War Paul schuldig?/Als ich wiederkam
- Autor*in
- Tetzner, Lisa
- ISBN
- 978-3-7941-6026-6
- Übersetzer*in
- –
- Ori. Sprache
- –
- Illustrator*in
- Glinz, Theo
- Seitenanzahl
- 360
- Verlag
- –
- Gattung
- –
- Ort
- Düsseldorf
- Jahr
- 2005
- Lesealter
- 12-13 Jahre14-15 Jahre16-17 Jahreab 18 Jahre
- Einsatzmöglichkeiten
- –
- Preis
- 16,90 €
- Bewertung
Schlagwörter
Teaser
Der letzte Band der Erlebnisse von Kindern eines großen Berliner Mietshauses. Diesmal beginnt der Bogen beim Überfall Deutschlands auf Frankreich 1940, bei dem Hans Suter zwischen die Fronten gerät und Paul zum Denunzianten wird, bevor er mit einem russischen Kriegsgefangenen in die Schweiz flieht. Im zweiten Teil werden die Erfahrungen Erwins geschildert, der sich aus seinem schwedischen Exil der englischen Armee anschließt und als Besatzer in seine ehemalige Heimat zurückkehrt.
Beurteilungstext
Es wird nicht leicht sein, dieses Buch heutigen Kindern oder Jugendlichen schmackhaft zu machen, doch es ist die Sache wert. Lisa Tetzner schreibt aus dem unmittelbaren Erleben des Kriegsendes 1945, mit den humanistischen Grundeinstellungen, die damals an Umerziehung, Demokratisierung, Völkerfreundschaft und Pazifismus glaubten, aber sich nicht in konkrete politische Formen umsetzten. Die Verzweiflung über die Entartungen des Nazireiches und der trotzige Optimismus, der an eine bessere, menschlichere Zukunft glauben wollte, sind aus jedem Satz zu spüren, unmittelbarer, als das nachträgliche Schilderungen oder Betrachtungen vermögen. Natürlich ist der hoch erhobene Zeigefinger für heutige Ohren/Augen gewöhnungsbedürftig, scheint manches zu naiv und zu wenig “realpolitisch” zu sein, aber gerade die Erfahrung, dass Menschen so unbedingt aus ihrer eigenen Geschichte lernen wollten, rührt elementare Saiten an und erzeugt ein häufiges “Warum eigentlich nicht?”.
Denn es ist nicht viel geblieben vom guten Willen der gebrannten Kriegskinder, es hat viel zu viel Restauration stattgefunden und manchmal möchte man fast glauben, alte Verhaltensweisen hätten sich nur einen wohlklingenden neuen Tarnnamen zugelegt, um gesellschaftlich akzeptiert zu werden. Dabei geht es weniger um Begriffe wie “Rechts” oder “Links”, sondern um Werte, Ideale und Verhaltensweisen, die von gegenseitiger Verantwortung, Solidarität und Freundschaft zeugen. Die Tatsache, dass solche Begriffe heute beim Schreiben irritieren, beweist die Nichterfüllung solcher Versprechungen.
Als unterhaltsame Lektüre ist die Reihe also wenig geeignet, in jugendlichem Lesealter verlangt sie nach Begleitung und Erläuterung. Doch wer bereit ist, sich selbst mit der Gedankenwelt des Zusammenbruchs und Neubeginns auseinanderzusetzen, diese Lektüre in Deutsch- oder Geschichtsunterricht zu integrieren, der wird durch verblüffende, einer Zeitreise ähnelnde Erfahrungen und Wirkungen überrascht und belohnt.