Schneelöwe

Autor*in
Janisch, Heinz
ISBN
978-3-7022-4076-9
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Roher, Michael
Seitenanzahl
32
Verlag
Tyrolia
Gattung
Bilderbuch
Ort
Innsbruck
Jahr
2022
Lesealter
6-7 Jahre8-9 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
BüchereiKlassenlektüre
Preis
16,00 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Ein Bilderbuch-Kunstwerk, das in leisen Tönen und Farben sehr komplex erzählt und im Changieren zwischen Wahrnehmung und Konstruktion Räume der Begegnung zu eröffnen weiß.

Beurteilungstext

„Habt ihr vielleicht eine Idee, welches Tier in euch schlummert und geweckt werden will?“, fragt der Ich-Erzähler in der Mitte des Bilderbuchs und spricht damit nicht nur uns als Rezipierende, sondern auch ein implizites Publikum der Textwelt an. Der Ich-Erzähler selbst stellt sich dabei als ‚weißer Schneelöwe‘ vor, auch wenn das für viele wohl nicht auf den ersten Blick zu sehen ist. Denn: „Ein Schneelöwe ist man innen.“ Doch nicht nur der Ich-Erzähler scheint in seinem Inneren ein Tier zu sein, auch andere Figuren sind als Tiere in der Stadt unterwegs – „als Kinder und Erwachsene verkleidet, versteht sich.“ Und so erzählt der Ich-Erzähler von einer scheinbar realistischen Welt, in der die dargestellten Figuren in Wahrheit Tiere sind. Ins Bild gefasst wird die parallele Figur-Tier-Identität u.a. durch Schattenzeichnungen, die anzudeuten vermögen, dass es keine Figur gibt, die nicht zugleich ein Tier ist. Nur wissen scheinen die Tiere eher wenig voneinander. Wieso weiß also der Ich-Erzähler von den anderen Tieren und wie kann er sie erkennen, ohne selbst erkannt zu werden? Will er überhaupt erkannt werden? Was hat es mit der Parallelwelt auf sich und wie lässt sich letztlich eine kohärente Textwelt konstruieren? All das können Fragen sein, die durch das Bilderbuch bei Rezipierenden aufgeworfen werden. Eindeutige Antworten gibt das Bilderbuch keine. Insofern sind Rezipierende herausgefordert – auch durch Re-Lektüren –, Annahmen zu treffen und Möglichkeiten eines Identitätsprozesses auszuloten, der auch auf die eigene Person übertragen werden kann: Wer bin ich? Und welches Tier schlummert in mir? Werde ich als das Tier, das ich zu sein scheine, erkannt? Und welche Tiere zeigen sich mir in anderen Menschen, wenn ich diese genau beobachte? In diesem Sinne scheint es auch darum zu gehen, Diversität im sozialen Raum wahrzunehmen und den eigenen Blickwinkel zu hinterfragen, also neue Perspektiven einzunehmen.

Durch den fragenaufwerfenden Grundton fordert das Bilderbuch Rezipierende auf, miteinander ins Gespräch zu kommen und philosophische Standpunkte zwischen eher subjektorientierten und eher textorientierten Zugängen zu diskutieren. Das Bilderbuch kann dabei nicht nur die Fantasie anregen, sondern auch Prozesse der eigenen und gemeinsamen Identitätssuche umspielen.

Besonderheit verleiht dem Bilderbuch neben der geheimnisvollen Ich-Erzählung auf Ebene des Schrifttextes auch die Bildebene, die allein mithilfe von Kugelschreibern erschaffen ist und eine spannungsreiche Vielfalt eröffnet.

Anmerkung

Das Bilderbuch ist nominiert für den Deutschen Jugendliteraturpreis 2023.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von Sascha Wittmer; Landesstelle: Rheinland-Pfalz.
Veröffentlicht am 07.08.2023

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