Nacht ohne Namen

Autor*in
Nuyen, Jenny-Mai
ISBN
978-3-423-76109-3
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Seitenanzahl
448
Verlag
dtv
Gattung
Fantastik
Ort
München
Jahr
2015
Lesealter
14-15 Jahre16-17 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Bücherei
Preis
16,95 €
Bewertung
empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

„Nacht ohne Namen“ ist ein Roman literarischer Fantastik mit ungeheurem Tiefgang: Verhandelt werden nicht Geringeres, als die großen Orientierungsmuster der Menschheit. Ein großer Anspruch, der für beharrliche Leser nahezu erfüllt wird. Alle anderen geben vorher auf.

Beurteilungstext

Den Inhalt dieses opulenten Schmökers angeben zu wollen, muss scheitern. Viel zu vielschichtig und komplex ist der Roman, als dass sein Thematik in wenigen Sätzen zusammenzufassen wäre. Wenn man sich nämlich durch 450 Seiten gelesen hat, dann wurde man von der Welt in die Unterwelt und weiter in die Unwelt entführt. Und diese Welten (Unter- und Unwelt) bestehen nur aus der Vorstellung von Menschen. Sie werden durch den Menschen geschaffen: Der Mensch ist deren ‚Realitätsquell‘. Entscheidend ist aber, dass der Mensch auch sogenannte Fließwesen erschafft. Fließwesen sind Entitäten, die nur durch den Menschen existieren. Die Realität der Fließwesen hängt davon ab, dass Menschen an sie glauben und ihre Macht ist durch die Menge der menschlichen Anhängerschaft bestimmt. Sie brauchen Pakte mit Menschen, durch die sie handlungsfähig werden.
Unter anderem kämpfen folgende Fließwesen gegeneinander: Der Herr des Glanzes (Verkörperung der Macht des Geldes), der Herr des Lichtes (Verkörperung der Religion), die Herrin von Rausch und Sucht (Verkörperung der Macht der Drogen) und ein Inkubus (Verkörperung der Macht der Verliebtheit). Allesamt sind Dämonen, die von den Menschen Besitz ergreifen und sie als Domäne für ihre Machenschaften nutzen. (Man genieße das Annagramm: Dämon – Domän[e].)
Jenny-Mai Nuyen entwickelt um diesen Kampf eine packende Geschichte, in der fünf Jugendliche in den Kampf der vier mächtigsten Fließwesen einzugreifen versuchen. Beeindruckend ist, wie sich beim Lesen die Erkenntnis aufdrängt, dass jede noch so abwegige Vorstellung wahr wird, wenn man dafür ein Stückchen Realität opfert. Darin steckt eine wirkliche Gefahr – erinnert sei hier nur an fatale historische Perioden des letzten Jahrhunderts.
Wirklich geistreich ist es von Nuyen, die Orientierungsmuster der Menschheit als mächtige Dämonen zu bezeichnen, die dadurch Realität werden, dass man an sie glaubt, ihnen Raum im eigenen Denken gibt und sie dadurch handlungsfähig macht. Der leitende Glaube beispielsweise, dass durch Geld Macht zu erlangen sei, verhilft dem Geld erst zu der Macht, die Handlungsweisen abertausender Menschen zu bestimmen.
Der Roman ist klug, vielschichtig und hoch komplex. Aber man muss sich durch seitenweise fantasiebegabte „kosmische Möglichkeitsüberlappungen“ (75) lesen. Dabei den Faden nicht zu verlieren, um den Clou nicht zu verpassen, ist eine echte Anforderung, die schon einige Leseerfahrung verlangt: Ansonsten geht man in der Unterwelt verloren. Wer aber dranbleibt und wieder auftaucht, der kann etwas mitnehmen: Der Roman gehört zwar zur literarischen Fantastik. Aber gute Fantastik verhandelt die uns umgebende Wirklichkeit. Und dass diese mehrere Realitätsebenen zu haben scheint, ist eine Erfahrung, die wir alltäglich machen und die uns fantastisch erscheint. Insofern ist der Roman zwar als sehr ambitioniert aber insgesamt gelungen zu bezeichnen.

(AJuM Hamburg, Jochen Heins)

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von jhe; Landesstelle: Hamburg.
Veröffentlicht am 05.10.2015

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