Maulwurfstadt
- Autor*in
- Kuhlmann, Torben
- ISBN
- 978-3-314-10274-5
- Übersetzer*in
- –
- Ori. Sprache
- –
- Illustrator*in
- Kuhlmann, Torben
- Seitenanzahl
- 24
- Verlag
- Nord-Süd
- Gattung
- BilderbuchMärchen/Fabel/SageSachliteratur
- Ort
- Gossau
- Jahr
- 2015
- Preis
- 14,99 €
- Bewertung
Teaser
Ein Hinkucker! Man schaut, staunt, entdeckt: eine Unterwelt voller Leben und gleichzeitig eine Fabel über die Industrialisierung und ihre Folgen in der Arbeits- und Umwelt.
Beurteilungstext
Das beinahe textlose Bilderbuch wird eingeleitet mit wenigen Sätzen: „Die Geschichte von Maulwurfstadt begann vor vielen Jahren. Eines Tages zog ein Maulwurf unter eine Wiese. Dort blieb er nicht lange allein. Und im Laufe der Zeit veränderte sich das Leben unter Tage...“ Zu sehen ist dabei eine grüne, saftige Wiese am Waldrand mit einem Maulwurfhaufen im Zentrum.
Die weitere Erzählung erfolgt nur über die Bilder, Schrift wird auf ein Gestaltungselement reduziert. Die Bilder zeigen die sich wandelnde Welt unter der Wiese, die Entwicklung von der primitiven Pionierhöhle zum möblierten, tapezierten Zimmer, die Zunahme der Bevölkerung. Die Veränderung der Arbeit von der Selbstversorgung zur leicht mechanisierten Handarbeit im Bergwerksstollen, die Entwicklung der Dampfmaschine als Einschnitt in die Entwicklung für die Stadt und die Arbeit. Besonders liebevoll widmet sich Kuhlmann der Darstellung der Maschinen – so, wie er es schon in seinem ersten Bilderbuch „Lindbergh“ tat. Bei aller Ähnlichkeit mit von Menschen entwickelten Maschinen gibt es spannende Abweichungen zu entdecken. Vor allem die Mechanik (Zahnräder, Wellen, Hebel) werden offengelegt und Variationen von Arbeitsmaschinen, Verkehrsmitteln, Haushaltsgeräten entworfen.
Natürlich zeigen sich neben den Fortschritten auch die damit einhergehenden Probleme: Die Verdichtung von Wohnen und Verkehr, die Entindividualisierung des Lebens und die Probleme für die Umwelt. Obwohl Maulwurfstadt unterirdisch angelegt ist, bleibt von der saftigen Wiese nur eine braune, rauchende Mondlandschaft mit einem winzigen abgezäunten Grünfleck. Auf diesem Schlussbild findet sich dann auch ein wenig Text: „Viele Maulwurfgenerationen später war das Grün der Wiese fast völlig verschwunden. Fast...“. Unterstützt wird die kritische Aussage des Buches mit Darstellungen auf dem Nachsatzblatt: Headline der „The Moletown Times“ ist: „Agreement on Green“. Dass das ein umstrittenes Agreement ist, zeigen die gezeichneten Fotos, die um das Zeitungsblatt angeordnet sind.
Kuhlmann arbeitet vor allem mit Brauntönen und gedeckten Farben. Er inszeniert eine fantastische Maulwurfwelt in einem realistischen Malstil. Dabei finden sich zahlreiche abgewandelte Bildzitate, die auch erwachsene Betrachtende zum genauen Hinschauen einladen. Kinder reagieren sehr unterschiedlich auf das Buch. Einige lassen sich vor allem von den Maschinen begeistern, suchen im Detail und entdecken das Einzelne. Andere lassen sich in die Bilderzählung hineinziehen, betrachten die „Geschichte“ – hier im doppelten Sinn -, erzählen sie sich und bilden Analogien zur menschlichen Welt. Die Betrachtungsweise ist dabei abhängig vom Vorwissen, aber ggf. auch von der Lesebegleitung durch Erwachsene. Die Offenheit des Buches erlaubt auch in Unterrichtssituationen vielgestaltige und individuelle Zugänge zum Buch.
Der 1982 in Niedersachen geborene Illustrator Torben Kuhlmann hat in Hamburg Illustration studiert, wo er auch heute lebt. Umso erstaunlicher ist es, dass Maulwurfstadt offensichtlich nicht in Deutschland, sondern in den USA angesiedelt ist. Die Beschriftungen und Werbeschriften in den Bildern sind englisch und verweisen damit vor allem in die Ferne, auf die amerikanische Geschichte.
[Christoph Jantzen, LST Hamburg]