Violet und Bones. Der lebende Tote von Seven Gates

Schlagwörter

• Abenteuer
• Spannung

Teaser

Ein angenehm-gruseliges Krimi-Abenteuer mit einer sympatischen und klug-witzigen Protagonistin, die über ihre Zeit hinauswächst.

Beurteilungstext

Das dreizehnjährige Mädchen Violet Veil hat es nicht leicht. Anders als ihr sechsjähriger Bruder Thomas darf sie keine Schule besuchen, muss immer brav zu Hause bleiben und wird als Mädchen einfach nicht ernst genommen. Dabei würde sie doch so gerne eines Tages das Bestattungsunternehmen ihres Vaters in Seven Gates übernehmen, aber natürlich gehört sich auch das nicht für eine Frau im viktorianischen Zeitalter. Doch dann taucht plötzlich der Junge Oliver in ihrem Leben auf und Violet kann allen zeigen, dass Mädchen mehr können als nur Hausarbeiten zu erledigen: Sie können nämlich auch komplizierte Kriminalfälle lösen.
Oliver, der zunächst als Leiche an Violets Vater übergeben wird, der aber nur bewusstlos im Sarg gelegen hat, erinnert sich nicht daran, was mit ihm geschehen ist. Ist es versuchter Mord gewesen? Hat der Überfall auf ihn etwas mit den mysteriösen Todesfällen in der letzten Zeit zu tun? Darüber hinaus wird auch noch Violets Vater verhaftet, dem vorgeworfen wird, an einem Verbrechen beteiligt zu sein. Für das Mädchen ist klar, dass sie nicht nur ihrem Vater helfen, sondern auch den mysteriösen Mordversuch an Oliver aufklären muss. Gemeinsam mit ihm und ihrem treuen und überaus cleveren Windhund Bones begibt sie sich auf eine spannende Spurensuche und schreckt auch nicht vor den düsteren Ecken Londons zurück.
Ein geheimnisvolles Setting, vorzugsweise schaurige Friedhöfe und alte Häuser, funktionieren bei Krimis für Kinder eigentlich immer. Auf dieses Rezept baut auch dieser Roman, der ein mutiges, witziges und kluges Mädchen ins Zentrum der historischen Geschichte stellt, das auch noch hinsichtlich weiblicher Emanzipation seiner Zeit weit voraus ist und durch seinen Familienhintergrund einen unverkrampften Umgang mit dem Thema Tod an den Tag legt, ja teilweise sogar sehr kluge Sätze darüber sagt, die auch Erwachsene durchaus zum Nachdenken bringen. Bei Kindern beliebt ist nach wie vor das Motiv des ermittelnden Hundes, hier hat die Autorin Bones, einen sehr klugen Windhund, erschaffen, der aus Erwachsenensicht zwar zu clever ist und damit unrealistisch wirkt, die Zielgruppe des Romans dürfte sich wohl daran nicht stören. Die titelgebende Figur des Romans, Oliver, der lebende Tote von Seven Gates, bleibt in der Geschichte leider etwas im Hintergrund, da er vorwiegend als guter Freund und Helfer im Schlepptau von Violet wahrgenommen wird.
Auch wenn die kleine Schriftgröße verbunden mit der für einen Kinderkrimi stattlichen Seitenzahl von circa 280 Seiten für leseschwächere Kinder eine Herausforderung darstellen dürfte, so sind doch der angenehme Lesefluss (aus dem Englischen gut übersetzt von Birgit Erdmann), die vergnügliche Art der Protagonistin und die spannende Handlung Garant dafür, dass der Roman nicht vorschnell aus den Händen gelegt wird. Die aktuelle Beliebtheit von jungen Detektiv*innen, die in historischen Settings Fälle lösen – man denke nur an den Erfolg der Reihen „Enola Holmes“ oder „Young Sherlock“ – wird auch dieser Geschichte entsprechend helfen, nicht im Buchregal zu verstauben. Dazu trägt auch die schaurig-atmosphärische Gestaltung des Bucheinbands bei, auf dem vor dunkelgrauem Hintergrund Violets Kopf als roter Scherenschnitt abgebildet ist. Ein knorriger alter Baum, der von einer Mondsichel beleuchtet ist, sowie der Windhund Bones heben sich in Schwarz davor ab. Den unteren Bereich des Einbandes ziert der Friedhofszaun von Seven Gate mit Grabstein und Kreuz.
Insgesamt ist der Autorin Sophie Cleverly ein gelungener Auftakt zu einer neuen Krimiserie gelungen, die sicher viele, vermutlich vorwiegend weibliche Fans finden wird.