Total daneben

Autor*in
Tielmann, Christian
ISBN
978-3-551-32004-9
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Saße, Jan
Seitenanzahl
112
Verlag
Carlsen
Gattung
ComicTaschenbuch
Ort
Hamburg
Reihe
Carlsen Clips
Jahr
2022
Lesealter
12-13 Jahre14-15 Jahre16-17 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Büchereididaktisches MaterialFreizeitlektüreKlassenlektüre
Preis
5,99 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

„Ich war mir nicht sicher, ob sie mein Werk total daneben oder total genial fanden“ (S. 87). Das erste Lehrjahr verläuft für Neo anders als erwartet. Schweigen, Fegen und der Geselle Sven, der sich „zum König der Werkstatt“ (S. 16) erklärt prägen den Arbeitsalltag. Neos „einziger Lichtblick“ (S. 20) ist Wuff, Auszubildende im 2. Lehrjahr. Sie redet nicht viel, wirft Neo jedoch immer wieder aufmunternde Blicke zu. Schon bald zweifelt Neo seine Ausbildungswahl an. Ein bevorstehender Ölwechsel und der Tag, an dem Sven den Auszubildenden absichtlich in der Werkstatt einsperrt, lässt endgültig das Chaos ausbrechen.

Beurteilungstext

Neo, der Protagonist, ist in einer sehr schwierigen Lage. Er ist fertig „mit der Welt, der Schule und dem Führerschein (aber nur begleitet von Mama)“ (S. 6). Er ist auf der Suche nach einem Ausbildungsplatz und will „nie wieder mit dem Kotz-Bus fahren“ (S. 6). Dies grenzt ihn innerhalb seiner Ausbildungsplatzsuche ein, so dass am Ende nur noch „Gas-Wasser-Scheiße-Schmitz“ oder „Neumann & Neumann Auto Service“ zur engeren Wahl stehen. Für Letzteres entscheidet sich Neo schließlich.

Geselle Sven macht ihm das erste Ausbildungsjahr allerdings nicht gerade leicht. Neos Arbeitsalltag gestaltet sich in den ersten Wochen und Monaten sehr eintönig. In der Werkstatt angekommen, verläuft sein Tag stets nach demselben eintönigen Muster. Zudem findet Sven immer eine Gelegenheit, Neo bloßzustellen, oder sich über ihn lustig zu machen. Eines Tages kommt „Gas-Wasser-Scheiße-Schmitz“ mit seinem Cadillac Fleetwood Eldorado von 1978 zum bevorstehenden Ölwechsel in die Werkstatt der Neumanns gefahren. Da Sven anderweitig beschäftigt ist, verdonnert er Neo schließlich zur Ausführung des Auftrags. Neo stellt sich dabei „nicht total blöd an“ (S. 26) und führt den Ölwechsel mit Bravour durch. Nichtsdestotrotz lässt ihn Sven am Ende des Tages nicht ins wohlverdiente Wochenende gehen, sondern schließt ihn in der Werkstatt der Neumanns ein, damit Neo genügend Zeit hat, die Werkstatt zu Ende aufzuräumen. Geselle Sven vergnügt sich in dieser Zeit in der naheliegenden Kneipe.

An diesem Abend beginnen für Neo aufregende und unerwartete Stunden, in denen er auch Wuff näher kennenlernt. Wuff wird Neo gegenüber plötzlich sehr aufgeschlossen und erzählt ihm viele private Dinge, zudem lernt Neo auch den bereits etwas senilen Großvater von Wuff kennen. Sympathisch erscheint mir hier die Tatsache, dass sich auch eine junge Frau im zweiten Lehrjahr in der Geschichte wiederfindet, wodurch Christian Tielmann geschickt aufzeigt, dass es keine reinen Männer- und Frauenberufe gibt. Auch wenn die kommenden Wochen für Neo gut verlaufen und er sich wirklich sehr geschickt anstellt, kommt ihm der Gedanke, dass seine Berufswahl möglicherweise doch nicht passend ist.

