OUPS!

Autor*in
Fromental, Jean-Luc
ISBN
978-3-551-51733-3
Übersetzer*in
Jacobson, Leonie
Ori. Sprache
Französisch
Illustrator*in
Joivet, Joelle
Seitenanzahl
40
Verlag
Carlsen
Gattung
BilderbuchSachliteratur
Ort
Hamburg
Jahr
2010
Lesealter
6-7 Jahre8-9 Jahre10-11 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
16,00 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

"Oups" - da rutscht Tante Roberta auf der Seife aus! Kleines Ereignis mit großen und vielen Folgewirkungen, denn Papa, Mama, der Ich-Erzähler und seine Schwester Amanda, die in 90 Minuten am Flughafen in die Ferien starten wollen, treffen auf ein ungewöhnliches und witziges Hindernis nach dem anderen auf ihrem Weg durch Paris.

Beurteilungstext

Im Text werden die Schwierigkeiten genannt, wie sie sich für die Familie darstellen und wie sie mit ihrem begrenzten Wissen sich diese erklären. Die doppelseitigen Abbildungen hingegen zeigen, wie und warum in Kettenreaktionen die Ereignisse eintreten. Dies muss von den Lesern auf den Bildern entdeckt werden, was recht hohe Ansprüche an die Lese- und Betrachterkompetenz der Leser stellt. Man kann sich also wundern, warum Amanda ihren Vater darauf aufmerksam macht, dass es im botanischen Garten Bären gibt. Nun muss man im Bild erstmal die Bären suchen, sich dann anschließend fragen, woher die Bären kamen, dann vielleicht zurückblättern, um festzustellen, dass die Wärter von der Hubschrauberjagd abgelenkt waren, so dass sie den Käfig offen stehen ließen. Dies lenkt auf der Bildebene beim Vorwärtsblättern die Aufmerksamkeit darauf, was die Anwesenheit der Bären im botanischen Garten bewirkt: Ein Schwarm von immer unrealistisch größer werdenden Bienen zieht sich als breites Band durchs Bild, das am unteren Bildrand über die Buchkante scheinbar hinausgeht. Dort sind auch die Bienen am größten und fliegen sozusagen unmittelbar am Betrachter vorbei, den sie fast zu berühren scheinen. Eine gelungene Gestaltung, die den Schwarm gleichsam hörbar macht. Ihr Weg führt dann ins Führerhaus eines Kranes, was selbstverständlich auf der folgenden Seite wiederum eine neue Komplikation bewirkt. Währenddessen hastet die Familie am linken unteren Bildrand weiter auf ihrem Weg zu Flughafen, dabei werden sie einfach auf weißem Untergrund abgebildet, ohne genau im Bild verortet zu sein und ohne die Situation vollständig zu verstehen. Erst als sie traurig wegen des verpassten Fliegers nach Hause zurückkehren, werden sie von Außerirdischen, die genau so aussehen, wie man sich eben die kleinen grünen Männchen vorstellt und älteren Grundschulkindern bestimmt viel Spaß machen werden, aufgeklärt, dass alles mit der Seife begonnen hat, auf der Tante Roberta zu Beginn der Geschichte ausgerutscht war und die aus dem Fenster geflutscht war. Nun will man natürlich gleich selbst wieder nachsehen, wo denn die Seife zu sehen war und warum sie an allem schuld war. Als Lehre wird dann noch die Quintessenz der Chaostheorie formuliert, wahrscheinlich von den kleinen, grünen Männchen, da aber kein Redebegleitsatz vorhanden ist, gewinnt es den Charakter einer allgemeinen Aussage: "Folgendes Gesetz gilt im Universum: Jede Ursache hat ihre Wirkung und jede Wirkung hat ihre Ursache!" Es fasst recht schön zusammen, dass man das Buch gerne in alle Richtungen lesen wird. In Amandas Gejammer, dass sie überhaupt nichts verstehe, könnten sich dann aber auch die jüngeren Leser wiederfinden.
Für die kleinen und vor allem für die erwachsenen Leser, die die Kinder durch das Buch begleiten und bei der zweiten Durchsicht noch immer nicht alle Zusammenhänge entdeckt haben, gibt es im Anschluss an die Geschichte eine Erklärung der "Verkettung unglückseliger Umstände", wie es heißt, die Lust darauf macht, das ganze Buch gleich noch einmal zu lesen und nun die Bilder mit neuem Blick zu studieren.

Vor allem diese Illustrationen im ungewöhnlich großen Großformat sind es, die dieses Bilderbuch neben der erzählten Chaostheorie zu etwas Besonderem machen. Schwindelerregende Perspektiven wie vom kreisenden Hubschrauber aus, plakativ-flächige, recht knallige Farben, charakterisieren diese außerordentlichen doppelseitigen Bilder. Statt korrekter Perspektiven oder realistischer Größenabbildungen dominiert bei der Größendarstellung die subjektive Wahrnehmung der Bedeutung der Ereignisse. Interessant ist auch, wie sich beispielsweise das Hellgrün der Baumkronen ohne Unterbrechung zum in groben Formen angedeuteten Botanischen Garten erweitert und damit auch grafisch deutlich macht, dass alles mit allem zusammenhängt. Die grafische Gestaltung ist damit auf jeden Fall sehr besonders und ungewöhnlich. Ob sie jedoch auch schon jüngere Kinder etwa im Alter von vier bis sieben Jahren anzusprechen vermag, sei dahingestellt. Die Empfehlung des Verlages ab vier Jahren erscheint daher etwas weit unten angesetzt.
Auch im Text kommen Aspekte vor, die für jüngere Kinder unverständlich oder befremdlich sind, wie etwa ein Taxifahrer, der nach Hause nach Taschkent SMS schreibt und feststellt, dass heute niemand mehr Briefe schreibe.
Dieses ungewöhnliche Bilderbuch spricht daher vielleicht nicht jedes Kind auf den ersten Blick an, kann aber sehr gut auch nach und nach erlesen und erschaut werden, wobei man, wie beschrieben sowohl mehr auf Bild- als auch auf Textebene und in Teilen entdecken kann, bevor sich mit zunehmendem Alter des Lesers oder der Anzahl der Durchsichten diese Veranschaulichung der Chaostheorie in all ihrem Witz und ihrer Kreativität erschließt.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von KH.
Veröffentlicht am 01.01.2010

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