, wenn er z. B. letztlich für die Sinnlosigkeit von Resozialisierung und “Besserung” plädiert. Das braucht Gespräch und Vertiefung, ist aber mit dieser Geschichte als Vorlage höchst sinnvoll und ergiebig.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von bh.
Veröffentlicht am 01.01.2010

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