Die behandelten Themen könnten nicht aktueller sein: Schulabgängerinnen und Schulabgänger, die Schwierigkeiten bei der Wahl ihrer Ausbildung haben, sich allein gelassen fühlen, ihre Lehre vielleicht sogar in Frage stellen. „Total daneben“ zeigt auf eine unterhaltsame Weise auf, dass genau solche Zweifel völlig legitim sind. Es bestärkt die Lesenden darin, mutig zu sein, Zweifel ernst zu nehmen und sich gegebenfalls neu zu orientieren. Freundschaften, die sich mit der Zeit entwickeln, Freundschaften, die völlig unerwartet entstehen, bilden ein weiteres Thema des Comic-Romans. Immer wieder trifft sich Neo am Ende seines Arbeitstages mit seiner Clique an einem Badesee; auch seine Arbeitskollegin Wuff begleitet Neo gegen Ende des Romans dorthin. Der Umgang mit dem Auszubildenden Neo ist ebenfalls ein weiterer wichtiger Aspekt, der sich als Thema für den Deutschunterricht eignet. Die Neumanns wirken desinteressiert und bringen sich fachlich wenig ein. Neo scheint zunächst auf sich allein gestellt zu sein und bekommt wenig bis keine Anleitung, oder Anerkennung. Aus der Not heraus stellt er bald für sich fest, dass das Internet sein bester Lehrmeister wird.

Neos Erlebnisse werden aus der Ich-Perspektive wiedergegeben. Gelungen empfinde ich, dass somit innerhalb der neun Kapitel das Eintauchen in Neos Arbeitsleben und Gefühlswelt erleichtert wird. Die Sprache ist schlicht gehalten, die Wortwahl umgangssprachlich und an der Jugendsprache orientiert. „Total daneben“ entspringt der Reihe "Carlsen Clips". Sie zeichnet sich dadurch aus, dass die Romane in einfacher Sprache gestaltet sind und von der Lebenswelt heutiger Heranwachsender erzählen. Das spricht auch für den Einsatz im Deutschunterricht. Der günstige Preis steht einer Anschaffung ebenfalls nicht im Weg.

Problematisch empfinde ich allerdings, dass viele Ausdrücke nicht für eine Schullektüre geeignet wirken („Gas-Wasser-Scheiße“, „einen heben“, „labern“, „scheiße“). Dies könnte innerhalb des Deutschunterrichts bewusst thematisiert werden. Das Cover lässt aufgrund der Illustration und der Schriftart auf einen Comic schließen. Jede Doppelseite in dem Roman ist mit weiteren Schwarz-Weiß-Illustrationen versehen, die einen comicähnlichen Charakter aufweisen. Positiv fällt mir dabei auf, dass Bild und Text sehr gut ineinandergreifen. Die einzelnen Seiten sind nicht durch Text überladen, sodass sowohl der Text als auch die einzelnen Bilder ein lockeres Gesamtbild ergeben und somit auch die Lesbarkeit vereinfachen. Einzelne Worte werden hervorgehoben, indem sie mit Großbuchstaben geschrieben werden und/oder fett gedruckt sind. Sie fallen sofort ins Auge und bilden eine Ergänzung zu den Zeichnungen.

Des Weiteren werden einzelne Illustrationen durch Lautmalerei ergänzt, wodurch der Comic-Stil noch einmal verstärkt wird. Trotz des umgangssprachlichen Stils kann ich mir den Einsatz im Deutschunterricht durchaus vorstellen. „Total daneben“ bietet für eine 8. oder 9. Klasse, die sich z.B. ebenfalls mit ihrer eigenen Berufsorientierung auseinandersetzen muss, viel Potenzial. Ein passender und persönlicher Bezug zu den Schüler*innen kann schnell hergestellt werden, was eine Perspektivübernahme fördert. Aufgrund der Strukturierung in neun Kapitel kann der Roman etappenweise bearbeitet werden. Dabei kann neben Berufswahlkriterien oder Figurencharakterisierungen auch die Auseinandersetzung mit der Sprache verhandelt werden.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von Sabrina Geppert.
Veröffentlicht am 20.03.2023

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