Was der Himmel uns erzählt

Schlagwörter

• Forschen
• Historisches
• Naturwissenschaft
• Philosophie

Teaser

Eine Geschichte darüber, wie die langweiligsten Sommerferien aller Zeiten doch viele spannende Geschichten über die Welt, das Universum und geniale Entdeckungen bereithalten und somit doch nicht so langweilig sind.

Beurteilungstext

William verbringt eine Woche seiner Sommerferien bei seiner mürrischen Großtante Gunvor, von der er glaubt, dass sie ihn nicht leiden kann und verbringt die meiste Zeit allein am IPad oder liest. Weil ihm das schnell viel zu langweilig wird, geht William auf Entdeckungstour in das vollgerümpelte dunkle Haus seiner Tante und findet dort wunderliche Glasscheiben, als Gunvor im gleichen Moment plötzlich auftaucht und in eine leidenschaftliche Erzählung über die Beobachtungen des Himmels verfällt.
Von diesem Moment an, ergeben sich immer wieder Situationen, in denen die beiden über grundlegende Entdeckungen der Menschheit zu Himmel und Erde sprechen und William entwickelt immer mehr Interesse an Astronomie. Tante Gunvor erzählt und erklärt William mit großer Leidenschaft vieles von den ersten Himmelsbeobachtungen, über das geozentrische und heliozentrische Weltbild, bis zu den Gesetzen über die Schwerkraft und die Lichtgeschwindigkeit. William befindet sich mittendrin in den Geschichten von Nikolaus Kopernikus, Tycho Brahe, Galileo Galilei und vielen weiteren Philosophen und Wissenschaftlern, die über Himmel und Erde geforscht haben. Dabei erfährt William viel über die Geschichte der Wissenschaft, Frauenrechte und die Macht der Kirche.

„Was der Himmel uns erzählt“ thematisiert das umfassende Thema Astronomie mit allerlei Physik, Mathematik, Geschichte und Philosophie auf eine spannende und zugleich anschauliche Weise dadurch, dass in alltagsähnlichen Gesprächen Geschichten erzählt und mit Bildern und Beispielen veranschaulicht werden. Die Autorin schafft mit diesem Buch eine gelungene Verbindung zwischen Erzähltext und Sachinformation, indem sie beim neugierigen Protagonisten William und den Leser*innen gleichermaßen eine Faszination für die Welt und das Universum mit ihren physikalischen Gesetzen und der Geschichte über deren Entdeckung bis in die heutige Zeit hinein weckt und weitere interessante Fragen aufwirft, die auch außerhalb des Textes zum Nachdenken und zur Diskussion anregen.

Einige Kapitel sind sehr gefüllt mit Informationen und komplizierten Themen, was auf den ein oder anderen möglicherweise überfordernd wirken kann. Die Autorin schafft eine Verbindung von Fiktion und Wirklichkeit durch die erzählende Struktur in alltagssprachlicher Dialogform. Somit werden schwierige Informationen erfolgreich in die Lebenswelt der Leser*innen transportiert. Beispielsweise erklärt Tante Gunvor mit Hilfe von Experimenten anschaulich Naturgesetze wie die Schwerkraft und andere Praxiserfahrungen wie das Sehen durch ein Fernrohr. Kreativ und spontan veranschaulicht sie die Bewegung der Planeten oder die Bewegung von Licht. Sie berichtet ihrem erschrockenen Neffen u. a. davon, dass Frauen lange Zeit keine Wissenschaftlerinnen sein durften und Andersdenkende von der Kirche verfolgt wurden. Außerdem helfen die Aufbereitung von kurzen Zusammenfassungen in Form von Collagen, die steckbriefartig das Gelesene nach jedem Kapitel das Gelesene zu festigen. Und in einem Lexikonverzeichnis am Ende des Buches werden im Text markierte Begriffe erklärt. Ebenfalls für das Verständnis wertvoll sind die kleinen farbenfrohen buntstiftartigen Illustrationen zu den verschiedenen Weltbildern oder den Gerätschaften, welche im Text beschrieben werden.


Dadurch, dass die Sachinformationen in die Geschichte von William und seiner Tante Gunvor eingebettet sind, lernen die Leser*innen nebenbei außerdem noch etwas darüber, dass die Menschen verschieden sind und das etwas, das anfangs langweilig oder schlecht scheint, sich am Ende doch zu etwas Gutem entwickeln kann, wenn man offen bleibt. Gertrude Kiel stellt die Entwicklung der beiden anfangs gegensätzlichen und sich ablehnenden Charaktere hin zu zwei aneinander interessierten Familienmitgliedern einfühlsam dar. Beide durchlaufen dadurch, dass sie immer mehr aufeinander zugehen, persönliche Veränderungen im Laufe des Textes und das Leben des jeweils anderen wird bereichert.
Adressiert ist das Buch an alle interessierten Leser*innen ab ca. 9 Jahren. Das Buch ist sowohl für die eigene Lektüre Zuhause als auch für den Einsatz im fächerübergreifende Schulunterricht geeignet. Denn die Fächer Philosophie, Physik, Mathematik, Geschichte und sogar Kunst und Musik bieten Raum für eine unterrichtliche Gestaltung rund um die Themen des Textes.
Über die reine Informationsebene hinaus, bereichert der Text dadurch, dass er den Forscherdrang der Leser*innen stärkt und den Blick weitet, indem er immer wieder zum Nachdenken und Ausprobieren auffordert. Er ruft dazu auf, selbstständig zu denken und neugierig zu sein, Dinge zu hinterfragen und Fragen zu klären.

Zusammengefasst, ist „Was der Himmel uns erzählt“ ein sehr zu empfehlendes Buch für junge und ältere Leser*innen, die mehr über die Welt und den Himmel erfahren wollen. Neben der Wissensvermittlung über Astronomie, regt es auch zu tiefergehenden philosophischen Diskussionen und unterrichtlichen Gesprächen an und fördert außerdem das eigenständige Nachdenken, Forschen und Hinterfragen von Dingen auf der Erde und im Universum. Neben der leser*innenfreundlichen Textgestaltung durch viele Dialoge, der farblich und inhaltlich ansprechend sowie passend gestalteten Illustrationen und natürlich der enormen inhaltlichen Einführung in das Thema der Astrophysik, macht es auch einfach Spaß, die Geschichte von William und Tante Gunvor zu lesen, welche Gertrude Kiel charmant zur Einbettung der wissenschaftlichen Themen geschaffen hat.

Anmerkung

Auch als Hörbuch bei Random House Audio gelesen von Oliver Rohrbeck.