Unter Räubern

Autor*in
Venzke, Andreas
ISBN
978-3-414-82380-9
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Seitenanzahl
317
Verlag
Boje
Gattung
Ort
Köln
Jahr
2014
Lesealter
14-15 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Bücherei
Preis
14,99 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

1780, Sebastian ist Schüler der Carlsschule, einer Württemberger Eliteanstalt. Es herrscht militärischer Drill und menschenverachtende Willkür, so dass er und Johann die erste Gelegenheit nutzen zu fliehen. Sie landen bei einer Räuberhorde und bleiben ein Jahr, bis sie von der Polizei entdeckt und verhaftet werden. Sebastian kommt in Festungshaft und wird des Mordes angeklagt. Das zeituntypische Engagement zweier Mädchen rettet ihn, auch wenn Klassenschranken nicht durchbrochen werden können.

Beurteilungstext

Venzke schreibt einen Räuberroman, der etwas anders ist, als die desillusionierenden oder die romantisierenden Räuberromane es sonst zeigen aus der Zeit um die französischen Revolution bis zur in Baden schmählich gescheiteren von 1848.
1780 ist das Militär noch nicht auf diese Banden eingestellt, die vor allem in den süddeutschen Wäldern lebten. Venzke beschreibt aber genau, wie es dazu kam, dass Menschen keinen Ausweg mehr sehen konnten, als sich zu den Räuberbanden zusammen zu schließen. Sebastian und Johann waren zu wenig abgestumpft, um sich die Schikanen der Militärerziehung bieten zu lassen, der Leser atmet befreit auf, als sie den Schritt in die Freiheit tun. Dann aber ergeben sich neuerliche Schwierigkeiten: keine Papiere, kein Bleiberecht, keine Chance zu arbeiten.
Das kommt Jugendlichen von heute irgendwie bekannt vor, wenn sie auch nur ein wenig an der Tagespolitik teilhaben.
Die beiden Jungs treffen also auf die Räuberbande, die sie erst einmal aufpäppelt, nachdem sie sie sicher über die württembergische Grenze führten (eine Karte des zerpflückten Württemberg um 1780 findet man auf dem Vorsatzblatt - das alleine wäre schon eine Diskussion wert: Die Kleinstaaterei wurde damals wirklich auf die Spitze getrieben). Die beiden richten sich gut ein, ziehen auch bald mit auf Diebestour und verlieben sich in die irrwischartige Dennele, eine Meisterdiebin. Deren Bruder Patro ist der Teufel in Person und eine echte Lebensbedrohung für die beiden Helden. Johann verliert seinetwegen ein Bein, Sebastian soll die Schuld am Tod eines Soldaten zugeschoben werden, den Patro erschossen hat. Ein Verhängnis für alle wird der Überfall auf eine Kutsche, deren Insassen, Vater und Tochter als Geiseln mitgenommen werden. Der Vater ist ausgerechnet der sadistische Oberst aus dem Internat, die Tochter Marie wird wiederholt von Sebastian beschützt vor Übergriffen der anderen Räuber. Auch ohne das Stockholm-Syndrom zu bemühen, ich es glaubhaft, dass sie sich in den attraktiven jungen Sebastian verliebt. Für ihren Vater könnte es kein größeres Ärgernis geben, seinen ehemaligen Zögling hat er durchaus erkannt.
Sie ist es auch, die ihn vor dem Galgen bewahrt und tatsächlich mit ihm im Gefängnis schläft - eine eher sehr unwahrscheinliche Wendung der Geschichte. Aber sie verabschiedet sich von ihm, sie weiß, dass sie sich nie wiedersehen werden, auch wenn sie erreicht hat, dass Sebastian frei gelassen wird. Dafür wird dann Dennele auf ihn warten, die ihre Freiheit für ihn riskiert hatte.
So kommt es in dieser Räubergeschichte zu einem HappyEnd, das sich so sehr von dem Schicksal der historischen Räuber unterscheidet, die fast alle elendig endeten - ob im Gefängnis, am Galgen oder an Krankheiten - schlicht am schlechten deutschen Wetter. Jugendliche wollen ein gutes Ende, das ist ihnen hier geliefert. Alles Andere aber ist sehr gut recherchiert, sehr einfühlsam beschrieben, ganz der Zeit entsprechend entwickelt sich die Handlung; Schiller war ebenfalls Schüler an der Carlsschule und entfloh. Er war 1780 tatsächlich schon recht populär und so ist es kein Wunder, dass er mehrfach eine Hörensagenrolle spielt, vor allem natürlich seine ""Räuber"".
Zeitkolorit wird hier gut vermittelt, Vieles wird auch nur angedeutet, so dass der junge Leser sich vielleicht veranlasst sieht, hier oder dort mal nachzufragen, selbst zu recherchieren - Wikipedia kann viel dazu beitragen (Lehrer und Eltern natürlich mindestens ebenso). Schön wär´s ja.
Gut lesbar ist dieses Buch , sex & crime animiert ja allemal. Cjh14.10

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Diese Rezension wurde verfasst von cjh.
Veröffentlicht am 01.01.2010

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