Tierische Außenseiter: Reime über unknuddelige Große wie Kleine mit und ohne Beine.

Autor*in
Mohl, Nils
ISBN
978-3-7022-4149-0
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Greve, Katharina
Seitenanzahl
72
Verlag
Tyrolia
Gattung
Lyrik
Ort
Innsbruck
Jahr
2023
Lesealter
8-9 Jahre10-11 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
BüchereiKlassenlektüreVorlesen
Preis
18,00 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Die neuen Gedichte von Nils Mohl sind witzige Sprachspiele und doch mit Tiefgang versehen.

Beurteilungstext

Auch, wenn es scheint, dass Gedichte, Lyrik, Sprachspiele für Kinder im Grundschulalter gerade nicht zu den angesagtesten Texten in der intendierten Zielgruppe gehören, ist es nach wie vor wichtig, dass neue Gedichte entstehen, Lyrik als lebendige Gattung wahrnehmbar bleibt. Und GEGENWARTSlyrik ist für Kinder das, was in der Zeit, in der sie selbst leben, geschrieben wurde – also nicht älter als 7, 8 oder 9 Jahre ist. Nils Mohl hat mit „könig der kinder“ und „tänze der untertanen“ 2020 schon zwei spannende Gedichtbände im mixtvision Verlag veröffentlicht, die auch von Katharina Greve illustriert wurden. Der vorliegende Band ist nun bei Tyrolina in einem etwas anderen Erscheinungsbild erschienen.

1. Das Spiel mit der Sprache
schnabelzangen
wollen bange
schaben fangen.

In oft kurzen Zeilen drängen sich klangliche, aber auch sinnhafte Wortspiele, die wie in diesem Fall mit Häufungen bestimmter Vokale (hier a), mit Alliterationen und großer Reimdichte arbeiten. Dieser Ausschnitt aus „das versteck“ zeigt, dass dabei wenige Grapheme gehäuft genutzt werden. Solche Reime fordern dazu auf, sie laut zu sprechen, sie klanglich auszuprobieren. Man kann der Mundmotorik nachspüren, sie als Zungenbrecher im Schnellsprech probieren und wird damit der der Lyrik innewohnenden Nähe zur Musik gerecht. Und es lohnt sich auch, nach dem Herumprobieren eine Deklamationsform zu suchen, um das Gedicht anderen zu präsentieren. Ein Traum für die Arbeit im Deutschunterricht der Grundschule.

2. Thematische Klammer(n)
Alle in diesem Band versammelten Gedichte sind Tiergedichte. Dabei scheint es Mohl Freude bereitet zu haben, eher über außergewöhnliche Tiere und Wesen zu schreiben, auch „die zwielichtigen“:

jetten bakterien in die ferien?
wohnen parasiten in luxussuiten?
lassen krasse viren sich tätowieren?
stehen pilze vielleicht auf schweinskopfsülze?

wer weiß? sie geben leider kein interview
doch den biestern trau ich beinah alles zu

Ob Kinder alle hier genannten „Zwielichtigen“ kennen, mag dahingestellt sein. Eine Assoziation mit ihnen haben sie und es lohnt sich (für Kinder und Erwachsene) in ein Gedankenspiel einzutauchen, wie hier eine Sinnübertragung auf unterschiedliche Menschen stattfinden kann: Wer sind Bakterien unter den Menschen, wer die Viren?
Der Gedichtband glieder sich in fünf Teile: „Horror & Crime“, „Mode & Lifestyle“, „Kunst & Kreativität“, „Freizeit & Sport“ sowie „Reise & Freundschaft“. Die thematischen Rahmen sind als Gliederung für ein systematisches Lesen von vorn nach hinten hilfreich, bieten aber auch die Möglichkeit, sich gezielt einen Abschnitt herauszusuchen. Trotzdem sind die Überschriften keine Hilfe, wenn man nach problemorientierten Thematisierungen in den Gedichten suchen will. Es ist eher umgekehrt: Sie machen Mut, Kinder (oder auch Erwachsene) aufzufordern, im Stile Mohls selbst ein (Tier-)Gedicht zu einem der Themenschwerpunkte zu schreiben.

3. Gesamtkunstwerk
Die Illustrationen von Katharina Greve geben den Tieren einen, Körper, ein Gesicht. Auf weißen Grund werden flächige Tierbilder gesetzt, mal ein Kopf, mal drei Asseln mit Rasseln im Tanz, mal auch eine Treppe mit Mäusezimmern unter den Stufen. Die Bilder greifen einen Moment, eine Geste oder Mimik aus dem Gedicht auf und werden so zu einem Kommentar des Gedichts. Der Band ist durchkomponiert. So fliegt schon durch den Innentitel eine Mücke. Auf den Kapiteltitelseiten treten Schlange und Käfer in Sprechblasen in Kommunikation zueinander („warum steht bei der turbanschnecke statt bett ein igel in der ecke?“ „vielleicht träumt dieses taffe tier von einem leben als fakir.“), es gibt ein vorangestelltes Einleitungsgedicht mit dem Titel „tierische außenseiter“ und hinter den Lebensläufen von Autor und Illustratorin gibt es eine Zugabe.

4. Resümee
Ein Gedichtband voller Witz und Freude am Spiel. Im Buchladen wird er leider vor allem akademisch gebildeten Großeltern in die Hände fallen, die selbst ihren Spaß an diesen Gedichten haben und vielleicht beim Enkelhüten auch Kinder erreichen können. Ja, Gedichtbände brauchen leider die Vermittlung, den Menschen, der anregt, ein Gedicht auch laut zu sprechen und über den Sinn und Unsinn des Inhalts nachzudenken oder zu lachen. Daher ist das Buch eine Fundgrube, die zur Pflichtlektüre aller Deutschlehrer:innen in der Grundschule werden sollte. Denn Sie (oder sie?) sind es, die Kindern im Grundschulunterricht Freude an diesen Gedichten zugänglich machen können, lesend, sprechend, szenisch und produktiv arbeiten können und Kindern dabei lyrisch-literarische Welten eröffnen.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von Christoph Jantzen; Landesstelle: Hamburg.
Veröffentlicht am 30.10.2023

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