Rosa Winkel

Autor*in
Dufranne, Michel
ISBN
978-3-941787-79-7
Übersetzer*in
Jacoby, Edmund
Ori. Sprache
Französisch
Illustrator*in
Vicanovic, Milorad
Seitenanzahl
144
Verlag
Jacoby & Stuart
Gattung
Comic
Ort
Berlin
Jahr
2012
Lesealter
16-17 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
18,00 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Die Graphic Novel erzählt die Geschichte des erfolgreichen und lebensfrohen Werbezeichners Andreas Müller, für den sich als Homosexueller in Deutschland unter der Herrschaft der Nationalsozialisten alles verändert. Diskriminierung, Verhaftung, Missbrauch - fast zerbricht er an Gräueltaten des NS-Regimes, als der Krieg endet. Weiter juristisch verfolgt, flieht er schließlich nach Frankreich. Als alter, gebrochener Mann gewährt er dem Leser einen erschütternden Einblick in sein Leben.

Beurteilungstext

Das Erzähltrio Dufranne, Vicanovic und Lerolle widmet sich mit dem vorliegenden Comicroman einem in der Öffentlichkeit lange tabuisierten Thema. Das Leiden der Homosexuellen im Nationalsozialismus und auch danach scheint weniger aufgearbeitet zu sein, als etwa die schrecklichen Ausmaße der Judenverfolgung zu dieser Zeit. Umso beeindruckender und berührender wird hier das Schicksal des fiktiven Andreas Müller in den Mittelpunkt der Erzählung gesetzt. Sein Leidensweg zeigt auf, wie lange Betroffene auch nach dem NS-Regime um Anerkennung und Respekt kämpfen mussten. Aktuelle Debatten etwa um die Errichtung von Mahnmahlen zeigen, dass dieser Kampf noch lange nicht beendet ist.
Im Klappentext findet der interessierte Leser, die Eckdaten zur Etablierung des § 175 des Strafgesetzbuches, der die historische Grundlage der vorliegenden Geschichte darstellt. Diese verliert dadurch ein Stück von ihrem eigentlich fiktionalen Charakter und gewinnt zusätzlich an Authentizität. Diese besteht ohnehin, verweist alleine der Titel "Rosa Winkel" auf jenes Symbol, welches männliche Häftlinge in Konzentrationslagern tragen mussten, die wegen ihrer Homosexualität dorthin deportiert wurden. Das Titelbild zeigt unseren Protagonisten Andreas in einer solchen Lagerbekleidung.
Bereits hier fällt die außergewöhnliche Farbgebung auf. Als zentrales Element trägt jedes Kapitel einen eigenen Farbcharakter. In bunten Bildern führt eine Rahmenhandlung zum Kapitel "Die Braunen Jahre". Dieses ist ausschließlich in Braun- und Sepiatönen gezeichnet. Mit wachsender Bedrohung des Nationalsozialismus werden die Bilder immer dunkler, bis sie später, entsprechend des Kapitels "Die Schwarzen Jahre", in Schwarz-Weißtönen gehalten sind.
In typischer Comic-Manier kommt die Geschichte mit relativ wenig Text aus, was durch die ebenfalls übliche Bebildung im Stil aufeinanderfolgender Momentaufnahmen ausgeglichen wird. Die Künstler sparen dabei nichts aus: Prügeleien und Folterszenen werden genauso detailliert gezeigt, wie Szenen der tiefen Trauer und Verzweiflung. An einigen Stellen muss auch der Leser kurz inne halten und durchatmen, so aufwühlend und grandios zugleich erzählen die Bilder vom Leid des Protagonisten. Doch sicher am einprägsamsten sind die erschreckend realistisch wirkenden Bilder der Konzentrationslager mit ihren Häftlingen.
Diese visuelle Ebene, mit welcher der Leser am intensivsten in Berührung kommt, scheint den logischsten Zugang zur Geschichte darzustellen. Die Bilder erschrecken, sie faszinieren, sie regen zum Austausch an. Ein Leser muss alt genug sein, Fragen stellen und sich mit diesen auseinandersetzen zu können.
Der Text verlangt das gleiche. Zwischen Andreas und seinen Freunden finden rege Diskussionen statt, welche die unterschiedlichen Positionen zum NS-Regime erkennen lassen. Diese müssen besprochen werden. Szenen können nachgestellt oder Diskussionen fortgeführt werden - methodische Vorgehensweisen, die ein entsprechendes Vorwissen bedürfen.
Jugendliche ab etwa 16 Jahren sollten mit dem Thema zumindest schon soweit in Berührung gekommen sein, dass sie entgegen eines Sachtextes, nun den emotionalen Zugang, den das vorliegende Werk eindeutig bereit hält, bewältigen können.

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Diese Rezension wurde verfasst von BI.
Veröffentlicht am 01.01.2010

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